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Engel der Vergessenen

Engel der Vergessenen

Titel: Engel der Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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traurig.
    »Es wird um Siri gehen, Chin-hao-Chin. Kannst du sie für ein paar Tage verstecken?«
    »Sofort. Bei Schwager im Hafen. Hat dort Geschäft für Seemänner.«
    »Ich gehe mit dir zum Minister«, sagte Siri, als gäbe es gar keine andere Möglichkeit.
    »Chin, nimm einen dicken Strick und bind' sie fest!« Dr. Haller steckte den Brief in die Rocktasche.
    »Sie werden dich einsperren und aus dem Land schaffen!« rief Siri. »Das ist eine Falle, Chandra!«
    »Wenn Sie mich im Westen hinauswerfen, komme ich im Norden wieder herein. Das wissen sie ganz genau.«
    »Dann Sie werden getötet«, sagte Chin-hao-Chin. »Ist bestes Mittel, um Probleme aus Weg zu schaffen. Gehen Sie nicht hin, Doktor.«
    »Dann holen sie mich. Soll ich mich verstecken? Bin ich ein feiger Hund? Ich habe eine Einladung vom Minister, und ich werde zu ihm gehen, wie es sich gehört.«
    Am nächsten Morgen kaufte er sich einen naturfarbenen Seidenanzug bei einem Freund von Chin-hao-Chin, der sich ›Herrenausstatter‹ nannte, dazu ein Hemd und eine hellgelbe Krawatte. Dann fuhr ihn ›sein‹ Taxichauffeur zum Gesundheitsministerium.
    Siri stand unterdessen in einem Kellerraum des ›Roten Drachen‹ neben dem Weinlager von Chin-hao-Chin, und trommelte mit beiden Fäusten gegen die massive Bohlentür. Sie schrie Flüche, die niemand diesem schönen Mund zugetraut hatte, und benahm sich wie eine frisch eingefangene Wildkatze, wenn Chin-hao-Chin jenseits der Tür gütig auf sie einsprach. »Mach auf!« schrie sie und trat gegen die Tür. »Bis ins zehnte Glied soll deine Familie verflucht sein!«
    Und Chin-hao-Chin antwortete fröhlich: »Ich habe nur ein Glied, und das hat keine Nachkommen gezeugt. Beruhige dich, mein Schwälbchen! Sing nicht so falsch, meine Nachtigall!«
    Es war ein ungleicher Kampf, aber Siri gab keine Ruhe, bis ihre Kräfte nachließen und sie nur noch weinen konnte. Chin-hao-Chin hörte ihr Schluchzen durch die Tür, stopfte sich Wachs in die Ohren und versank selbst in tiefe Traurigkeit.
    Der Minister empfing Dr. Haller sofort. Mit ausgestreckter Hand kam er ihm bis zur Tür entgegen. Es war der gleiche, liebenswürdige, joviale Mann, der damals Haller für Nongkai engagiert und ihm alle Vollmachten mitgegeben hatte.
    »Ich dachte, Sie seien tot!« sagte er. »Und plötzlich tauchen Sie in Rangun auf und begehen mit einer Selbstverständlichkeit, als koche man Reis, eine ungesetzliche Handlung nach der anderen. Nehmen Sie Platz, Dr. Haller. Zigarre? Whisky?«
    »Zigarre gern. Den Whisky tauschen wir gegen Fruchtsaft, Herr Minister.«
    »Warum leben Sie heimlich in Rangun?« Der Minister sprach ein paar Worte auf birmesisch in eine Sprechanlage. Soviel verstand Haller schon von der Sprache, um zu hören, daß der Minister wirklich Zigarren und Fruchtsaft bestellte. »Warum sind Sie nicht sofort zu mir gekommen?«
    »Mit diesem dicken Konto an Beschuldigungen? Als Vergewaltiger von Bettina Berndorf? Als der Mann, der sich zum kleinen Gott ausrufen ließ und Nongkai tyrannisierte? Das bin ich doch?«
    »So ähnlich.« Der Minister lächelte etwas mühsam. »Die Berichte über Sie sind sehr ungünstig.«
    »Und Sie sind sehr höflich, Herr Minister.«
    »Wir hatten alle geglaubt, daß wir uns in Ihnen getäuscht haben, bis der Bericht von Major Donyan eintraf.«
    Der Minister wartete, bis ein Boy die Gläser und die Zigarren auf silbernen Tabletts serviert hatte und das Zimmer wieder verließ.
    »Ich gebe zu, daß die Lage in Nongkai auch jetzt undurchsichtig ist. Taikky arbeitet wie ein Roboter, das hat eine Kontrollkommission ermittelt. Alles stimmt in seinen Büchern. Das neue Hospital wächst zügig, die Pagode ist bereits eingeweiht, die Selbstverwaltung im Dorf funktioniert nach demokratischen Regeln.«
    »Unter der Leitung von Bano Indin.«
    »Nein.« Der Minister sah Haller erstaunt an. »Wer ist Bano Indin?«
    »Ein lepröser Riese. Ein Werkzeug von Taikky und Karipuri.«
    »Rätselhaft. Sehen wir mal nach.« Der Minister griff in die Schublade, holte einen Schnellhefter mit Listen hervor und blätterte darin. »Hier! Indin, Bano, gestorben vor zehn Tagen an Lepra.«
    »Unmöglich!« Dr. Haller sprang auf. »Ich habe mir Indin angesehen. Er hätte mit dieser Lepra noch vierzig Jahre gelebt! Er war einer der Fälle, die man heilen kann!«
    »Aber er ist tot!« Der Minister klappte betroffen die Mappe zu.
    »Und wer ist jetzt Bürgermeister?«
    »Hano Minbya.«
    »Ich verstehe nichts mehr.« Haller warf sich wieder

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