Engel des Todes Gesamtausgabe (German Edition)
vorsichtig weiter, bis zu dem Geräteschuppen und dann wirst du mir ordentlich einen blasen! Das hast du doch schon mal gemacht, oder? Oh ja, bestimmt hast du schon so einige Schwänze in deinem kleinem Mund gehabt. Du siehst aus wie ein kleiner Blasehase. Weil wir beide jetzt intim werden, darfst du mich Onkel Lars nennen.“
Er fing laut an zu lachen, als er die Worte aussprach. Wut und Angst vermischten sich in Saras Körper, blitzschnell drehte sie sich um und ohne Vorwarnung trat sie zu, ihr Bein schnellte hoch in Richtung seiner Hoden.
***
Phillip ging über die Straße, die Blumen fest in seiner Hand. Er ärgerte sich darüber, nicht andere Schuhe angezogen zu haben. Stiefel wären besser gewesen, die Wege des Friedhofs waren völlig aufgeweicht und die Pfützen waren so tief, dass ihm das kalte Wasser in die Schuhe lief. Phillip überlegte, ob er umdrehen sollte, um sich andere Schuhe anzuziehen, verwarf diesen Gedanken aber sofort wieder.
Die Füße waren jetzt schon nass, umzudrehen machte jetzt keinen Sinn mehr und Mutter wartete auf ihre Blumen. Der Boden unter seinen Füssen machte schmatzende Geräusche und er musste aufpassen, nicht noch einmal in eine der unzähligen Pfützen zu treten.
Das Grab seiner Mutter war nicht weit, sie lag nah am Eingang. Der weiße Grabstein kam schon in Sichtweite. Er hatte damals dieses Grab ausgewählt, wegen der wunderschönen Eiche, die dort stand. Sie musste schon uralt sein, hatte Wind und Wetter getrotzt.
Nichts hatte sie zu Fall gebracht. Der kalte Wind blies ihm ins Gesicht und trug den Duft des verfaulenden Laubes in seine Nase. Alles wirkte so friedlich und so wundervoll still. Keine Menschenseele war zu sehen, er war völlig alleine hier. Das Grab sah furchtbar aus, der Regen der letzten Tage hatte alle Pflanzen zerstört.
Phillip bückte sich und nahm die alten Blumen aus der Vase und stellte die neuen hinein. Er stellte sich vor das Grab und senkte seinen Kopf.
„Ich hoffe dir gefallen die Blumen, es sind deine Lieblingsblumen. Der furchtbare Regen hat dein Grab völlig verunstaltet. Ich werde es sofort wieder in Ordnung bringen. Verzeih mir das ich nicht schon früher hier war.“
Phillip schaute hinunter auf seine nassen Schuhe und schämte sich, er wusste, dass seine Mutter so etwas nicht duldete.
Man hatte auf seine Sachen achtzugeben. Das hatte sie ihm jahrelang eingeprügelt. Er war so ungeschickt. Er konnte einfach nie etwas richtig machen. Er hatte jeden Schlag, den er bekam, verdient. Sie fehlte ihm so sehr. Oft fühlte er sich hilflos ohne ihre Führung.
Es gab doch immer nur Mutter und ihn, nie einen anderen Menschen in seinem Leben. Seine Mutter hatte ihn immer so gut es ging isoliert, keine Freunde, keine andere Frau. Es hätte ewig so weiter gehen können, doch dann der Krebs und veränderte alles.
Die Krankheit fraß sie langsam auf. Die starke Frau wurde zu einem Schatten ihrer selbst. Nicht mehr in der Lage ohne Schmerzmittel zu leben. Mit der Zeit verursachten die immer stärker werdenden Mittel ihren Verstand und ihr Geist war gefangen in einem Nebel, der ihren Verstand zum Erlöschen brachte. Als es auf das Ende zu ging und sie ihre letzten Tage im Krankenhaus verbringen musste, da wusste Phillip, was er zu tun hatte.
Die Stunde des Abschieds war gekommen. Die Zeit ist ein Raubtier, die keinen verschont. Du kannst versuchen fort zu laufen aber am Ende wird sie immer der Sieger sein und dich mit ihren Zähnen zerreißen! Phillip erinnerte sich genau an diesen Tag. Das Krankenhaus, das Bett und seine Mutter, die sabbernd und von Drogen vollgepumpt regungslos vor ihm lag.
Er wollte immer ein guter Sohn sein, und als er sie so liegen sah, so schwach und zerbrechlich, da wusste er, es war Zeit ihr Frieden zu geben. Langsam ging er auf sie zu und schaute ihr minutenlang auf ihr eingefallenes Gesicht. Die blassen Lippen und die Flecken auf ihrer Haut waren ein unerträglicher Anblick für ihn. Seine Mutter war immer sehr darauf bedacht gewesen, gepflegt auszusehen und nun war sie nicht mehr, als eine lebende Leiche. Eine Seele gefangen in einem Sterbenden, vom Krebs zerfressenem Körper. Kein Mensch sollte so etwas ertragen müssen.
Jeder hatte das Recht auf ein sterben in Würde. Die einzigen Geräusche im Raum war, der schwere Atem der Mutter. Ihr Atem rasselte, ihre Lungen waren gefüllt mit Wasser und Sekret. Das war kein Leben mehr, das war nur noch eine Qual. Sanft streichelte Phillip ihr über die blassen Wangen und Tränen
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