Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Titel: Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
ihren Küssen, der Art, wie sie es fertigbrachte, ihn in ihren
Bann zu ziehen. Diese Momente, so sehr er sie auch genossen haben mochte, waren
jedoch nicht von Dauer gewesen. Schuld daran war vor allem sie selbst, nicht zuletzt,
weil sie es darauf angelegt hatte, ihn zum Hampelmann zu machen. Und weil sie den
Fehler begangen hatte, ihn zu unterschätzen. Er hatte sie das Leben gekostet, schade
zwar, aber nicht zu ändern. Ein Laurenz Tuchscherer würde sich nicht erpressen lassen,
von niemandem. Wer ihm im Weg stand, hatte mit Konsequenzen zu rechnen, wer wie
Violante damit drohte, seine Geschäfte mit Schmuggelware oder gefälschten Münzen
publik zu machen, für den waren die Tage gezählt.
    Konsequenzen? Welche denn? Laurenz Tuchscherer,
Vergewaltiger, Mörder und Betrüger großen Stils, griente selbstzufrieden vor sich
hin. Er hatte alles so hingedeichselt, dass der Verdacht auf Aschenbrenner fallen
würde, sich Zugang zur Badstube verschafft, Violante in aller Gemütsruhe stranguliert
und anschließend das Weite gesucht. Unerkannt, verstand sich. Und ohne irgendwelche
Spuren zu hinterlassen. Eine Spezialität von ihm, beileibe jedoch nicht die Einzige.
    Endlich an der Tür, warf Tuchscherer einen Blick
auf Adelheid, die sich schlaftrunken auf ihrem Lager wälzte und eine jener Bewegungen
machte, die sein Blut in Wallung brachten. Zarter Moschusgeruch lag in der Luft,
vermischt mit einem Schuss Lavendel und dem Duft nach Jasmin. Oder handelte es sich
um Veilchen? Einerlei, so und nicht anders musste eine Hure riechen, so und nicht
anders sprang man mit einem Weibsbild um. Sonst lief man Gefahr, unter die Räder
zu kommen. Ein Schicksal, das ihm, Laurenz Tuchscherer, mit Sicherheit erspart bleiben
würde.
    Denn wer, fragte er sich zum wiederholten Mal,
wäre so dreist, sich mit ihm anzulegen? Derart töricht, ihn herauszufordern, ihn
für das, was er auf dem Kerbholz hatte, zur Verantwortung zu ziehen?
    Kein Mensch.
    »Gute Nacht, junger Herr. Eine Lampe gefällig?«
Wie praktisch, die Hurenwirtin dachte wirklich an alles. Mit einem Bein auf der
Straße, wo ihm ein eiskalter Wind um die Nase wehte, vollzog Tuchscherer eine unsichere
Kehrtwendung und nahm die Laterne, welche Hrosvit ihm in die Hand drückte, mit täppischem
Grinsen an. Ein wenig Licht konnte in der Tat nicht schaden, genausowenig wie frische
Luft. Das würde ihn auf andere Gedanken bringen, vor allem, was seinen Zwist mit
Egbertas Bruder betraf. Der Nächste auf seiner Liste – und vermutlich nicht der
Letzte.
    Kaum war die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen
und Tuchscherer unterwegs zum Rödertor, von wo aus er den Weg in Richtung Markusturm
einschlug, flammte der Hass, den er gegenüber seinem Schwager hegte, von Neuem auf.
Gründe dafür gab es genug, angefangen bei der Arroganz, die der Tuchhändler ihm
gegenüber an den Tag legte, bis hin zu der Tatsache, dass er ihn im Beisein der
Ratsherren bloßgestellt und des Mordes an Egberta bezichtigt hatte. Tuchscherer
stieß eine unflätige Verwünschung aus. Das hatte sich der Herr Schwager so gedacht.
Ihn, den Ehegatten, an den Pranger stellen, um anschließend in aller Ruhe abzukassieren
und das Erbe des alten Wernitzer für sich reklamieren zu können. Raffiniert ausgetüftelt,
nur leider nicht raffiniert genug. Bevor es dazu käme, würde er noch ein Wörtchen
mitzureden haben. Und nicht zu knapp. Schließlich war da noch ein unscheinbarer
Fetzen Papier, auf dem Egberta erklärte, sie wolle das von ihrem Vater ererbte Vermögen
an ihn übertragen. Eigens zu diesem Zweck vom Notar aufgesetzt, geprüft, vom treu
sorgenden Ehemann abgesegnet, bezeugt, besiegelt – aber leider nicht unterschrieben.
Dazu war es nicht mehr gekommen, Egbertas Tod hatte ihm einen Strich durch die Rechnung
gemacht.
    Reichlich unsicher auf den Beinen, hielt Tuchscherer
inne, riss seinen Hosenlatz auf und erleichterte sich. Dass er sich dabei benetzte,
bemerkte er nicht, ebenso wenig wie die Tatsache, dass jede seiner Bewegungen beobachtet
wurde. Der Galgenvogel im Edelmannskostüm kicherte. Höchste Zeit, sich auf den Weg
zu machen, bei so etwas verstand der Nachtwächter keinen Spaß.
    Am Ende seiner Notdurft angelangt, stopfte Tuchscherer
das Hemd in die Hose und trollte sich. Die alte Irmtrud – eine Giftmörderin? Wohl
kaum. Zu so etwas war die stumpfsinnige alte Hexe nicht fähig. Tuchscherer stierte
missmutig vor sich hin. Wenn aber nicht sie, wer dann? Wer von den Vogelscheuchen,
die sich in der Herrngasse

Weitere Kostenlose Bücher