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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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Abgehakt.
    Das Plastik gab nach, noch eine Tablette. Er schaute den Haufen an. Würde das reichen? Besser auf Nummer sicher gehen. Er drückte weiter. Eine Überdosis zu nehmen war nicht feige, wenn man es so machte wie er. Es war männlich.
    Und wie.
    Den Wagen würde man vielleicht schon morgen entdecken, und in ein bis zwei Tagen ginge dann die Fahndung los. Nicht zu Fuß, sondern sehr wahrscheinlich aus der Luft, halbherzig einmal quer über die Berge. An seinem letzten Tag in Sheffer hatte sich Tom Kleidung und einen Rucksack in gedeckten Herbstfarben gekauft, um die Wahrscheinlichkeit, von einem Flugzeug oder Hubschrauber entdeckt zu werden, noch zu verringern. Hätte er sich auch ein paar richtige Wanderschuhe gegönnt, würde ihm sein Knöchel nicht so weh tun, aber die Ausgabe war ihm nicht nötig erschienen. Das rächte sich nun. Immer die geeignete Ausrüstung benutzen.
    Egal, auch diesen Punkt konnte er abhaken.
    Während der Tablettenhaufen weiter anwuchs, stellte er erstaunt fest, dass er gar keine Angst empfand. Er hatte gedacht, dass mit der näher rückenden Tat auch Panik über ihn kommen würde, dass er mit dem Tod ringen müsste. Stattdessen fühlte er sich nur sehr, sehr müde. Auf dem Weg vom Auto bis zum leeren Bachbett hatte er den Prozess um den letzten noch verbliebenen Sinn seines Lebens verloren.
    Sein Leben war jetzt nur noch ein Ereignis, hier und jetzt. Es war dunkel, und die Nacht rückte weiter vor. Alles stand bestens.
    Mittlerweile war ihm sehr kalt, seine Finger fühlten sich klamm an. Er begann die Tabletten einzunehmen, immer ein paar auf einmal, und dann einen Schluck Schnaps zum Nachspülen. Ein paar fielen ihm daneben, aber es hatte reichlich davon. Während er schluckte, flüsterte er im Dunkeln.
Leb wohl, Sarah, such dir einen anderen. Leb wohl, William, leb wohl, Lucy. Ich weiß, ihr werdet mich hassen für das, was ich jetzt tue. Aber sonst hättet ihr mich auch bald gehasst.
    Irgendwann schien ihm die tödliche Dosis erreicht, danach wurde alles viel entspannter. Alles war nun ganz leicht. Auch der Wald wurde ein bisschen wärmer, oder lag es daran, dass er seine Arme und Beine gar nicht mehr spürte? Wie er so dasaß und in der Dunkelheit den Oberkörper hin und her wiegte, wurde alles unbestimmt und verschwamm vor ihm. Er fror und fror auch wieder nicht, er war hundemüde und doch wach. Aus dem Gebüsch starrte Angst und blieb doch fern von ihm, bis er am Ende gar nichts mehr gewahr wurde und auch keine weiteren Tabletten mehr schluckte. Er schluchzte kurz, konnte sich gleich darauf nicht mehr erinnern, woran er überhaupt gedacht hatte. Seinen Gedanken zu folgen war wie allein eine menschenleere Straße entlangzugehen, während ein Laden nach dem anderen schloss.
    Als seine Augenlider schwer wurden und zu zittern begannen, versuchte er sie offen zu halten – nicht in Verzweiflung, sondern wie ein Kind, das mit der Gewissheit zu unterliegen gegen den Schlaf ankämpft. Kaum waren die Augen endlich zugefallen, schien ihm zuerst im Kopf alles heller, dann nahm es einen schiefergrauen Ton an. Er erwartete, sofern er überhaupt noch Erwartungen hatte, dass dieser Vorgang weitergehe, bis alles in Dunkelheit und Stille endete. Ein Augenblick des Träumens, als würde er langsam nach hinten kippen, und dann nicht einmal mehr das. Abgang.
    Er hatte nicht gedacht, dass er mitten in der Nacht noch betrunken und am ganzen Körper schaudernd aufwachen würde. Er hatte nicht erwartet, noch am Leben und in tausend Nöten zu sein. Vor allem aber hatte er nicht dieses Etwas erwartet, das über ihm stand und diesen von einem sehr kalten Wind getragenen Aasgeruch ausströmte.

2
    D as Restaurant bestand aus einem großen Raum, der in verschiedene Zonen aufgeteilt war: in der Mitte Tische, an drei Seiten Sitzgruppen. Am Eingang zu jeder Sitzecke hing eine kleine Lampe, die aber nicht mehr funktionierte. Die Wände waren mit großflächigen Malereien im Retro-Stil dekoriert, viel Blau und Rosa, dazu rasch hingeworfene schwarze Linien. Durch die hohen, mit Bogenrändern verzierten Fenster ging der Blick auf einen tristen, grauen Parkplatz, wo der Wind mit dem toten Laub spielte.
    Ich saß an meinem Stammplatz im hinteren Teil des Restaurants. Mir gefiel es da. Die Sitzbank war nicht zu nah am Tisch, so dass man sich nicht eingeklemmt fühlte. Die Speisekarte versprach so herrliche Dinge wie Hamburger, Burritos, Riesensalate und Chili con carne (nach Cincinnati- oder Texas-Art, superscharf

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