Engel des Todes Gesamtausgabe (German Edition)
entdecken, der Friedhof schien verlassen. Sie war allein und völlig schutzlos. Niemand könnte ihr zu Hilfe kommen. Das kleine, tote Kaninchen kam ihr wieder in den Sinn. Aufgeschlitzt und tot auf dem nassen Boden liegend, würde sie auch so enden?
Kapitel 6
Ihre Augen fixiert auf den Körper des Mannes, der sich auf sie zubewegte. Er war ihr gefolgt. Dieser unheimliche Fremde, der sie schon im Lokal mit seinen kalten Augen ausgezogen hatte.
Das konnte kein Zufall sein, dass er hier auftauchte. Kaum jemand würde bei einem solchen Wetter auf einen Friedhof gehen. Der starke Wind wirbelte das tote Laub zu ihren Füssen auf und der Regen peitschte noch immer gnadenlos in ihr Gesicht.
Adrenalin floss durch ihre Adern und ihr Hirn arbeitete auf Hochtouren. Sara starrte auf den Eingang des Friedhofs. Vielleicht sollte sie einfach auf ihn zu gehen und in zu Rede stellen. Der Gedanke sich vor ihm aufzubauen gefiel ihr nicht, er war einfach zu groß.
Für diesen Mann wäre es kein Problem gewesen , sie festzuhalten. Ihr Herz pumpte wild in ihrer Brust. Was wollte dieser Mann von ihr? Warum hatte er sie verfolgt, bis hierher? War das der gesuchte Mörder, von dem sie in der Zeitung gelesen hatte?
Ihr Atem beschleunigte sich mit jedem Schritt, den der Fremde näher kam. Er bewegte sich langsam und sie fühlte seinen starren Blick auf ihrem Körper. Jetzt wo er auf sie zukam, sah er noch viel muskulöser und größer aus, als in dem Lokal.
Er hatte noch immer sein e Mütze bis tief ins Gesicht gezogen. Sara drehte sich um und schaute über die Gräber des Friedhofs. Niemand war hier, nur die Toten lagen in ihren nassen Gräbern und verfaulten in der modrigen Erde.
Niemand würde ihr zu Hilfe kommen. Sie war auf sich allein gestellt. Einsam und wehrlos, so wie es ihr ganzes Leben schon immer war. Dieses Gefühl war ihr nicht neu. Sie war immer eine Einzelgängerin gewesen. Sie hatte zwar Freundinnen, aber ihre wahren Gefühle blieben immer im Verborgenen.
Der Eingang des Friedhofs war ihr versperrt, durch diesen konnte sie nicht entkommen. Links und rechts von ihr führten verschieden Wege, tiefer hinein in den Friedhof. Die Zeit der Entscheidung war gekommen, fortlaufen oder direkt auf den Unbekannten zugehen.
Es dauerte keine Sekunde und die Entscheidung war gefallen. Sie wählte den rechten Weg und ohne noch einen Augenblick zu verschwenden, rannte sie los. Ihr Herz pumpte wild, das Blut durch ihre Adern und das Wasser spritze ihr die Beine hoch.
Einfach nur laufen, ganz egal wohin. Ohne sich umzudrehen, rannte sie an den Gräbern vorbei. Die alten Bäume mit ihren kahlen Ästen wirkten beim Laufen auf sie, wie alte knochige Männer, die nach ihr greifen wollten.
Die Dämmerung hatte eingesetzt und warf nun düstere, lange Schatten über die Grabsteine. Sie wusste nicht, wohin sie lief und es war ihr egal, nur weg von diesem unheimlichen Mann.
Plötzlich kam sie ins Schlittern und verlor fast den Boden unter den Füssen. Das tote Laub war durch den tagelangen Regen glitschig geworden. Blitzschnell schnellte ihr Arm hervor. Im letzten Augenblick konnte sich an einem der zahllosen Grabsteine festhalten.
Ihr Blick fiel auf die Inschrift des Steins und sie erstarrte. Elisabeth Ziegler stand dort in goldener Schrift, der Name ihrer Großmutter. Völlig außer Atem starrte sie auf das Grab. Welch ein Zufall, dass grade dieser Stein sie vor dem Sturz bewahrt hatte.
Ihre Oma hatte sie schon in Kindertagen immer in Schutz genommen und scheinbar war sie auch nach ihrem Tode immer noch für sie da. Jetzt war keine Zeit, um an die Vergangenheit zu denken, sie musste hier fort, bevor dieser Kerl sie einfing.
Plötzlich ertönte eine Stimme hinter ihr.
„Mädchen bleibe doch bitte stehen. Warum rennst du vor mir weg?“
Sara erstarrte, als sie die dunkle Stimme hinter sich hörte und sie wagte es kaum sich umzudrehen. Der Mann, der sie verfolgt hatte, rief jetzt nach ihr. Sara schaute ihn an und ihr nasses Haar klebte in ihrem geröteten Gesicht. Er stand dort wie eine Statur und wartete auf eine Antwort.
Sollte sie ihm antworten oder einfach weiter rennen? Sie blieb stehen und nahm ihren Mut zusammen. Sie wollte ihm antworten, aber bevor sie es tat, holte sie tief Luft, ihre Stimme sollte keinesfalls ängstlich klingen. Er sollte nicht bemerken, dass sie Angst hatte, obwohl das wohl kaum möglich war, nachdem sie wie eine Wahnsinnige, vor ihm davon gerannt war.
„Bleiben Sie dort, wo Sie sind! Warum verfolgen Sie
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