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Engel der Verdammten

Engel der Verdammten

Titel: Engel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ihr alle seid dumm, kampfeslustig und abergläubisch - die Idioten eures Gottes!‹
    Der alte Mann war außer sich.
    ›Deine Tempel, Gregory, sind Tempel für die Betrogenen und Verdammten‹, zischte er. ›Aber keine Beleidigungen mehr. Wir kennen uns nur zu gut. Morgen Abend, wenn mein Bankdirek-tor mir sagt, dass dein Geld in unserer Hand ist, kannst du kommen und dieses Ding mitnehmen. Und bewahre unser Geheimnis. Breche deinen Eid nicht. Sage niemandem, dass du ... dass du ... mein Enkel bist.‹
    Gregory lächelte, zuckte mit den Schultern und zeigte die offenen Handflächen in einer Geste der Zustimmung. Er drehte sich um und ging, ohne auch nur einen Blick in meine Richtung zu werfen.
    An der Tür blieb er noch einmal stehen und schaute über die Schulter zu seinem Großvater zurück.
    ›Sag meinem Bruder Nathan, ich lasse ihm danken, dass er kondoliert hat. Er hat angerufen.‹
    ›Das hat er nicht!‹, schrie der Rabbi.
    ›Oh, doch, er hat! Er rief an und sprach mit mir und versuchte, mich über meinen Verlust hinwegzutrösten, und auch meine Frau.‹

    ›Er verkehrt nicht mit dir und deinesgleichen!‹
    ›Ich sage dir das nicht, Rebbe, damit du deinen Ärger an ihm auslässt, nein, nicht deshalb, sondern damit du weißt, dass mein Bruder Nathan mich genügend liebt, um mich anzurufen und mir zu versichern, wie Leid es ihm tut, dass Esther tot ist.‹
    Gregory öffnete die Tür. Draußen lauerte die ungemütliche Kälte der Nacht.
    ›Bleibe deinem Bruder fern!‹ Der alte Mann erhob sich, die Fäuste auf das Pult gestemmt.
    ›Spare dir deine Worte!‹, sagte Gregory ›Spare sie dir für deine Herde. Meine Kirche predigt Liebe.‹
    ›Dein Bruder geht mit Gott‹, sagte der Alte, doch seine Stimme klang zerbrechlich. Er war erschöpft. Er hatte sich verausgabt.
    Er warf mir einen beiläufigen Blick zu, dem ich begegnete und standhielt.
    ›Versuche nicht, mich zu betrügen, Rebbe‹, sagte Gregory, während schon die kalte Luft an ihm vorbei in den Raum drang.
    ›Wenn ich dieses Ding morgen nicht hier finde, wie versprochen, werde ich auf deiner Schwelle stehen vor laufenden Kameras. Und in meinem nächsten Buch werde ich die Geschichte meiner Kindheit unter den Chassidim veröffentlichen.‹
    ›Spotte, wenn du magst, Gregory‹, sagte der alte Mann und richtete sich mühsam auf. ›Aber der Handel ist abgeschlossen, und der Hüter der Gebeine wartet hier morgen auf dich. Und du wirst dieses Ding von mir fortbringen. Du, der du böse bist.
    Du, der du Böses tust. Du, der du auf dem Pfad des Teufels wandelst. Denn deine »Tempelbrüder« sind des Teufels. Sie heißen diesen Dämon und seine Brut willkommen. Verlass mein Haus.‹
    ›Ganz recht, mein Lehrer, du, mein Abraham‹, sagte Gregory Als er die Tür weit öffnete und hindurchschritt, drehte er sich noch einmal halb um, dabei ließ der über ihn fallende Lichtschein das Lächeln auf seinem Gesicht sehen.
    ›Mein Patriarch, mein Moses!‹, rief er. ›Sag meinem Bruder liebe Grüße. Soll ich meiner Frau dein Beileid aussprechen?‹
    Er ging endgültig und knallte die Tür hinter sich zu.
    Das klirrende Geräusch von vibrierendem Glas und Metall hing in der Luft.
    Ich blieb, wo ich war.
    Quer über den staubigen kleinen Raum hinweg schauten wir einander an, der alte Mann und ich, ich trat halb hinter dem Regal hervor, der Alte blieb hinter seinem Pult.
    Er bebte.
    Zurück mit dir in die Gebeine, Geist. Ich habe dich nicht gerufen. Ich spreche dich nur an, um dich von mir fortzuschicken.
    ›Warum?‹, fragte ich flehend. Ich sprach in dem antiken He-bräisch mit ihm. ›Warum verachtest du mich so, Alter? Was habe ich getan? Nicht von dem Geist, der die Magier vernichtet, rede ich jetzt, ich rede von mir selbst, von Asrael! Was habe ich getan?‹
    Er war verwundert und verunsichert. Ich stand vor seinem Pult; ich trug Kleider, wie er sie trug, und als ich zu Boden schaute, sah ich, dass mein Fuß beinahe die Truhe streifte; wie klein sie doch wirkte! Der Geruch kochenden Wassers stieg mir in die Nase.
    ›Marduk, mein Gott!‹, schrie ich auf, verfiel in mein altes Chaldäisch. Er erkannte die Worte, der Zaddik. Sollte er mich doch entsetzt anfunkeln!
    ›O mein Gott, niemand will mir helfen!‹, wie Gesang ließ ich den chaldäischen Dialekt erklingen. ›Hier bin ich abermals, und der rechte Pfad öffnet sich nicht für mich!‹
    Der alte Mann war wie entrückt, aber auch angewidert. Schock und Ekel hatten ihn gepackt. In einer heftigen

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