Engel Der Nacht
ein bisschen kannte, war es offensichtlich. Er warf Dabria einen Blick zu, der besagte, dass sie eine Grenze überschritten hatte und in ihrem eigenen Interesse ganz schnell zurücktreten sollte - sofort.
Patch führte sie zur Bar. Er setzte sie auf einen Barhocker und glitt selbst auf den daneben. Ich nahm den neben Patch und lehnte mich hinüber, um über die Musik hinweg mitzuhören.
»Was meinst du damit, warum ich hier bin?«, stammelte Dabria.
»Ich habe dir doch gesagt …«
»Du lügst.«
Ihr Unterkiefer klappte herunter. »Ich kann gar nicht glauben - du denkst …«
»Sag mir die Wahrheit. Sofort«, sagte Patch.
Dabria zögerte, bevor sie antwortete. Sie blitzte ihn erbittert an, dann sagte sie: »Gut. Ich weiß, was du vorhast.«
Patch lachte. Es war ein Lachen, das besagte: Ich habe viele Pläne. Welchen meinst du?
»Ich weiß, dass du Gerüchte über das Buch Enoch gehört hast. Ich weiß auch, dass du denkst, du könntest dasselbe tun, aber das kannst du nicht.«
Patch verschränkte die Arme und stützte sie auf die Theke. »Sie haben dich hergeschickt, um mich davon zu überzeugen, einen anderen Weg zu nehmen, richtig?« Ein Lächeln trat in seine Augen. »Wenn ich eine Bedrohung bin, dann muss an den Gerüchten etwas dran sein.«
»Nein, da ist nichts dran. Es sind Gerüchte .«
»Wenn es einmal geschehen konnte, dann kann es wieder geschehen.«
»Es ist noch nie geschehen. Hast du dir überhaupt mal die Mühe gemacht, das Buch Enoch zu lesen, bevor du gefallen bist?«, forderte sie ihn heraus. »Weißt du genau, was darin steht, jedes heilige Wort?«
»Vielleicht leihst du mir ja mal deine Ausgabe.«
»Das ist Gotteslästerung! Es ist dir verboten , es zu lesen«, rief sie. »Du hast jeden Engel im Himmel verraten, als du gefallen bist.«
»Wie viele davon wissen, was ich suche?«, fragte er. »Wie groß ist die Bedrohung, die von mir ausgeht?«
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Das kann ich dir nicht sagen. Ich habe schon mehr erzählt, als ich sollte.«
»Werden sie versuchen, mich aufzuhalten?«
»Die Racheengel werden es tun.«
Er sah sie bedeutungsschwer an. »Nur wenn sie denken, du hättest es mir nicht ausgeredet.«
»Sieh mich nicht so an.« Sie klang, als ob sie all ihren Mut
darein legte, bestimmt zu klingen. »Ich werde nicht lügen, um dich zu schützen. Was du vorhast ist schlecht. Es ist widernatürlich.«
»Dabria.« Patch sprach ihren Namen mit einem leicht drohenden Unterton aus. Er hätte sie genauso gut am Arm halten und ihn ihr auf dem Rücken herumdrehen können.
»Ich kann dir nicht helfen«, sagte sie mit ruhiger Überzeugung. »So nicht. Schlag es dir aus dem Kopf. Werde ein Schutzengel. Konzentriere dich darauf und vergiss das Buch Enoch.«
Patch stützte seine Ellbogen auf die Theke und machte ein nachdenkliches Gesicht. Kurz darauf sagte er: »Sag ihnen, wir hätten miteinander gesprochen, und ich hätte Interesse daran gezeigt, Schutzengel zu werden.«
»Interesse?«, sagte sie ein wenig ungläubig.
»Interesse«, wiederholte er. »Sag ihnen, ich hätte nach einem Namen gefragt. Wenn ich ein Leben retten soll, dann muss ich wissen, wer eure Abfahrtsliste anführt. Ich weiß, dass du als Todesengel zu dieser Information Zugang hast.«
»Diese Information ist heilig, persönlich und unvorhersagbar. Was auf dieser Welt passiert, ändert sich von Augenblick zu Augenblick, je nachdem, was Menschen für Entscheidungen treffen …«
»Ein Name, Dabria.«
»Versprich mir erst, dass du das Buch Enoch vergisst. Gib mir dein Wort.«
»Du würdest meinem Wort vertrauen?«
»Nein«, sagte sie. »Das würde ich nicht.«
Patch lachte kalt, nahm einen Zahnstocher aus dem Spender, stand auf und ging auf die Treppe zu.
»Patch, warte …«, fing sie an. Sie sprang vom Barhocker. »Patch, warte bitte!«
Er warf einen Blick über die Schulter zurück.
»Nora Grey«, sagte sie und schlug die Hände vor den Mund. In Patchs Gesichtsausdruck erschien ein leichter Sprung - ein ungläubiges Stirnrunzeln gemischt mit Verärgerung. Was absolut keinen Sinn ergab, weil wir, wenn der Kalender an der Wand stimmte, uns noch gar nicht kennen gelernt hatten. Mein Name hätte ihm nicht bekannt vorkommen dürfen. »Wie wird sie sterben?«, fragte er.
»Jemand will sie töten.«
»Wer?«
»Das weiß ich nicht«, sagte sie, hielt sich die Ohren zu und schüttelte den Kopf. »Hier unten ist zu viel Lärm und Aufregung. Alle Bilder verschwimmen ineinander, sie kommen zu
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