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Engel der Vergessenen

Engel der Vergessenen

Titel: Engel der Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schwierigkeiten hinweisen, die solche Klagen mit sich bringen. Auch wenn sie schwört, daß Sie der große Nachtvogel waren, der sie beflattert hat – ein einziges Schreiben von mir würde genügen, auch die Deutsche Botschaft davon zu überzeugen, daß Wahrheitsfindung im Dschungel eine sehr undankbare Beschäftigung ist.«
    Taikky schnalzte zufrieden mit der Zunge und schob Karipuri die Flasche über den Tisch.
    »Danke«, sagte Karipuri finster. Er verstand Taikkys Rede genau. Sie erklärte, daß Karipuri aufgehört hatte, ein eigener Mensch zu sein. Er war völlig Taikkys Geschöpf geworden, nicht mehr ein Partner bei hundert Gaunereien, sondern nur noch eine Marionette. Der große Sieger hieß Taikky.
    »Bei dieser Sachlage«, fuhr Taikky fort, »ist es unmöglich, daß die Wahrheit noch frei herumläuft! Ein Dr. Haller bleibt gefährlich, solange er noch die Nasenflügel blähen kann! Daher sollte Ihr Kommando bei Einbruch der Nacht noch einmal ausrücken.«
    »Sie haben gesucht. Sie haben sogar die Stelle gefunden, wo er gelegen hat. Der Boden war blutbefleckt. Ich habe die besten Spurensucher eingesetzt. Aber am Flußufer verlor sich alles.«
    »Und davon leiten Sie ab, daß er in den Nongnong gestürzt ist und die Krokodile ihn gefressen haben. Und Siri, die stolze Witwe, springt hinterher!«
    »Nein. Siri lebt im Dschungel. Sie weiß, was sie erwartet, wenn sie zurückkommt.«
    »Zum Teufel, dann lassen Sie Siri suchen! Ich brauche den letzten Zeugen. Ich kann nicht in Frieden leben, wenn ich weiß, daß es zwei Augen gibt, die genausoviel wissen wie ich!«
    »Siri ist im Dschungel aufgewachsen.«
    »Wenn ich weiß, wo ein Wild steht, sitze ich so lange da, bis ich es geschossen habe. Das ist eine alte Jägerregel: Die Kenntnis des Standplatzes ist das Todesurteil. Siri ist da keine Ausnahme. Sie wird immer in der Nähe von Nongkai bleiben. Nur sind hier die Jäger Idioten!«
    »Ich werde morgen noch einmal mit vier Trupps den Dschungel durchkämmen«, sagte Karipuri ärgerlich.
    »Wir müssen umdenken, Ratna«, sagte Taikky. »Haller hat uns ein verfluchtes Erbe hinterlassen. Wir sind gezwungen, den größten Teil aller Lieferungen wirklich an die Kranken weiterzugeben. Wir müssen die neuen Gebäude bauen, die Pagoden und Bettenhäuser, das Röntgengerät ist unterwegs, aus einer internationalen Stiftung rollt ein modernes Narkosegerät, Marke ›Romulus‹, heran, eine Dampfsterilisationsanlage wird montiert werden – die Spende irgendeiner amerikanischen Sekte –, mehrere Kisten Instrumente sind unterwegs, darunter so dämliche Dinge, deren Namen ich nie gehört habe.« Taikky holte eine Liste aus seiner Tasche und tippte mit seinen dicken Fingern darauf. »Hören Sie sich das an: Trokart nach Franz, Mandrin, Itenerarium mit Rinne, Kranioklast nach Braun, Laparotomie-Rahmen, Tonsillotom, Hohlmeißelzange nach Sauerbruch, Narkoseapparat nach Ombrédanne, doppelläufiges Ureterenzystoskop mit herausnehmbarer Schiene, Operationszystoskop nach Mac Carthy, Rektoskop nach Strauß, ein elektrischer Schneideapparat Marke ›Cutor‹ …« Taikky ließ die Liste sinken. »Verstehen Sie das, Ratna?«
    »Ja. Nongkai wird noch eine Universitätsklinik, wenn das so weitergeht.«
    »Das hat uns alles Haller eingebrockt, was? Das hat er bestellt?«
    »Offensichtlich ja. Von sich aus schickt uns Rangun so etwas nicht in den Dschungel.«
    »Alles Dinge, die man nicht weitergeben kann!«
    »Wohl kaum! Wer legt sich ein Rektoskop als Zierstück auf den Tisch oder hängt sich ein Spekulum an die Wand?« Karipuri lächelte schief. »Aber wir haben jetzt genug junge, gut ausgebildete Ärzte, die sich über die Instrumente freuen werden. Haller hat dafür gesorgt, daß wir ihn nie vergessen.«
    »Darum müssen wir uns umstellen, Ratna. Ich sage es ja.« Taikky steckte die Liste wieder in seine Brusttasche und nahm sich die Flasche Kognak. »Wir werden Nongkai wirklich zu einem medizinischen Mittelpunkt ausbauen – so wie es Haller wollte und wie es sich in den Gehirnen der Regierungsbeamten eingenistet hat. Wir werden so viel anfordern, daß ganze Luftflotten unterwegs sein müssen, um das Material heranzuschaffen. Wir werden Nongkai vollpumpen mit Medikamenten und Instrumenten, mit Verbänden und Betten, Wäsche und Einrichtungen. Wir werden aufsammeln, was an Mildtätigkeit in der Welt aufzureißen ist. Schickt uns das Beste und Teuerste, das Modernste, die Medizin von übermorgen! Wir können es gebrauchen, wir, der

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