Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
Vom Netzwerk:
prima. Dann kannst du in der Zwischenzeit packen.«
    »Ward, ich gebe dieses Haus nicht auf …«
    Er unterbrach das Packen, kam zu ihr und legte ihr die Hände auf die Schultern. Er schaute ihr in die Augen. So nahe waren sie sich noch nie gewesen. Und nun begriff sie, dass dieser Mann nicht zum Zeitvertreib drei Monate lang durch das Land gefahren war, sondern weil er geahnt hatte, dass dieser Augenblick kommen würde.
    »Doch, Nina, das wirst du«, sagte er. »Wir wussten schließlich, dass wir nur einen Aufschub hatten, bis sie ernst machen würden. Nun ist es so weit. Es wird ernst.«
     
    Zwei Stunden später befanden sie sich auf dem Highway 99 auf der Höhe von Bakersfield und fuhren weiter Richtung Norden. Ward fuhr schnell und sagte kein Wort. Als Ninas Handy klingelte, griff sie so rasch nach ihrer Handtasche, dass sie sich einen Fingernagel einriss. Beim Anblick der Nummer auf dem Display stieß sie einen Fluch aus.
    Ward schaute zu ihr hinüber. »Ist es John?«
    »Nein. Ich kenne die Nummer nicht. Es könnte der Anruf sein, den ich erwarte. Oder …«
    »Falls es Monroe ist, dann sagt ihm am besten gar nichts und mach es kurz.«
    Sie drückte die Verbindungstaste. Am anderen Ende war Doug Olbrich. Er hatte getan, um was sie ihn gebeten hatte. Sie stellte ihm drei Fragen, die sie sich schon im Voraus überlegt hatte. Nachdem sie seine Antworten kannte, trennte sie die Verbindung und stützte den Kopf in beide Hände.
    Ward wartete genau zwanzig Sekunden. »Und?«
    Sie blickte starr geradeaus. »Das war der Mann, den ich im Police Department von L.A. kenne. Er leitet die Sonderkommission im Fall des Opfers mit der Festplatte.«
    »Worum hast du ihn gebeten?«
    »Er sollte für mich eine Datenrecherche machen. Er hat einen Spezialisten, der so was in Windeseile kann.« Plötzlich schlug sie ganz unerwartet mit aller Kraft auf das Armaturenbrett. »Ich habe es vermasselt, Ward.«
    »Aber warum denn?«
    »Olbrich hat sich Zugang zu Johns Verbindungsdaten verschafft. Daraus kann man ablesen, von wo aus er telefoniert hat. Vor drei Tagen hat John unter anderem eine Nummer angerufen, die ich als deine erkannt habe.«
    »Toll. Wir haben verabredet, uns in San Francisco zu treffen. Da hat er mir mitgeteilt, er sei in Florida.«
    Sie nickte wortlos und starrte auf ihre Hände im Schoß. Die Haut unter ihrem Fingernagel blutete.
    »Sag es mir, Nina.«
    »John hat gelogen«, brachte sie schließlich hervor. »Er ist seit sechs Wochen nicht in Florida gewesen. Er war in Portland am Tag, als Ferillo ermordet wurde.«

[home]
    Teil drei Rauschender Regen
    Der Sinn des Lebens ist sein Ende.
    Franz Kafka

19
    M an fand sie im Gebüsch. Das kommt vor. Andere findet man in Wäldern oder in stickigen, unaufgeräumten Schlafzimmern; in Seitenstraßen und auf Parkplätzen oder in der letzten Reihe von Kinos, in Swimmingpools und Autos. Leichen können so ziemlich überall gefunden werden, aber ein Gebüsch ist der schlimmste aller möglichen Fundorte. Der Zustand, in dem sich die Leichen befinden, und ihre Lage lassen kaum Raum für den tröstlichen Gedanken, dass die Toten vielleicht nur schlafen, ohnmächtig oder betrunken sein und in die Gesellschaft der Lebenden zurückkehren könnten. Wer tot im Gebüsch aufgefunden wird, der ist hundertfünfzig Prozent tot.
    Das Gebüsch, um das es hier geht, begrenzte den Parkplatz des Cutting Loose, eines Friseursalons an der Durchgangsstraße von Snoqualmie. Die Leiche war wie so oft von einem Mann entdeckt worden, der frühmorgens seinen Hund ausgeführt hatte. Er hatte mit dem Handy die Polizei benachrichtigt und dann in der Nähe des Fundortes – allerdings in gebührendem Abstand, um keine Neugierigen anzulocken – auf die Beamten vom Sheriff Department gewartet, denen er den Weg zeigte. Nun saß der Mann auf der gegenüberliegenden Straßenseite, mit dem Rücken an einen Zaun gelehnt, den Kopf zwischen den Knien. Sein Hund wartete trotz des Geruchs von Erbrochenem treu und brav neben ihm, wie er es gelernt hatte. Wieder daheim, das wusste der Hund, würde er den ganzen Tag, während sein Herrchen seinen Geschäften nachging, im Haus eingesperrt bleiben. Daher hatte es der Hund nicht eilig heimzukehren. Wenn der Preis für ein Weilchen Freiheit darin bestand, auf regennassem Asphalt neben einer Lache mit Erbrochenem auszuharren, dann war das in Ordnung. Er leckte seinem Herrchen aufmunternd die Hand. Sein Herrchen tätschelte ihn zerstreut.
    Einer der beiden Polizisten saß

Weitere Kostenlose Bücher