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Engel der Verdammten

Engel der Verdammten

Titel: Engel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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noch mehr dahinter.‹
    ›Wie kamst du in das obere Stockwerk zu Gregory?‹, wollte sie wissen. ›Du weißt von seiner Macht, von dem Einfluss, den er hat. Gottes rechte Hand, der Gründer des »Tempels vom Geiste Gottes‹«, sagte sie verächtlich. ›Der Retter der Welt, der Gesalbte. Der Lügner, der Betrüger, der Besitzer der größ-
    ten Flotte von Vergnügungsdampfern in der Karibik und im Mittelmeer, der Messias der Kaufsüchtigen und der Gourmets.
    Und du willst mir erzählen, dass du nicht zu seinen Leuten gehörst?‹
    ›Schiffe‹, staunte ich. ›Was tut eine Kirche mit Schiffen?‹
    ›Sie sind zum Vergnügen da, aber sie führen auch Fracht mit sich. Ich verstehe nicht, wozu das gut ist, und ich werde tot sein, ehe ich es herausbekommen haben werde. Aber was hattest du mit ihm zu tun? Seine Schiffe legen in jedem wichtigen Hafen der Erde an. Weißt du denn gar nichts darüber? Es ist ja nicht so, dass ich dir nicht glaube, dass du keiner von der Sekte bist. Ich habe gesehen, dass du gegen ihn angetreten bist, und du hast mich ja auch da herausgeholt. Aber alle anderen in dem Bau gehören dazu. In meinem Leben gibt es niemanden, der nicht dazugehört. Alle sind sie Mitglieder der Sekte.‹ Als sie fortfuhr, überschlugen sich ihre Worte und klangen bedrückt. ›Die Pflegerinnen sind Mitglieder. Die Türsteher, die Boten, die gesamte Belegschaft in dem Laden. Die da draußen standen und sangen - du hast sie doch gesehen? -, sie gehören dazu. Seine Sekte überwuchert die Erde.
    Seine Flugzeuge werfen selbst über dichtem Dschungel und namenlosen Inseln Flugblätter ab.‹ Sie seufzte, dann fuhr sie fort: ›Was ich sagen will, ist, wenn du keiner von denen bist, wenn du mich nicht nur da herausgelockt hast, um mich irgendwo anders wieder hinter verschlossene Türen zu bringen, wie konntest du dann überhaupt in das obere Stockwerk kommen?‹
    Ich konnte den Fluss riechen, der Wagen entfernte sich offensichtlich von den belebteren Straßen.
    Rachel glaubte mir nicht. Aber durch ihre Worte erfuhr ich so manches. Ein paar ziemlich interessante Dinge. Ich fand hinter dem, was sie mir sagte, eine Bedeutung, die ihr entgangen war.
    Ihre Gegenwart lenkte mich allerdings von meinen Gedankengängen ab. Sie fand mich attraktiv, das spürte ich, und ich spürte ihre Verzweiflung, die aus dem Wissen um ihren baldi-gen Tod erwuchs. Eine unbekümmerte Leidenschaft sprach aus ihr. Ein Traum von ihr schien mir, mich zu besitzen.
    Das fand ich bemerkenswert erregend.
    ›Und dein Akzent?‹, fragte sie. ›Was ist das? Du bist kein Israeli?‹
    ›Hör zu, das ist banal‹, sagte ich. ›Ich spreche schon mein bestes Englisch. Ich sagte dir doch, ich bin ein Geist. Ich will Rache für deine Tochter. Willst du das auch? Dieses Halsband, dieses Collier, warum behauptet er, dass sie eine Kette trug? Und warum hast du mich danach gefragt?‹
    ›Vielleicht nur einer seiner grausamen Witze‹, antwortete sie.
    ›Dieses Collier war schon vor einiger Zeit der Grund für einen riesigen Krach zwischen den beiden. Esther hatte eine Schwäche für Diamanten - das stimmt schon. Sie war ständig auf Einkaufstour im Diamantenviertel. Sie ging da viel lieber hin als in die schicken Juwelierläden. An dem Tag, als sie ermordet wurde, muss sie wohl dieses Collier getragen haben.
    Ihr Zimmermädchen behauptet das jedenfalls. Gregory zog sich an dieser kleinen Geschichte hoch. Er opferte sogar fast seine tolle Terroristentheorie durch sein Gerede über das Collier. Aber als die drei Mörder dann gefunden wurden, hatten sie die Diamanten nicht bei sich. Und du hast die drei wirklich umgebracht?‹
    ›Sie haben Esther ganz bestimmt nichts abgenommen«, erwiderte ich. ›Ich war sofort hinter ihnen her und tötete sie. Eure Zeitungen schreiben, dass sie mit einer von ihren eigenen Waffen getötet worden sind, schnell hintereinander. Sieh mal, du musst mir nicht glauben, aber du musst mir noch ein paar Sachen erklären. Wegen Esther und Gregory. Hat er sie töten lassen? Glaubst du das?‹
    ›Ich weiß es‹, sagte sie. Ihre Stimmung schlug um, und ihre Miene verdüsterte sich. ›Ich glaube, er ist über die Sache mit dem Collier gestolpert. Ich habe den Verdacht, dass sie das Collier gar nicht mit zum Einkaufen nahm, sondern irgendetwas anderes damit gemacht hat. Und wenn das stimmt, dann hat jetzt jemand das Collier, der weiß, dass Gregorys Version eine Lüge ist. Aber ich komme an diese Person nicht heran.‹
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