Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
Kommandozentrale verbracht. Den Sessel in Liegeposition, eine Dosis Serophium und ihr ISK-System auf dem Kopf; und im Kopf Bilder, Gerüche, Geräusche, Gefühle – intensive Tagträume, geboren aus der vorübergehenden Symbiose zwischen dem Bordhirn und ihren eigenen Neuronen.
    Als Albatros war sie so über die Meere Terra Primas geflogen, als Eisbärin durch die Arktis und als Elefantenkuh durch die afrikanische Savanne gestapft. Sie war Piratin gewesen und hatte mit ihrem Viermaster die Küsten des spanischen Weltreichs in Angst und Schrecken versetzt. Sie war zu Hause auf der Venus gelandet und hatte den Duft der Blumen in den Gewächshäusern gerochen. Sie war Cohens Navigatorin gewesen, als es vor 2600 Jahren gegen die Yellows im Sol-System ging, und sie stand neben George Smith in der Kommandozentrale seines Flaggschiffes, als nach der Raumschlacht um Alpha Centauri die letzten beiden Schiffe der Yellows in das Hyperuniversum flüchteten.
    Und sie hatte so guten Sex gehabt wie lange nicht mehr.
    Seit einem halben Tag bereits flog die LAURIN jetzt wieder durch die Galaxis. New Cuba hieß ihr vorläufiges Ziel.
    Unter Anna-Luna – und für ihre Augen unsichtbar – arbeiteten Aufklärer und Kommunikator auf Ebene II der Zentrale. Spezialisten, einer wie der andere. Sie waren gewohnt, ihren Job so selbständig wie möglich zu erledigen und die Kommandantin der LAURIN nur zu belästigen, wenn es sich wirklich nicht vermeiden ließ. Ähnlich die Offiziere in den anderen Abteilungen. Sie hatte die knapp fünfzig Männer ihrer Besatzung gut im Griff. Frauen taten keinen Dienst auf der LAURIN. Anna-Luna flog grundsätzlich nur mit Männern. Frauen konnten so unglaublich zickig werden. Außerdem hatte es seine Vorteile, die einzige Frau an Bord zu sein.
    Zwei Sprünge lagen seit dem Morgen hinter ihnen. Im Maschinenleitstand bereiteten sie den dritten vor. Immer noch spärlich, das Sternengefunkel über der Frontkuppel. Die Sonnendichte hier oben im Nordpolbereich der Republik war sehr gering. Ein paar Lichtjahre weiter, wie gesagt, und man bewegte sich bereits im Halo der Milchstraße. Auch eine Erfahrung, die Anna-Luna schon hinter sich hatte.
    »Kommunikator an Kommandeurin«, tönte es aus dem Bordfunk.
    »Was gibt es, Canter?« Carlos Canter war ihr Chefkommunikator.
    »Persönliche Botschaft über Para-Funk.«
    »In mein Hauptsichtfeld damit.« Einen Augenblick später saß ein Mann im Viquafeld unter der Frontkuppel, oder präziser: das dreidimensionale Bild eines Mannes. Er lächelte. Und er sah gut aus: glattes, ebenmäßiges Gesicht, blondes Langhaar, Mitte Dreißig, rote Toga über lilienweißem Anzug. Hinter ihm prangte auf rotem Tuch das Wappen der Galaktischen Republik Terra: eine Spirale aus 793 goldenen Sternen auf blauem Grund.
    »Unitas! Was für eine Ehre!« rief Anna-Luna mit spöttischem Unterton. »Wenn Ihr persönlich bei mir anklopft, kann ich wohl davon ausgehen, daß der Auftrag doch mir gehört?« Sie hatten während des Fluges nach Hawaii Novum das letzte Mal miteinander gesprochen.
    »So ist es, General.« Unitas Gabrylon neigte lächelnd den Kopf. »Vetian schien mir direkt erleichtert, daß der Kelch an ihm vorübergeht, und der Alte mußte zwar auf seine dritten Zähne beißen, war aber klug genug, nicht groß zu widersprechen. Immerhin konnte er froh sein, daß ich ihm keine Einladung in den Ruhepark mit auf sein Flaggschiff gebracht habe. Ich habe ihnen erklärt, daß der Sicherheitsrat und der P.O.L. sich für Euch entschieden haben, und damit war es gut.«
    »Na schön. Und wie lautet mein Auftrag jetzt genau?« Anna-Luna aktivierte den akustischen Aufnahmemodus des Bordhirns.
    »Bergen und so viele seiner Komplizen wie möglich ins Hauptquartier nach New Cuba bringen. Wir sollten wenigstens ein Dutzend der Deserteure lebend vor ein Flottengericht stellen. Ich schicke Euch ein Datenpaket mit allen nötigen Informationen. Viel Erfolg, General Ferròn!«
    »Danke, Unitas.« Das Lichtfeld löste sich auf und mit ihm Gabrylons Konterfei.
    Sekundenlang betrachtete Anna-Luna die wenigen Sterne außerhalb der Panoramakuppel. Keine Regung in ihrem schmalen, bleichen Gesicht verriet, was sie fühlte oder dachte. Bewegungslos verharrte sie so eine Zeitlang, bis der Erste Ingenieur sich über Bordfunk meldete. »Maschinenleitstand an General, die LAURIN ist wieder sprungbereit.«
    »Wartet noch!« Anna-Luna stand auf. »Kommandantin an alle. Ein neuer Auftrag ist eingegangen. Es gibt einige

Weitere Kostenlose Bücher