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Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Titel: Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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im Gesicht. »Keine Angst, Bruder, ich habe die Wunde bereits zugenäht.
Solltet Ihr den Wunsch hegen, sie näher zu begutachten, entfernt das Tuch und lasst
Euch von mir nicht …«
    »Nicht nötig, Jungfer!«, beteuerte Bruder Hilpert
und wich einen Schritt zurück. »Eine relatio [81] tut es auch.«
    »Ein Kurzbericht, wie Ihr wünscht.« Die Baderstochter
unterdrückte ein Lächeln und erläuterte: »Geht man vom Inhalt ihres Magens aus,
steht die Todesursache zweifelsfrei fest.«
    »Will heißen, Ihr … Ihr …«
    »Ich habe ihn herausgeschnitten, untersucht
und in einem Behältnis mit einer besonderen Mixtur verwahrt.«
    »Ein zweifelhaftes Vergnügen, oder?«
    »Wie heißt es doch so schön, Bruder: Der Zweck
heiligt die Mittel.«
    »Darüber mag Gott der Herr befinden, nicht ich.«
    »Die Prozedur war die Mühe wert, so pietätlos
dies auch klingen mag.«
    »Sicher?«
    »Hundertprozentig, Bruder«, bekräftigte die
Baderstochter mit fester Stimme. »Egberta ist vergiftet worden.«
    »Und womit?«
    »Aconitum napellus. Zu Deutsch: blauer Eisenhut.
Mithin die giftigste Pflanze, welche sich hierzulande auftreiben lässt. Eine Löffelspitze
pro Becher, und fertig ist das tödliche Gebräu. Befund: Exitus durch Ersticken.«
    »Irrtum ausgeschlossen?«
    »Tut mir leid, Bruder.«
    »Was denn?«
    »Dass ich Euch den Anblick,
auf den Ihr Euch gefasst machen müsst, offenbar nicht ersparen kann.« Ohne eine
Reaktion abzuwarten, drehte sich Melusine Aschenbrenner um, holte ein gläsernes
Gefäß aus dem Regal und hielt es ans Licht. »Tretet näher, sonst könnt Ihr nichts
sehen.«
    Kreidebleich im Gesicht, verharrte Bruder Hilpert
auf der Stelle. »Ist … das … ist das …«, stammelte er, kurz davor, dem Brodeln in
seinem Inneren nachzugeben.
    »Das ist ihr Magen, Ihr habt es erfasst.«
    »Tut mir leid«, entschuldigte sich der Bibliothekarius,
heilfroh, eine Ausrede parat zu haben, »mit meinem Augenlicht steht es nicht zum
Besten.«
    »Und so etwas schimpft sich Kriminalist.«
    Im Nachhinein, nachdem er sich seiner Brille
erinnert und sie kurzerhand aufgesetzt hatte, konnte Bruder Hilpert nicht mit Bestimmtheit
sagen, was ihn in diesem Moment mehr erzürnt hatte: der herausfordernde Ton der
jungen Frau oder die weichen Knie, welche er beim Anblick des sezierten Ventriculus [82] bekam. Fest stand
jedenfalls, dass die Ausführungen der Baderstochter schlüssig, um nicht zu sagen
absolut plausibel waren. So sehr der Anblick, der ihm zuteilwurde, auch an seinen
Nerven zehrte. »Na also, Bruder, warum nicht gleich!«, neckte sie ihn, als er das
Behältnis in Augenschein nahm. »Moderner geht es wirklich nicht.« Kurz darauf war
das Schmunzeln aus ihrem Gesicht jedoch verschwunden. »Aber lassen wir das. Wie
der Blick ins Mageninnere erkennen lässt, weisen die Schleimhäute eine dunkelbraune
Färbung auf. Ihr ahnt, was das zu bedeuten hat?«
    Bruder Hilpert nickte.
    »Ein deutliches Indiz,
welche Wirkung das Gift nach sich gezogen hat. Die Dosis – beziehungsweise mehrfache
Überdosis – muss absolut tödlich gewesen sein.« Die Baderstochter wandte sich rasch
ab, deponierte das Behältnis im Regal und breitete ein Tuch darüber aus, als könne
sie das, was passiert war, dadurch ungeschehen machen. »Fragt sich, wer die Kaltblütigkeit
besitzt, eine derart ruchlose Tat zu begehen.« Einer plötzlichen Eingebung folgend,
trat die 22-Jährige an den Tisch, strich der Toten über die Wange und zog ihr das
Leinentuch übers Gesicht. »Was mich betrifft, Frater, steht der Schuldige fest.«
    Die Handflächen auf dem Tisch, ließ Bruder Hilpert
den Kopf nach vorn sacken und die Ereignisse der letzten Stunden ein weiteres Mal
an sich vorüberziehen. »Schuldig oder nicht, was mich betrifft, stellt sich
die Frage, wie Ihr es fertiggebracht habt, die Toten hierher zu transportieren.
Nicht gerade einfach, wenn man bedenkt, was dabei alles hätte schiefgehen können.«
    »Wo Ihr recht habt, habt Ihr recht, Bruder.
Von der Tatsache, auf welch fragwürdige Art dies geschehen ist, gar nicht zu reden.«
Melusine wechselte einen Blick mit dem Müllkärrner, der, ebenfalls sichtlich mitgenommen,
das Geschehen vom Treppenabsatz aus verfolgte. »Falls es das ist, was Ihr von mir
hören wolltet.«
    »Ins Schwarze getroffen, Jungfer! Trotzdem wäre
ich Euch sehr verbunden, wenn mir Euer Adlatus eine kurze Schilderung des Tathergangs
…«
    Bruder Hilpert kam nicht dazu, den Satz zu vollenden,
und was im Folgenden geschah, mutete wie

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