Engel der Schuld Roman
Staatsanwaltschaft gegen Garrett Wright haben?«
»Gar keinen. Die Beweise gegen Dr. Wright sind mehr als ausreichend. Es zeigt uns lediglich, daß er nicht allein gehandelt
hat, ein Verdacht, den wir seit längerem gehegt haben.«
»Redet Josh denn?«
»Hat er Wright identifiziert?«
Ellen versuchte ein Lächeln. »Wir sind sehr zuversichtlich, was unseren Fall angeht.«
Sie drehte sich um und entfernte sich, Cameron begleitete sie. Sie gingen durch den Haupteingang und wandten sich der Treppe zum ersten Stock zu. Die Reporter scheuten sich nicht, ihnen zu folgen, sie stürmten in das Gebäude wie ein menschlicher Tornado aus Lärm und Bewegung. Ellen mußte daran denken, was Brooks ihr über den Mangel an Sicherheit gesagt hatte. » Sie haben da einen h ö chst explosiven Fall. Da k ö nnte alles m ö gliche passieren . . . « Sie nahm sich fest vor, mit Rudy darüber zu reden. Es hatte keinen Sinn, unnötige Risiken einzugehen.
Obwohl die Fragen der Reporter den riesigen Korridor erfüllten, von den hohen Decken widerhallten und den Lärm der Renovierungsarbeiten im zweiten Stock übertönten, ließ sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie überließ es ihnen, eigene Schlüsse aus ihrem kühlen Schweigen zu ziehen, ließ sie glauben, sie hätte den Fall schon gelöst, obwohl dieselben Fragen wie Würfel auch durch ihren Kopf purzelten. Würde Josh Wright anhand von Fotos identifizieren? Würden sie ihn dazu bringen, über das, was passiert war, zu reden? Oder hatte er ein so schweres Trauma erlitten, daß er die Geheimnisse für immer in seinem Unterbewußtsein vergraben würde?
»Sie sind ganz schön cool, Miss North«, sagte Cameron lächelnd, als sie den sicheren Hafen des Vorzimmers erreicht hatten.
Ellen warf ihm einen sarkastischen Blick zu. »Laß sie nie sehen, wie du schwitzt, lautet meine Regel, Mister Reed.«
Sie atmete erleichtert auf. Hier war ihr Hoheitsgebiet, ihr zweites Zuhause, dieser Irrgarten aus zerkratzten Holzschreibtischen und uralten Aktenschränken, die nach Politur rochen. Porträts von früheren Bezirkstaatsanwälten hingen hoch oben an den schäbigen beigefarbenen Wänden, die auf eine Renovie rung warteten. An Wandtafeln hingen Notizen von übergeordneten Dienststellen und Gerichtscartoons. Telefone schellten ohne Unterlaß, ignoriert von den Leuten, die gerade zur Arbeit kamen und sich lieber erst einmal der verschiedenen Schichten ihrer Winterkleidung entledigten. Jemand hatte bereits die erste Ladung in die Kaffeemaschine gegeben – Phoebe, dem exotischen Geruch nach zu schließen.
Die Sekretärin, die Ellen als Assistentin zur Seite stand, verabscheute alles Gewöhnliche, was an der Wahl ihrer Kleidung unschwer zu erkennen war. Ihr Standard-Bürolook war eine Mischung von Rockerbraut und Hippie: lange Baumwollkleider, Doc-Martens-Schuhe und eine schwarzgeränderte Spießerbrille. Aber irgendwie schaffte es Phoebe, damit schick auszusehen. Rudy war oft entsetzt über sie, aber ihre Arbeit war mustergültig, und Ellen unterstützte sie vorbehaltlos. »Und womit werden wir heute morgen verwöhnt?« fragte sie und holte ihre Tasse aus dem Regal über der Kaffeemaschine.
»Zimt-Praline«, sagte Phoebe, gedämpft durch den dicken Poncho aus Lamawolle, aus dem sie sich gerade kämpfte. Ihr langes gekräuseltes Haar war zu einer wilden schwarzen Wolke zerzaust, als sie daraus auftauchte. Ihren winzigen, busenlosen Körper hatte sie heute in durchsichtige Schichten gehüllt – eine auberginefarbene Tunika über einem schlammfarbenen Rock, darunter schwarze Strumpfhosen und Armeestiefel. Sie warf den Poncho über ihren Stuhl, und ihre braunen Augen richteten sich funkelnd vor Erregung auf Ellen. »Ist es wahr? Josh ist wieder da?«
»Er stand gestern gegen Mitternacht vor dem Haus.«
»Das ist so toll!« sagte sie, und Tränen der Freude stiegen ihr in die Augen. Ihre Gefühle brodelten immer dicht unter ihrer Haut, allein das stattliche Gewicht ihrer Stiefel hielt ihre Füße am Boden. »Geht es ihm gut?«
Ellen wägte ihre Worte ab, während sie ihre Hände an der Kaffeetasse wärmte und ihr der verlockende Duft von Zimt in die Nase stieg. »Gut dürfte wohl etwas übertrieben sein, aber körperlich scheint er in guter Verfassung.«
»Der arme kleine Kerl.« Phoebe wühlte ein Papiertaschentuch aus den Tiefen ihrer Kleidung hervor und rieb ihre gerötete Nase. »Man stelle sich nur vor, wieviel Angst er gehabt haben muß.«
»Es hätte schlimmer sein können«, sagte
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