Engel der Schatten - 04 -Kerri van Arden
sie ihr Glas aus, welches sie dann achtlos hinter sich in die Ecke warf, wo es zerschellte. Ich wollte etwas sagen, doch dann spürte ich plötzlich ihre Hand an meiner Hose. Sanft, aber bestimmt drängte sie mich nun in Richtung Schlafzimmer. Woher wusste sie nur, wo es war? Ich fiel auf mein Bett und verschüttete dabei versehentlich den Rotwein auf das weiße Laken. Noch immer zu überrascht um etwas zu sagen oder zu tun, spürte ich, wie sie sich über mich beugte und an meinem Hemd zog. Ich hob den Kopf, um zu sehen was sie tat. Das Trugbild meiner Trunkenheit begann gerade damit, Knopf für Knopf mein Hemd zu öffnen. Mit den Zähnen! Was sollte ich tun? War ich wirklich so betrunken, dass der Alkohol schon zu Halluzinationen führte? Soviel konnte ich unmöglich getrunken haben!
Ich spürte ihren Körper dicht an meinem und ihren Atem, wie er ihren Lippen folgend meine Haut entlang fuhr. Ich fing an, es zu genießen. Selbst, wenn es nur eine Einbildung sein sollte – es war mir egal. Ich sehnte mich danach, sie ebenfalls zu berühren. Sie zu halten, sie zu lieben und mich dieser Illusion einfach hinzugeben. Langsam dämmerte es mir, dass es zu real war, um ein Traum zu sein. Eine Veränderung ging in mir vor. Ich erkannte mich selbst kaum wieder. Eine ungekannte Leidenschaft erwachte in mir, die gänzlich die Kontrolle über meinen gesamten Körper übernahm. Doch so sehr ich mich diesen Gefühlen auch hingab, Chassedy ließ mich nie die Oberhand gewinnen. Unsere Körper umschlangen sich, schmiegten sich
aneinander und wälzten sich über das Bett – mit einem Mal spürte ich sie auf mir, an
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Kerri van Arden
Chassedy
mir und mich in ihr. Unsere Seelen schienen zu verschmelzen. Pure Energie schien
Welle um Welle durch meinen Körper zu branden. Höher und höher schlugen die Wellen, bis sie schließlich in einem gewaltigen Höhepunkt über mir zusammenschlugen.
Es war, als würde die Magie des Augenblickes über die Schwerkraft triumphieren, und ich fühlte mich, als würde ich fliegen. Ich war völlig entspannt und genoss es, wie mein Geist dahinzuschweben schien, glitt jenseits von Raum und Zeit dahin wie in einem wunderschönen Traum... ein Traum! War es nun doch ein Traum?
Sie legte sich neben mich und meine letzten Zweifel verflogen, als hätten sie nie existiert. Mir war egal, warum sie gekommen war, oder was sie dazu veranlasst hatte gerade mich „auszuwählen". Alle Fragen, die mir durch den Kopf gegangen waren, verloren jedwede Bedeutung. Wichtig war nur: Sie war hier. Ich lehnte meinen Kopf an ihre Schulter und genoss ihre Nähe. Sie war wunderschön, alles, was ich mir je erhofft hatte. Ich betrachtete ihr makelloses Gesicht, diese feinen Züge und diese herrlich vollen Lippen. In mir wuchs der Drang, diese Lippen zu kosten. Nichts wollte ich mehr, als ihren Geschmack auf meiner Zunge zu spüren. Langsam richtete ich mich auf, näherte mich diesem süßen Mund und öffnete dabei meinen eigenen einen Spalt. Doch noch ehe ich meine Lippen auf die ihren pressen konnte, schrak sie plötzlich zurück und starrte mich voller Entsetzen an.
„Keine Küsse!“, sagte sie bestimmt, fast schon warnend und rappelte sich schnell auf.
„Wohin gehst du?“, fragte ich ängstlich, und ich hoffte, sie würde mich jetzt nicht verlassen. Was auch immer sie so verärgert haben mochte, es tat mir Leid, und ich wollte das, was zwischen uns gewachsen war, nicht unachtsam zerstören.
Doch Chassedy schien mir keineswegs böse zu sein und zückte lediglich eine Zigarette.
„Ich geh eine rauchen!“, sagte sie und spazierte splitterfasernackt aus dem Zimmer.
Eine rauchen? Auf dem Balkon? Wollte sie sich denn nichts überziehen? Die Kälte war mörderisch! Außerdem konnte sie dort draußen jeder sehen.
Ich schüttelte meinen Kopf, erstaunt darüber, wie klar ich plötzlich wieder war und eilte ihr hinterher, versäumte jedoch nicht, mir meinen Bademantel überzuziehen.
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Kerri van Arden
Chassedy
Chassedy:
Ich wusste, Josh würde mir folgen. Er setzte sich zu mir und blickte mich erstaunt an. Mit meiner Offenheit kam er nicht zurecht, er fand es unanständig, sich so in der „Öffentlichkeit“ zu zeigen. Wenn du nur wüsstest, dachte ich und ließ mich nicht weiter beirren. Er hatte viele Fragen, doch er wagte es nicht, eine einzige zu stellen.
„Wir haben viel vor uns, Josh“, meinte ich schließlich einleitend. Er blickte mir aus unwissenden Augen entgegen. Der junge Mann hatte keine Ahnung,
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