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Engel der Verdammten

Engel der Verdammten

Titel: Engel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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und das manchmal zu einem höchst unpassenden Zeitpunkt. Er hatte auch durchaus ein paar tolle Ideen auf Lager; er schlug zum Beispiel vor: ›Lass uns in das Töpferviertel gehen, oder zum Marktplatz.‹ Was wir dann auch taten.«
    »Asrael, einen Augenblick«, unterbrach ich ihn. »Wenn das geschah, sprachst du dann zu der Statuette Marduks, oder trugst du sie bei dir?«
    »Nein, das war nicht nötig. Weißt du, dein persönlicher Gott war immer bei dir. Das Götzenbild zu Hause, nun, das bekam den Weihrauch, ja, ich schätze, man könnte sagen, der Gott fuhr nur in das Bild, um den Duft des Weihrauchs zu riechen.
    Ansonsten war er einfach immer um mich. Ich folgte sogar, was dumm genug war, der Gewohnheit der Babylonier und drohte Marduk manchmal ... ich sagte etwa: ›Höre, was bist du für ein Gott, wenn du mir nicht helfen kannst, den Hals-schmuck meiner Schwester zu finden! Du wirst von mir keinen Weihrauch mehr bekommen!‹ So machten es die Babylonier; wenn etwas schief ging, brüllten sie den Gott wütend an und schnauzten: ›Wer betet häufiger zu dir als ich? Warum erfüllst du meine Wünsche nicht? Wer sonst würde dir Trankopfer darbringen?‹«
    Asrael lachte abermals. Ich dachte mir meinen Teil zu diesem Verhalten, das mir als Historiker nicht fremd war, aber ich lachte gleichfalls und sagte: »Die Zeiten haben sich gar nicht so sehr geändert, glaube ich. Katholiken können ganz schön sauer werden, wenn ihre Heiligen nicht den Erwartungen entsprechen. Und ich glaube, es war in Neapel, wo die Leute in der Kirche aufsprangen und schrien: ›Du Dreckskerl von einem Heiligen!‹, weil ein dort verehrter Heiliger sein jedes Jahr fälliges Wunder nicht vollbrachte. Aber wie tief sitzen diese Überzeugungen wirklich?«
    »Irgendwie bedingt sich das wohl gegenseitig«, antwortete Asrael. »Weißt du, das ist vielschichtig, ein Strang aus vielen verschiedenen Fäden. Und die Wahrheit ist: Der Gott braucht uns! Marduk braucht...« Er unterbrach sich wiederum. Plötzlich wirkte er gänzlich verloren. Er schaute ins Feuer.
    »Er brauchte dich?«
    »Nun, er wollte meine Gesellschaft«, sagte Asrael. »Dass er mich brauchte, ist nicht ganz richtig; er hatte ganz Babylon.
    Aber diese Gefühle, sie sind so unglaublich komplex.« Er sah mich an. »Wo liegen die sterblichen Überreste deines Vaters?«, fragte er.
    »Wo immer die Nazis sie in Polen verscharrt haben«, gab ich zurück, »oder sie sind vom Winde verweht, falls man ihn verbrannt hat.«
    Er schien mitten ins Herz getroffen von diesen Worten.
    »Du weißt doch, dass ich vom Zweiten Weltkrieg spreche, vom Holocaust, von der Judenverfolgung, nicht wahr?«
    »Ja, ich weiß sehr viel darüber, nur hören zu müssen, dass dein Vater und deine Mutter darin umkamen, schmerzt mich zutiefst. Es macht meine Frage unsinnig. Ich wollte dir eigentlich damit zeigen, dass du wahrscheinlich, was deine Eltern betrifft, abergläubische Vorstellungen hast und deshalb die Ruhe ihrer Gebeine nicht stören würdest.«
    »Ja, so ähnlich fühle ich schon«, sagte ich. »Zum Beispiel wenn es um Fotos meiner Eltern geht. Ich möchte keines beschädigt sehen, und wenn ich eins verliere, erscheint mir das wie ein Frevel, so als hätte ich meine Vorfahren und auch meinen Stamm beleidigt.«
    »Ja«, sagte Asrael, »genau davon rede ich. Und ich will dir etwas zeigen. Wo ist mein Mantel?« Er stand von seinem Platz beim Feuer auf, fand seinen dicken Mantel und fischte aus der Innentasche ein kleines Plastikpäckchen. »Weißt du, dieses Plastikzeug, das finde ich wirklich toll.«
    »Ja«, stimmte ich ihm zu, während ich ihn beobachtete, als er zum Feuer zurückkam, sich in den Sessel fallen ließ und das Päckchen öffnete. »Ich schätze, alle Welt findet Plastik toll.
    Aber wieso du?«
    »Weil dann alles so sauber und unberührt bleibt.« Er schaute zu mir auf, und dann reichte er mir ein Bild, das Gregory Belkin zu zeigen schien. Doch er war es nicht. Dieser Mann trug den langen Bart, die Schläfenlocken und den seidenen schwarzen Hut, wie sie die Chassidim und auch die streng orthodoxen Juden trugen. Ich war verblüfft.
    Er gab mir keine Erklärung zu dem Bild, sondern sagte: »Man schuf mich, damit ich zerstöre, vernichte. Und du erinnerst dich doch wohl an das wunderschöne hebräische Wort, das vor so vielen der ganz alten Psalmen steht, um auf eine ganz bestimmte Melodie hinzuweisen: ›Zerstöre nicht!‹«
    Ich musste scharf überlegen.
    »Nun komm schon, Jonathan, du

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