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Engel der Vergessenen

Engel der Vergessenen

Titel: Engel der Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Doktor.« Donyan befreite sich aus Karipuris Griff. »Ich lasse mich doch nicht mitschuldig machen an einem Mord! Wenn ich Haller wirklich sehe – was ich sehr bezweifle –, werde ich zu ihm sagen: Mann, verlassen Sie sofort Birma! Hüllen Sie sich in eine Staubwolke und weg mit Ihnen! Kehren Sie nach Europa zurück und nehmen Sie Siri mit!«
    »Das wäre wirklich das beste«, sagte Karipuri tief atmend. »Verdammt, ich spüre es: Er ist hier in der Nähe! Kennen Sie das, Major? Man ahnt den Tiger, aber man sieht ihn nicht. Ein ekelhaftes Gefühl!«
    »Sie werden damit leben müssen, Doktor!«
    Donyan wandte sich ab und verließ im Kreis seiner Soldaten Nongkai. Der Abend war gekommen, das Lepradorf wurde wieder zum riesigen Gefängnis. Die neueste Errungenschaft Taikkys trat in Tätigkeit: der hohe Maschendrahtzaun um Nongkai lud sich mit Strom auf. Überall standen jetzt Warnschilder an Bambuspfählen, die Bano Indins Leute in den Boden gerammt hatten.
    Taikky wollte damit verhindern, daß nachts die Leprösen um den alten Bürgermeister Minbya das Dorf verließen und zu Dr. Haller überliefen. »Haller mit einer Privatarmee – das fehlt uns gerade noch«, hatte Taikky zu Karipuri gesagt. »Und, verdammt, ich ahne so etwas: Es braucht seine Zeit, bis unsere Leute die Anhänger Hallers unterwandert haben.«
    Die kleine Militärkolonne fuhr etwa drei Meilen auf der Dschungelstraße nach Homalin zurück, als sich plötzlich Siri an einer langen Liane von einem Baum herunter auf den Weg schwang. Ihr schlanker Körper pendelte aus, die nackten Füße bremsten den Schwung auf den Boden.
    Der Lastwagen stoppte kreischend. Major Donyan, der die ganze Strecke über rechts und links in den Dschungel gestarrt hatte und sich nicht erklären konnte, warum Dr. Haller nicht gewartet hatte, atmete auf. Er sprang aus dem Wagen und kam Siri mit ausgebreiteten Armen entgegen.
    »Ich habe geschwitzt vor Angst, daß Ihnen etwas zugestoßen sein könnte!« sagte er und umarmte sie. »Wo ist der Doktor?«
    »Hier!«
    Neben der Straße, unsichtbar im dichten Laubwerk, hockte Haller. Jetzt schob er die Blätter auseinander.
    Major Donyan lachte.
    »Kommen Sie! Als Baumaffe machen Sie keine gute Figur!«
    »Folgt Ihnen auch niemand?«
    »Keine Sorge. Mein Jeep ist die Nachhut.« Donyan war bester Laune. Er drückte Haller beide Hände und hielt sie fest. »Aber es ist gut, daß Sie vorsichtig sind! Noch immer schicken sie Suchtrupps aus, und den Drahtzaun setzt Taikky jetzt unter Strom.«
    Haller blickte zu den Soldaten hinüber. Donyan verstand die stumme Frage.
    »Keine Sorge. Meine Leute sind ein verschworener Haufen.«
    Hallers noch immer von Striemen überzogenes Gesicht spiegelte so etwas wie Rührung wider. »Sie nehmen mich also wirklich mit nach Homalin?«
    »Natürlich. Und ich stecke Sie in den nächsten Hubschrauber.«
    »Das wäre ein Fehler. In Lashio hat Taikky nur Freunde.«
    »Wem sagen Sie das? Gut, ich lasse Sie nach Bhamo fliegen, von dort nach Yeu, von Yeu nach Pakokku und von dort mit einer Transportmaschine direkt nach Rangun. Übermorgen können Sie am Meer sitzen und die Möwen füttern.«
    »Ich werde schuften wie ein Kuli, Major. Die sieben Jahre, die ich herumgelungert habe, werde ich in einem Gewaltmarsch wieder einholen. Wenn Sie wüßten, was ich alles vorhabe.«
    »Ich kann es nur ahnen, Dr. Haller.« Donyan wandte den Kopf. Von Nongkai kam der Jeep die Straße herunter. Der Feldwebel, der neben dem Fahrer saß, winkte schon von weitem mit beiden Armen: alles in Ordnung! Donyan atmete auf. »Los, steigen Sie ein! Morgen früh um sieben fliegen Sie ab nach Bhamo.«
    Haller half Siri in den Lastwagen, kletterte hinterher und setzte sich neben sie auf einige leere Kisten, die man wieder zur Militärstation zurückbrachte.
    »Bist du jetzt glücklich, Chandra?« fragte Siri. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter. Ihr langes Haar lag um ihn wie ein vielfach geschlitzter Mantel.
    »Wieso?« Seine Stimme klang verblüfft.
    »Du kommst nach Rangun. Du kannst Rache nehmen für Bettina. Nur deshalb willst du ja nach Rangun.«
    »Das ist nicht wahr, Siri.«
    »Lüge nicht, Chandra.« Sie legte den schlanken Zeigefinger auf seine Lippen. »Du kannst nicht lügen, und immer wieder versuchst du es! Ich lese alles in deinen Augen. Sie können nichts verstecken.«
    Er hielt ihre Hand fest, küßte den Finger, der auf seinen Lippen lag, und sagte ernst: »In Rangun werden wir heiraten, Siri. Jawohl, das werden wir!«
    Und

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