Engel der Verdammten (German Edition)
Sie hier? Mischen Sie sich etwa in die laufenden Ermittlungen des LKA ein?«
»Sie meinen die tote Frau im Botanischen Garten? Hat damit nichts zu tun.« Felix Leonhard seufzte. »Ich versuche, die Frauen zu einem Interview zu überreden, doch sehr viel Glück hatte ich heute noch nicht. Sie haben keine Lust, mit mir zu reden, oder Angst.«
Während Sabine wissend nickte, schnaubte Sönke nur. »Angst vor Ihnen?«
Der Journalist lächelte. »Wohl kaum. Eher Angst vor den Folgen, wenn sie dabei gesehen werden. Die meisten Zuhälter mögen es nicht besonders, wenn man mit ihren Frauen spricht – oder soll ich sie Eigentümer nennen? Sklavenhalter?«
Sönke protestierte. »Na, na, das ist dann doch etwas übertrieben!«
»Finden Sie? Nur weil man bei diesem Wort an Baumwollplantagen in Amerika denkt, auf denen schwarze Sklaven bis zum Umfallen schufteten? Denken Sie, das ist ein Problem längst vergangener Zeiten, mit dem wir uns nicht mehr beschäftigen müssen?«
Sönke brummte nur. Sabine spürte, dass ihm die Unterhaltung unangenehm war. Er wollte weiter, seinen Job erledigen und dann heim zu seiner Frau, doch der Journalist ließ nicht locker.
»Was würden Sie sagen, wenn ich behaupten würde, dass es heutzutage mehr Sklaven gibt als im achtzehnten oder neunzehnten Jahrhundert?«
»Blödsinn, würde ich sagen«, konterte Sönke, doch Sabine sah den Journalisten interessiert an.
»So viele? Sind Sie sicher? Solche Zahlen sind nicht einfach zu erheben, vieles spielt sich im Verborgenen ab. Das können allenfalls Schätzungen sein.«
»Ja, das ist schon richtig, dennoch darf man das Problem nicht kleinreden. Ich kann Ihnen gern meine Unterlagen zeigen, wenn es Sie interessiert. Darf ich Sie zu einem Kaffee einladen? Oder zu einem Bier nach Feierabend?«
Das ging dem Kriminalobermeister dann doch zu weit. »Nein, danke«, sagte er bestimmt und griff nach Sabines Ellbogen.
»Kollegin Berner und ich müssen jetzt unsere Arbeit tun.« Und damit zog er sie weiter. Sabine protestierte nicht. Sie war sich selbst nicht sicher, ob sie sich mit dem Journalisten treffen wollte. Presseleute waren nicht ungefährlich, und ein zu enger Kontakt mit ihnen konnte einen in Teufels Küche bringen. Dennoch drehte sie sich noch einmal um und rief »Tschüss«.
Er hob die Hand zum Gruß und wirkte sichtlich enttäuscht, dann wandte er sich ab und ging in die andere Richtung davon.
Sabine dachte noch immer an Felix Leonhard, als sie zu Hause ankam und sich rasch unter die Dusche stellte, um sich für die Dinnerparty herzurichten. Ausnahmsweise war sie ihm heute dankbar, dass er die übliche Viertelstunde zu spät kam. Dennoch schien er nicht in Eile, als er fröhlich pfeifend die Treppe erklomm.
»Wow!«, war das Einzige, was er herausbekam, als er seine Schwägerin im Türrahmen stehen sah.
»Bin ich präsentabel genug?«, erkundigte sie sich mit einem neckischen Knicks und drehte sich einmal um die eigene Achse.
Ulf trat auf sie zu und küsste ihr galant die Hand. »Hinreißend, liebste Sabine. Ich wusste gar nicht, dass du solche Kostbarkeiten dein Eigen nennst.«
Sie verzichtete darauf, ihm zu verraten, dass ein befreundeter Vampir ihr die Kleidungsstücke und den Halsschmuck verehrt hatte.
Mit einem anerkennenden Nicken ließ Ulf den Blick von ihrem scheinbar nachlässig mit einer Silberspange hochgesteckten, Haar über ihre nackten Schultern und das weinrote Seidenkleid herabwandern, das schimmernd bis zu ihren Knöcheln floss. Ihre Füße steckten in ebenfalls roten, klassischen Pumps, deren silberne dünne Absätze zehn Zentimeter maßen – gefühlte fünfzehn, dachte Sabine, der die Füße jetzt schon wehtaten. Doch um nichts in der Welt hätte sie zu diesem Kleid bequeme Schuhe mit niedrigen Absätzen getragen!
»Du siehst auch sehr elegant aus«, gab sie das Kompliment mit einem Schmunzeln zurück. Allein die blondierten Haare, zum Kunstwerk gegelt, würden seinem Bruder Brechreiz bescheren, vermutete Sabine. Immerhin trug Ulf heute einen Anzug in Anthrazit, sein kräftig lilafarbenes Hemd dagegen würde vor den Augen seines Bruders keine Gnade finden. Und nichts konnte Ulf dazu bringen, eine Krawatte zu tragen! Dafür hatte er sich einen weißen Seidenschal um den Hals geschlungen.
Die Tür nebenan klappte.
»Sabine, ich … «
Sie erfuhr nicht, was ihr Nachbar hatte sagen wollen. Lars verstummte und starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an.
»Du gehst aus«, stellte er das Offensichtliche fest und
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