Engel des Todes
Maschinenleitstand der TROJA. Von den Maschinenleitständen der BRÜSSEL und des eigenen Schiffes kamen Meldungen mit ähnlichen Zeitangaben.
Noch fast drei Stunden bis zum Sprung ins galaktische Territorium der Republik also. Fünfmal so lange waren sie bereits unterwegs. In acht Etappen hatten sie die über dreitausend Lichtjahre weite Distanz vom Doppelstern Marlboro bis hierher an die Grenze der GRT bewältigt. Eine atemberaubende Zeit und nur machbar, weil der kleine Verband in Pyramidenformation flog: Die JOHANN SEBASTIAN BACH hatte unter der größeren TROJA festgemacht und die BRÜSSEL mit ihren nur 40 Metern Innenschenkeldurchmesser unter der JOHANN SEBASTIAN BACH.
Es war ein Wettflug mit den Gerüchten aus dem Maligniz-System: Je schneller sie in die GRT vordrangen, desto größer die Chance, auf Stationen, Planeten und Verbände zu stoßen, die noch nichts von Bergens Befehlsverweigerung wußten. Die Kehrseite des Gewaltfluges: Nach jedem Sprung brauchten die Triebwerke eine längere Ruhephase – die Energiekammern mußten ausglühen, die Druckfusionsreaktoren mit neuem Glaurux beschickt werden. Das brauchte seine Zeit. Zumal der letzte Sprung gleich über 1269 Lichtjahre auf einmal gehen sollte.
»Was machen wir eigentlich, wenn wir in Kobalt XXIV gleich einer Patrouille vor die Gravitonkanonen fliegen?« fragte Sardes.
»Dann machen wir ein gutes Fläschchen auf«, krähte der Chefwissenschaftler.
»Es gibt keinen Alkohol an Bord der JOHANN SEBASTIAN BACH«, sagte Veron scharf.
»Offiziell nicht, ich weiß«, kicherte Gollwitzer.
»Dann fragen wir erst mal nach, was es Neues gibt«, tönte es aus dem Bordfunk. Thoran und die Kollegen von Ebene II hatten mitgehört. »Und wenn sie nett sind und weiblichen Geschlechts, laden wir sie auf ein Schwätzchen ein.«
»Der Nebel von Kobalt XXIV wird selten von Schiffen der Republik angeflogen, wenn ich mir den Hinweis erlauben darf.« Vera Park ergriff wieder das Wort. »Es gibt auf keinem der Planeten erschlossene Bodenschätze. Der Nebel und die Sonne selbst sind für ihre starken Magnetfelder berüchtigt. Wegen der entsprechend intensiven Radiostrahlung hat unser Subgeneral dieses System auch …«
»Vielen Dank, Dr. Park.« Veron hatte sich lange auf die Zunge gebissen, bevor er sie wieder unterbrach. Jeder, der wollte, konnte die Angaben auf sein Arbeitssichtfeld rufen. Außerdem hatte Bergen ausführlich begründet, warum er ausgerechnet Kobalt XXIV anfliegen wollte. Aber vielleicht war das ja vor Parks Schichtbeginn gewesen.
Die aktuelle Planung jedenfalls sah vor, mit den drei Schiffe zwischen dem ersten und dem zweiten Kobaltplaneten in eine Umlaufbahn zu gehen und danach zwanzig Dreierverbände von Sparklancern ausschicken, um nach der kleinen Flotte zu suchen, die den Höchstgeehrten nach Terra Prima begleitete.
Das konnte unter Umständen Wochen dauern. Gleichgültig eigentlich, ob man im Territorium der GRT eine Schraube oder einen Schiffsverband suchte – gemessen an der unvorstellbaren Größe einer galaktischen Region mit einem Durchmesser von etwa 39 000 Lichtjahren von innen nach außen und über 4000 von Pol zu Pol fiel es kaum ins Gewicht, ob ein gesuchtes Objekt einen Zentimeter oder einen Kilometer groß war. Beide waren gleichermaßen unmöglich zu finden. Es sei denn, man verfügte über gewisse Informationen.
Eine dieser Informationen hatten die Kommunikatoren von Ebene II schon vor Tagen geliefert: Aus den ständig durchlaufenden Nachrichten wußten sie, daß der Höchstgeehrte , ein Kunsthirnspezialist und Quanteningenieur namens Gender DuBonheur, auf Fat Wyoming lebte und forschte. Aufklärung und Navigation schließlich wußten zu berichten, daß die Sonne Wyoming 871 Lichtjahre vom Kobaltnebel entfernt lag und die Hauptroute zwischen Fat Wyoming und Terra Prima in 17 Lichtjahren Entfernung an ihm vorbeiführte. Die dritte Information endlich hatte die BRÜSSEL in codierter Form während der Flucht aus dem Maligniz-System aufgefangen: Am 4. Februar 2554 wollte die Zentralverwaltung von Fat Wyoming in der Hauptstadt Big Cheyenne eine Gala zu Ehren des Höchstgeehrten veranstalten. Zwei Tage später sollte DuBonheur in einem Reisekreuzer der Zentralverwaltung und eskortiert von sechs Einheiten der Flotte und einem kleinen Frachterverband nach Terra Prima aufbrechen; am 6. Februar also.
Die Zeitangaben in den Fußleisten der Arbeitssichtfelder lauteten: 54-01-31 23.12.56. Die Bordzeit entsprach der Terra-Prima-Zeit. Sechs
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