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Engel der Verdammten (German Edition)

Engel der Verdammten (German Edition)

Titel: Engel der Verdammten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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servieren. Auf jedem Teller war ein kleines Kunstwerk angerichtet, das vermutlich ein Partyservice fertig geliefert oder hier im Haus angerichtet hatte. Frau von Ilsenbrick hatte jedenfalls nicht den ganzen Tag in der Küche gestanden, um nun vor ihren zwölf Gästen mit ihrem allerfeinsten Mehrgängemenü zu punkten. Unauffällig schob Sabine das Stück Gänsestopfleber unter ein Salatblatt. Nein, so etwas würde sie nicht essen, auch wenn sie Ulf zuliebe schweren Herzens darauf verzichtete, bei ihren Tischnachbarn die tierquälerische Methode an den Pranger zu stellen, mit der die Leberpastete gewonnen wurde. Es wunderte sie auch nicht, dass bei den nächsten Gängen sowohl Hummer als auch Kaviar aufgetischt wurden. Immerhin gab es keine Froschschenkel, ansonsten wäre es mit ihrer Zurückhaltung wohl vorbei gewesen. Stumm löffelte Sabine ihre Hummercremesuppe und ließ die Gesprächsfetzen an sich vorbeiziehen.
    Als sie Angelikas Stimme heraushörte, sträubten sich ihr die Nackenhaare.
    »Wo ist denn nun Ihre Haushaltsperle, von der uns Nadine so vorgeschwärmt hat?«, flötete sie und lächelte die Gastgeberin auf ihre falsche Art an, die Sabine stets Brechreiz verursachte. Nein, sie würde sich niemals an diese Frau gewöhnen, die – zumindest offiziell – die Mutterrolle für Julia übernommen hatte. In Wirklichkeit war sie viel zu sehr mit Friseurterminen, Maniküre oder Kaffeeklatschrunden mit ihren ebenso aufgebrezelten Freundinnen beschäftigt, um sich um ein Kind zu kümmern. Meist wurde Julia deshalb von der Haushaltshilfe beaufsichtigt. Sabine fühlte, wie ihr die Galle hochkam. Nein, es war nicht gut, sich schon wieder in dieses leidvolle Thema hineinzusteigern. Sie zwang sich, einen Schluck Wein zu trinken, und beobachtete Frau von Ilsenbrick, die ebenfalls nicht glücklich dreinschaute. Sie wirkte angespannt. Ihr Blick huschte immer wieder zu ihrem Mann, während sie Angelika ein mechanisches Lächeln schenkte.
    »Ach ja, das ist unsere Dorina wirklich, aber leider hat sie sich diesen wichtigen Tag ausgesucht, um sich eine Magen-Darm-Grippe zuzulegen. Ich habe sie zu Bett geschickt. So kann ich sie nicht in die Nähe meiner Gäste lassen!«
    Angelika lachte genauso künstlich wie Frau von Ilsenbrick. »Ja, da haben Sie recht. Nicht auszudenken, wenn wir uns anstecken würden! Wie lieb von Ihrer Tochter, dass sie für Ihr Mädchen einspringt.«
    Gerlinde von Ilsenbrick nickte und beobachtete ihre Tochter Sandra, deren Miene man entnahm, was sie davon hielt. Sie sah genauso wütend drein wie Jens, der noch immer giftige Pfeile auf seine Exfrau abschoss, sobald er den Blick hob und über den Tisch hinweg zu ihr hinübersah. Ulf tat so, als würde er das nicht bemerken, und unterhielt sich betont fröhlich mit seinen Tischnachbarinnen. Der Unterschied zwischen den beiden Brüdern hätte nicht krasser sein können. Langsam begann Sabine die Sache Spaß zu machen, und sie kicherte lautlos in sich hinein. Der Wein war daran sicher nicht ganz unschuldig. Ihr wurde ganz warm und ein wenig schwindelig, und als man sich zu Tee, Cognac und Petit Fours in den Salon zurückzog, merkte sie, wie ihre Gedanken immer wieder davonglitten.
    Sie dachte an den Vampir. War er ihr wieder einmal gefolgt? Hatte er vor dem Haus auf sie gewartet und dann ihre Spur bis nach Harvestehude verfolgt?
    Seltsam. Nicht, dass er ihr folgte. Aber warum war er nicht in ihre Wohnung gekommen, wenn er sich schon in St. Georg herumtrieb? Er wartete doch sonst nicht auf eine Einladung. Außerdem schien er überrascht gewesen zu sein, sie vor dem Haus der von Ilsenbricks anzutreffen. Und was hatte er Merkwürdiges gesagt, als er sie hatte stehen lassen? Irgendetwas von einem Tatort.
    Sabine runzelte die Stirn. Ein Tatort? Hier? Was konnte er damit gemeint haben? Ein seltsames Gefühl stieg in ihr auf, und sie spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Trotz des Alkohols, der in ihrem Blut kreiste, war sie plötzlich hellwach und sehr konzentriert. Sie sah sich um. Alle anderen Gäste schienen in verschiedenen Gruppen in ein Gespräch vertieft zu sein. Es war warm hier drin, und die Gastgeberin hatte die Terrassentür einen Spalt geöffnet.
    Sabine erhob sich und schlenderte möglichst unauffällig zur Tür. Sie sah sich noch einmal nach Ulf um, der mit seinem Bruder und Herrn von Ilsenbrick nahe dem Durchgang zum Esszimmer stand, dann schlüpfte sie hinaus auf die Terrasse. Ein kühler Wind erfasste den Seidenstoff und blähte ihr

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