Engel der Schuld Roman
Tony Costellos Lebensinhalt – Geld, Macht, ein Stab von Ameisen, die die Arbeit machten, ein auf Hochglanz poliertes Image.
Sie marschierte an der Sekretärin vorbei, zielstrebig auf Costello zu, der im Korridor stand und einem Sozius Anweisungen gab. Dorman riß die Augen auf, als er sie sah. Costello ließ sich nichts anmerken.
»Hast du's gehört?« fragte sie.
»Von dem Holloman-Jungen?«
»Er ist tot.«
Costello griffnach ihrem Arm. »Laß uns in mein Büro gehen.«
Ellen entwand sich seinem Griff. »Laß uns nicht in dein Büro gehen. Mir wäre es lieber, wenn deine Leute genau hörten, für was für einen Bastard sie arbeiten – wenn sie es nicht schon wissen.«
Zorn blitzte in seinen dunklen Augen, und er machte noch einen Schritt auf sie zu. »Ellen, du hast kein Recht . . .«
» Ich habe kein Recht? Mein Gott!« Sie schüttelte fassungslos den Kopf. »Du hättest dieses Kind retten können. Wenn du schon feige bist, hättest du wenigstens anonym anrufen können. Aber wenn Wrights Komplize festgenagelt wird, dann haben wir auch Wright, und du willst eher verdammt sein, als einen Fall wegen etwas so Trivialem, wie es das Leben eines Kindes ist, zu verlieren.«
Sie konnte die Sekretärin sehen, die mit weit aufgerissenen Augen verunsichert daneben stand. Eine weitere Mitarbeiterin, eine Afro-Amerikanerin, trat aus einem Büro auf den Korridor. Sie sah schockiert aus. Costellos Gesicht war eine Maske aus Stein.
»Du wirst aber verdammt sein«, fauchte Ellen. »Ich reiche heute eine Beschwerde bei der Anwaltskammer ein. Wenn ich auch nur den Hauch eines Beweises finde, der dich mit dem Mörder des Jungen in Verbindung bringt, werde ich dich fertigmachen, Tony. Du bist am Tod dieses Jungen schuldig, als hättest du deine Hände um seinen Hals gelegt und ihn selbst erwürgt!«
Sie stürmte aus dem Büro, rechnete fast damit, daß er ihr folgen würde, aber er tat es nicht. Sie hatte ihn überrumpelt, ihn aus der Fassung gebracht, und sie konnte sich vorstellen, was er dachte: keine Zeit, vor der Presse zu erscheinen, die in der Eingangshalle wartete. Besser nichts sagen, die Reporter im unklaren lassen, es ihr überlassen, mit ihnen zu reden. Dieser kaltherzige Hurensohn.
Sie drängte sich an den Reportern vorbei, ließ sie ihre eigenen Schlüsse ziehen, warum sie der Gegenseite kaum zwei Stunden vor dem Gerichtstermin einen Besuch abstattete.
Als sie im Gericht eintraf, war der ganze Geierschwarm versammelt. Der Schauplatz in Campion war ausgeschlachtet und verlassen worden, alle Details und Vergleiche waren herausgepickt, aus jedem erdenklichen Winkel fotografiert worden. Jetzt hockten sie auf der Haupttreppe des Gerichtsgebäudes, lauerten vor allen Türen. Der einzige Weg ins Gebäude war, sich dem Spießrutenlauf zu stellen, die Augen nach vorn gerichtet, mit entschlossenem Schritt und geschlossenem Mund. Sie schleuderten ihr die Fragen wie Steine entgegen und jagten sie ins Gebäude, verlangten die Antworten, die sie ihnen erst vor wenigen Stunden verweigert hatte.
»Miss North, welchen Einfluß wird die Entdeckung von Dustin Hollomans Leiche auf die Anklage gegen Garrett Wright haben?«
»Was haben Sie in Anthony Costellos Büro gemacht? Wird es einen Handel geben?«
»Lassen Sie die Anklage fallen?«
»Miss North, halten Sie an Ihrer Komplizentheorie fest?«
»Werden Sie versuchen, die Tat den Sci-Fi Cowboys anzuhängen?«
»Hat das Büro des Staatsanwalts von Park County irgend etwas zu dieser Sache zu sagen?«
»Ja.« Sie warf einen bitterbösen Blick über ihre Schulter, ohne langsamer zu werden. »Ich habe eine Anhörung, auf die ich mich vorbereiten muß, und einen Verdächtigen, der schuldig wie die Sünde ist. Wenn Sie sich durch seine neueste Greueltat vom Gegenteil überzeugt glauben, dann kaufen Sie sich selbst in dieses kranke Spiel ein und werden zu Komplizen, wie die Person, die die Leiche dieses Kindes abgeladen hat.«
Falls sie die Absicht gehabt hätte, sie mit ihren Worten zum Schweigen zu bringen oder zu beschämen, wäre sie enttäuscht gewesen. Aber der Anstieg des Lärmpegels, als alle gleichzeitig losbrüllten, war keine große Überraschung. Wie in alten Zeiten, dachte sie, als sie an dem Deputy vorbeiging, den man vor ihrer Bürotür stationiert hatte. Nur schlimmer.
Im Büro herrschte entsetztes Chaos. Telefone klingelten ununterbrochen und wurden offenbar nicht abgenommen. Eine der Sekretärinnen aus Campion saß an ihrem Schreibtisch und weinte. Phoebe
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