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Engel der Schuld Roman

Titel: Engel der Schuld Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Kirche besessen gewesen, daß er die Grenze vom Eiferer zum Wahnsinnigen überschritten hatte. Und keiner hatte es bemerkt, bis er am Freitag morgen Pater Tom und Hannah angegriffen hatte, als sie sich in der St.-Elysius-Kirche unterhielten. Er hatte Pater Tom mit einem Messingleuchter eine Gehirnerschütterung verpaßt. Später an diesem Morgen hatte man die mumifizierten Überreste von Fletchers längst verstorbener Frau in seiner Garage entdeckt. Der Vorfall hatte eine Menschenhatz ausgelöst, die während der Samstagsmesse mit einer Tragödie endete. Fletcher war tobend und dem Wahnsinn verfallen von der Empore zu Tode gestürzt. Es mußte noch entschieden werden, ob es eine Untersuchung zu Doris Fletchers Ableben geben würde.
    Soviel Schlimmes war in so kurzer Zeit geschehen. Kidnapping, Selbstmord, Wahnsinn, Skandal. Es schien, als hätte sich eine der verborgenen Nähte des Lebens gelöst und dem Bösen gestattet, sich aus finsterer Unterwelt über Deer Lake zu ergießen. Und wenn sie keinen Weg fanden, diese Naht zu schließen, würde es weitergehen und jeden vergiften, der mit ihm in Berührung kam. Bei dem Gedanken fröstelte Ellen.
    Das Krankenhaus war ruhig, die Korridore waren schwach erleuchtet. Nur diejenigen, die es unbedingt wissen mußten, hatten von Joshs Rückkehr erfahren. Die wenigen Mitarbeiter, die Dienst hatten hielten sich am Empfang auf. Alle redeten nur im Flüsterton, und ihre besorgten Blicke wanderten immer wieder zum Untersuchungsraum, in dem Hannah und Josh mit Mitch und Dr. Ulrich verschwunden waren.
    Ellens Hand, die gerade nach einer warmen Limonadendose griff, die sie auf einem Beistelltisch deponiert hatte, erstarrte, als die Tür des Untersuchungsraums aufging und Mitch herauskam. Ellen rannte auf ihn zu.
    »Hat er Wrights Namen genannt?« fragte sie.
    Mitch verschränkte die Arme über der Brust und lehnte eine Schulter gegen die Wand. »Er hat gar keinen Namen genannt. Er spricht nicht.«
    »Überhaupt nicht?«
    »Kein einziges Wort.«
    Ellen wurde flau im Magen. Sie spürte, wie ihr Wrights Verurteilung, die sie für völlig sicher gehalten hatte, entglitt. Eine instinktive Reaktion, die nichts mit ihrem Mitgefühl zu tun hatte. Das waren zwei getrennte Einheiten – die Anwältin in ihr und die Frau. Die Anwältin dachte nur an Beweise. Die Frau dachte an einen kleinen Jungen, der in den vergangenen zwei Wochen Gott weiß was für eine Hölle durchgemacht hatte.
    »Wie geht es ihm?«
    »Körperlich scheint er ziemlich in Ordnung zu sein. Keine Anzeichen für sexuellen Mißbrauch.«
    »Gott sei Dank.«
    »Möglicherweise hat man ihn betäubt und ihm Blut abgezapft. Sein Blut muß ja irgendwie auf die Laken gekommen sein, er hatte keine nennenswerten Verletzungen. Wir werden es wissen, sobald mehr Ergebnisse aus dem Labor da sind.«
    »Wir werden was wissen?« fragte Wilhelm, der jetzt mit wehender Paisleykrawatte angerannt kam.
    Mitch sah ihn böse an. »Wir treffen uns um sieben in meinem Büro, dann gehe ich mit Ihnen beiden alles durch.«
    »Wie sieht's mit einer Vernehmung des Jungen aus?« platzte Wilhelm heraus. Er sah aus, als hätte er die weite Reise zum Nordpol gemacht, nur um festzustellen, daß der Weihnachtsmann ihm keine Audienz gewähren würde.
    »Das kann warten.«
    »Aber die Mutter . . .«
    »Ist ein emotionales Wrack«, sagte Mitch in scharfem Ton. »Sie hat niemanden gesehen, hat kein Auto gesehen. Sie weiß nur eins: daß sie ihren kleinen Jungen wieder hat. Sie können morgen früh mit ihr reden.«
    Wilhelms dunkle Augen funkelten vor Zorn, obwohl ihm immer noch das typische jungenhafte Grinsen im Gesicht stand. »Jetzt hören Sie, Chief, Sie können mich da nicht einfach ausschließen. Ich habe die Macht . . .«
    »Einen Scheiß haben Sie hier, Marty«, sagte Mitch. »Haben Sie das kapiert? Es ist mir egal, ob das BCA Sie mit Zepter und goldener Krone hergeschickt hat. Wenn Sie versuchen, mich hier unter Druck zu setzen, zerquetsche ich Sie wie eine Laus. Niemand sieht Josh oder Hannah, bevor sie sich nicht ausgeruht haben.«
    »Aber . . .«
    Martys Protest erstickte in seiner Kehle, als die Tür der Notaufnahme zur Straße aufsprang und Paul Kirkwood in das Foyer stürmte, gefolgt von zwei uniformierten Beamten. Sein braunes Haar war vom Wind zerzaust, das magere, kantige Gesicht vor Kälte und Aufregung gerötet. Seine tiefliegenden
    Augen fixierten Mitch, als der den Korridor entlangschritt.
    »Ich will meinen Sohn sehen.«
    »Hannah und Josh

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