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Engel Der Nacht

Engel Der Nacht

Titel: Engel Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becca Fitzpatrick
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zwanzig Minuten.

    »Ich bin’s.« Ich wagte nur zu flüstern.
    »Nora?«
    »Ich bin in P-Portland. An der Ecke Hampshire und Nantucket. Kannst du mich abholen? Es ist dringend.«
     
    Zusammengekauert saß ich am Boden der Telefonzelle, zählte still bis einhundert in dem Versuch, ruhig zu bleiben, als ein schwarzer Jeep Commander an den Bordstein glitt. Patch öffnete die Tür zur Telefonzelle und hockte sich in den Eingang.
    Er zog seine Überkleidung aus - ein langärmliges schwarzes T-Shirt - und behielt nur sein schwarzes Unterhemd an. Dann zog er mir das T-Shirt über und steckte meine Arme in die Ärmel. Ich sah in dem Hemd aus wie ein Zwerg, die Ärmel hingen mir über die Fingerspitzen hinunter. Der Geruch von Rauch, Salzwasser und Pfefferminzseife hing darin. Etwas daran füllte die leeren Stellen in mir mit einem Gefühl von Sicherheit.
    »Wir bringen dich erstmal ins Auto«, sagte Patch. Er zog mich hoch, und ich schlang meine Arme um ihn und vergrub mein Gesicht an seiner Schulter.
    »Ich glaube, mir wird schlecht«, sagte ich. Die Welt kippte und Patch mit ihr. »Ich brauche meine Eisentabletten.«
    »Schscht«, sagte er und hielt mich fest. »Es ist schon in Ordnung. Ich bin ja da.«
    Ich schaffte es, ganz leicht zu nicken.
    »Lass uns von hier verschwinden.«
    Noch ein Nicken.
    »Wir müssen Vee abholen«, sagte ich. »Sie ist auf einer Feier, einen Block weiter.«
    Während Patch den Jeep um die Ecke fuhr, horchte ich dem Echo meiner klappernden Zähne in meinem Kopf. Ich hatte in meinem Leben noch nie solche Angst gehabt. Die
tote Stadtstreicherin zu sehen hatte die Erinnerung an meinen Vater wachgerufen. Meine Vorstellung war rot gefärbt, und sosehr ich es auch versuchte, ich konnte die Erinnerung, den Anblick des Blutes nicht mehr loswerden.
    »Warst du gerade beim Billardspielen?«, fragte ich, als mir einfiel, dass ich bei unserem kurzen Telefongespräch im Hintergrund aneinanderstoßende Kugeln gehört hatte.
    »Ich war dabei, eine Eigentumswohnung zu gewinnen.«
    »Eine Wohnung?«
    »Eine von diesen edlen am See. Hätte mir sowieso nicht gefallen. Das hier ist Highsmith. Hast du eine Adresse?«
    »Ich kann mich nicht erinnern«, sagte ich und setzte mich gerade hin, um einen besseren Blick aus dem Fenster zu haben. Alle Gebäude sahen verlassen aus. Nicht die Spur einer Party. Keine Spur von Leben überhaupt.
    »Hast du dein Handy?«, fragte ich Patch.
    Er holte ein Blackberry aus seiner Tasche. »Die Batterie ist fast leer. Ich weiß nicht, ob du noch einen Anruf hinkriegst.«
    Ich simste Vee: WO BIST DU?!
    PLÄNE GEÄNDERT, simste sie zurück. SIEHT AUS, ALS HÄTTEN J UND E NICHT FINDEN KÖNNEN, WAS SIE GESUCHT HABEN. WIR FAHREN HEIM.
    Der Bildschirm wurde schwarz.
    »Hinüber«, sagte ich zu Patch. »Hast du ein Ladegerät?«
    »Nicht hier.«
    »Vee fährt nach Coldwater zurück. Meinst du, du kannst mich bei ihr absetzen?«
    Ein paar Minuten später waren wir auf der Küstenautobahn und fuhren auf einer Klippe direkt am Meer entlang. Ich war schon einmal hier gewesen; wenn die Sonne schien, war das Meer schieferblau mit dunkelgrünen Stellen, wo das Wasser die immergrünen Bäume widerspiegelte. Jetzt war es Nacht, und das Meer lag da wie glattes schwarzes Gift.

    »Erzählst du mir jetzt, was passiert ist?«, fragte Patch.
    Die Jury hatte noch nicht entschieden, ob ich Patch etwas erzählen würde oder nicht. Ich könnte ihm erzählen, wie die Stadtstreicherin erschossen worden war, nachdem sie mich um meinen Mantel gebracht hatte. Ich konnte ihm erzählen, dass die Kugel für mich bestimmt gewesen war. Dann konnte ich versuchen zu erklären, wie die Leiche der Obdachlosen plötzlich verschwunden war.
    Ich erinnerte mich an den wirren Blick, den mir Detective Basso zugeworfen hatte, als ich ihm erzählt hatte, dass jemand in mein Zimmer eingebrochen war. Tatsache war, ich war nicht in der Laune, mich noch einmal so anstarren und auslachen zu lassen. Nicht von Patch. Nicht gerade jetzt.
    »Ich habe mich verirrt, und eine Obdachlose hat mich in die Enge getrieben«, sagte ich. »Sie hat mich um meinen Mantel erleichtert …« Ich wischte mir die Nase mit dem Handrücken ab und schniefte. »Meine Mütze hat sie auch.«
    »Was hast du überhaupt hier draußen gemacht?«, fragte Patch.
    »Ich wollte Vee auf einer Party treffen.«
    Wir waren auf halbem Weg zwischen Portland und Coldwater, als aus der Motorhaube des Jeeps plötzlich Dampf aufstieg. Patch bremste und fuhr den Jeep an den

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