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Engel der Verdammten

Engel der Verdammten

Titel: Engel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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gesehen? Sie sahen sie sterben?‹
    ›Ihr Geist stieg auf ins Licht‹, beruhigte ich sie. ›Grämen Sie sich nicht ihretwegen. Sie sprach zu mir, bevor sie starb, aber ich weiß nicht, wieso. Ihren Tod zu rächen, ist eindeutig nur ein Teil meiner Aufgabe hier.‹
    Sie war verblüfft, doch ein anderer Punkt bekümmerte sie nicht weniger heftig. ›Sie trug doch kein Diamantcollier, oder doch?‹
    ›Nein‹, antwortete ich. ›Was soll dieses Gerede von Diamanten? Diese drei Männer haben sie umgebracht, sie hat keine Schmerzen gespürt, soweit das überhaupt möglich ist. Aber sie haben sie nicht beraubt. Sie verlor so viel Blut, dass sie langsam und kaum spürbar in Bewusstlosigkeit sank. Ich glaube, sie hat nicht einmal bemerkt, dass man ihr etwas angetan hatte.‹
    Sie schaute mich durchdringend an, als glaube sie mir nicht so ganz, und ihr war diese Vertrautheit, die ich ihr entgegen-brachte, nicht ganz recht.
    ›Ich habe die drei Männer umgebracht‹, sagte ich. ›Sie haben doch sicher in der Zeitung davon gelesen. Ich habe sie mit dem Eispickel getötet, mit dem sie Esther ermordet hatten.
    Aber ich habe keinerlei Diamanten bemerkt. Ich habe Esther in den Laden gehen sehen. Das war, ehe mir klar wurde, wie schnell die Kerle handeln würden.‹
    ›Wer sind Sie? Wieso sind ausgerechnet Sie in dem Moment an Ort und Stelle gewesen? Was haben Sie mit Gregory zu tun?‹

›Ich bin ein Geist‹, erklärte ich. ›Ich bin ein sehr mächtiger Geist, ich habe einen eigenen Willen und auch eine Art eigenes Bewusstsein. Und dieser Körper, das ist kein menschlicher Körper. Er ist eine Ansammlung von Elementen, die durch besondere Macht und besondere Fähigkeiten zusammengefügt wurden. Erschrecken Sie nicht, was immer ich auch sage. Ich bin auf Ihrer Seite, ich bin nicht gegen Sie. Ich erwachte aus einem langen Schlaf, als drei Mörder unterwegs zu Esther waren. Ich habe nur nicht schnell genug erfasst, wie sie die Tat ausführen wollten.‹
    Sie reagierte nicht mit Furcht und auch nicht mit Hohn. ›Wie kam es, dass meine Tochter Sie kannte?‹
    ›Ich weiß nicht. Um meine Gegenwart hier an diesem Ort ranken sich unzählige Rätsel. Ich erschien, anscheinend aus eigenem Antrieb, doch offensichtlich aus einem bestimmten Grund.‹
    ›Sie gehören also in keiner Weise zu Gregory?‹
    ›Nein, natürlich nicht. Sie haben doch gesehen, dass ich mich ihm widersetzte. Warum fragen Sie?‹
    ›Und dieser Körper hier‹, sie lächelte ganz leicht, ›Sie wollen mir allen Ernstes erzählen, dieser Körper existiert nicht real?‹
    Dabei fixierte sie mich mit ihrem Blick, als könnten ihre Augen ihr die Wahrheit offenbaren. Ich konnte die Spannung spüren, die sich zwischen uns aufbaute.
    Dann tat sie etwas höchst Intimes, das mich in Erstaunen versetzte. Sie neigte sich überraschend vor und küsste mich auf den Mund. Sie küsste mich, wie ich Gregory geküsst hatte, kurz bevor sie in seine Räume gestürmt war. Ihre Lippen waren schmal, aber feucht und heiß.
    Ich glaube, meine Lippen blieben zunächst schlaff und ohne Gegendruck, doch dann umfing ich ihren Kopf, grub die Finger in ihre herrliche knisternde Haarpracht und erwiderte den Kuss, presste hingerissen meinen Mund hart auf den ihren.
    Schließlich ließ ich sie los. Heftiges Verlangen nach ihr durchfuhr mich wie ein Blitz. Dieser Körper schien in Hochform zu sein. Abermals echoten ein paar mahnende Ratschläge durch meinen Kopf ... ›willst du nicht in ihren Armen vergehen‹ oder ähnlicher uralter Quatsch. Aber ich hatte ja die Nase voll von diesen mühseligen Versuchen, mich zu erinnern.
    Was schenkte ihr Genuss?
    Was das betraf, hatte sie die Leidenschaft einer jungen Frau, auch wenn sie dem Tod nahe war, oder, um genau zu sein, die Leidenschaft einer voll erblühten Frau. Ihre Lippen waren noch immer leicht geöffnet, als schmecke sie den Kuss noch oder sei bereit, einen Schritt weiterzugehen. Sie wollte mich und hatte weder vor Männern noch vor der Leidenschaft Angst. Sie kam mir vor wie eine Königin, die viele Geliebte gehabt hatte.
    ›Warum hast du das getan?‹, fragte ich. ›Warum hast du mich geküsst?‹ Der Kuss hatte mir Stärke verliehen, hatte Teile meines Körpers, speziell für menschliche Funktionen bestimmt, mit Leben erfüllt. Ich nenne das Stärke!
    ›Du bist ein Mensch‹, sagte sie, ihre Stimme klang abweisend, tief und ein wenig hart.
    ›Du schmeichelst mir, aber ich bin ein Geist. Ich möchte Esther rächen, aber es steckt

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