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Engel der Vergessenen

Engel der Vergessenen

Titel: Engel der Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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als erfahrene Fallschirmjäger ab und gingen auf der anderen Straßenseite in Deckung. Nur Major Donyan stieg mit erstauntem Gesicht ruhig aus dem Wagen und kam langsam auf Dr. Haller zu.
    »Sind Sie verrückt?« sagte er. »Sie leben noch? Und stellen sich so ohne weiteres als Zielscheibe hin?«
    »Sie werden nie auf mich schießen, Major.« Doktor Haller streckte Donyan die Hände entgegen. »Ich kann mich irren – aber ich glaube in Ihnen einen heimlichen Freund zu haben.«
    »Sie haben eine entwaffnende Art, einem etwas einzureden.« Donyan ergriff Hallers Hände und hielt sie fest. Dann glitt sein Blick zum Waldrand, wo Siri stand, einen Revolver in der Hand. »Nehmen Sie an, ich wäre Ihr Freund – was hätten Sie davon? Für die Welt sind Sie tot!«
    »Das ist die beste Voraussetzung, um in Frieden leben zu können. Donyan, wann fahren Sie zurück nach Homalin?«
    »Morgen. Ich muß im Auftrag der Regierung inspizieren, wie weit der Aufbau Nongkais vorangeht. Wenigstens das haben Sie erreicht, daß Nongkai und seine Kranken aus ihrem Elend befreit wurden. Ich werde dem Dickwanst Taikky auf die Finger klopfen und dann wieder abfahren.«
    »Sind Sie nicht Taikkys Mann?«
    »Nur sporadisch. Heute bin ich Vertreter der Regierung, morgen vielleicht der Nebenverdiener, der beide Augen zudrückt.« Major Donyan hielt noch immer die Hände Hallers fest. »Was kann ich für Sie tun, Haller?«
    »Nehmen Sie mich morgen mit nach Homalin, Major«, sagte Haller. »Machen Sie es möglich, daß ich und Siri nach Rangun kommen. Das Herumschleichen wie ein Raubtier bringt nichts ein. Ich muß in die Stadt. Ich muß mit meinem Leben wuchern, solange es noch etwas wert ist. Ich habe mir noch einiges vorgenommen. Das kann ich nur von Rangun aus. Nehmen Sie mich mit, oder legen Sie mich jetzt um! Sie haben nur die Wahl zwischen diesen beiden Möglichkeiten, Herr Major …«
    Bis zum Abend blieb Major Donyan in Nongkai.
    Er machte Taikky und Dr. Karipuri das Leben sauer. Er verlangte genaue Abrechnungslisten, wollte die Krankenblätter einsehen, kontrollierte die Apotheke, ging durch die Krankenzimmer, verglich die Zahl der Toten mit der Gesamtzahl der Einwohner von Nongkai, wie Taikky sie gemeldet hatte, und verlangte von Karipuri einen Bericht über die Behandlungsmethoden.
    Donu Taikky war zunächst sprachlos. Bisher hatte Donyan als ›sein‹ Mann gegolten, er hatte seit zwei Jahren Geld angenommen und war dadurch auf beiden Augen blind geworden, was Nongkai betraf. Plötzlich spielte er den wilden Militär, der sich im Auftrag der Regierung in einen Müllhaufen zu bohren begann, ohne Rücksicht, ob er hinterher selbst stinken würde.
    »Sind Sie verrückt, Donyan?« fragte Taikky mit seiner gefährlichen Ruhe, die ihn immer dann überkam, wenn die Situation kritisch wurde.
    Vergeblich versuchte Dr. Karipuri, Major Donyan ein Warnzeichen zu geben.
    Major Donyan bemerkte zwar diese Bemühungen, wollte sie aber nicht verstehen. Die Lage hatte sich verändert. In Rangun hatte man das Lepradorf Nongkai zu einem Mittelpunkt der Entwicklungspolitik erklärt.
    »Sie benehmen sich, als hätten Sie Eisen gefressen, Donyan! Ich erinnere mich, daß Sie einmal im Monat nach Nongkai kamen, um Gold zu schlingen.«
    »Ich verdaue es nicht mehr, Taikky, es liegt mir zu schwer im Magen. Das Ranguner Silber bekommt mir besser.«
    »Silber läuft leicht an.« Taikky griff nach einer saftigen Melonenscheibe und biß in das rote Fleisch. Der Saft tropfte über sein Kinn und lief den Hals hinunter in den offenen Kragen.
    »Daß die Menschen so kurzsichtig sind! Beamte, Minister und Regierungen kommen und gehen – aber der Dschungel bleibt. Und im Dschungel sitze ich! Überlegen Sie mal, Major Donyan!«
    »Ich brauche die Listen aller noch vorhandenen Medikamente, um sie mit den Lieferlisten zu vergleichen«, sagte Donyan stur. »Wir haben Ihnen zwei ausgebildete Apotheker geschickt. Wozu sind die da, wenn sie noch nicht einmal ihre Apotheke in Ordnung halten können? Und, im übrigen: Ich habe ständig eine Wache von sechs schwerbewaffneten Soldaten um mich. Das nur zur Information, Taikky. Selbst im Bett bin ich nicht allein. Vier Mann schlafen mit mir im Zimmer! Man sollte sich wirklich daran gewöhnen, daß die alten Zeiten vorüber sind.«
    Er stand auf, blickte auf seine Uhr und winkte zu den Soldaten hinüber, die unten an der Treppe standen.
    »In drei Tagen hole ich die Listen ab, Taikky.«
    »Sie werden fertig sein«, antwortete Taikky

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