Engel des Todes
ich es mir mit dem Ecuadorianer, als ich ihn dazu bringen wollte, mit mir den Koks-Handel zu teilen, den er mit den übrigen Mitarbeitern und ein paar jungen und nicht mehr ganz so jungen Einheimischen betrieb, die in manchen Nächten an der Hintertür klopften. Die Sache endete damit, dass ich stark blutend bei Tagesanbruch mit Vollgas aus der Stadt fuhr. Ich kam mir vor wie der letzte Narr.
Später am Morgen stand ich draußen vor einem Burger King in West Virginia, als sich die Stimme in meinem Kopf wieder vernehmen ließ und die Frage beantwortete, die ich vor neun Tagen gestellt hatte. Da ich immer noch etwas blutete, wenn auch nicht ständig, säuberte ich mich im Waschraum des Burger King. Ich gönnte mir ein Frühstück aus nahrungsähnlichen Zutaten weltweiter Provenienz und fuhr dann direkt nach Arizona. Dort machte ich ein Haus in Flagstaff ausfindig, was eine Weile dauerte, da ich zuvor nur einmal und auch noch betrunken dort gewesen war und seither die Adresse verloren hatte. Ich observierte das Haus vierundzwanzig Stunden lang sehr aufmerksam, dann nahm ich mein rechteckiges Plastikkärtchen, das sonst keinen Nutzen mehr für mich hatte, und verschaffte mir damit Einlass.
Und so wohnte ich fünf Tage lang in Bobby Nygards Haus.
Nachdem ich mich im ganzen Haus umgeschaut und festgestellt hatte, dass, sollten Einbrecher hier gewesen sein, sie sehr säuberlich vorgegangen waren und keinen Blick für eine mehrere zehntausend Dollar teure Computer- und Überwachungsanlage bewiesen hatten, ging ich zunächst einmal online. Das hatte ich schon seit einer Weile nicht mehr getan. Ich war mehr oder weniger überzeugt, dass jeder meiner Versuche, persönliche Daten abzufragen, nicht unbemerkt bliebe und sich als Folge davon Leute an meine Fersen heften würden. Bobby war unter anderem auch Experte für das Verwischen von Spuren im Internet gewesen. Ich wusste, wenn ich seine private Computeranlage benutzte, war ich sicher, wenigstens für eine Weile.
Mein erster Besuch galt Bankkonten. Ich musste feststellen, dass mein Bankkonto gelöscht und das Guthaben stiften gegangen war. Nicht gelöscht, aber leer war ein anderes Konto bei einer anderen Bank. Auf dieses Konto war das Vermögen meiner Eltern transferiert worden. Irgendjemand hatte es bis auf einen Cent geräumt.
Leicht schwindelig, loggte ich aus und lehnte mich zurück. Überrascht war ich eigentlich nicht, aber dennoch verbuchte ich das als sehr schlechte Nachricht. Dass nur ein Cent auf dem Konto stehen geblieben war, weckte in mir den Wunsch, den Betreffenden zu finden und windelweich zu schlagen. Ich ging in die Küche, nahm mir eine Untertasse als Ersatz für einen Aschenbecher und schaute auf die Straße hinaus. Und schon hörte ich Bobby wieder reden. Er hatte mir immer gepredigt, mit dem Rauchen aufzuhören, und in meinem Kopf hatte er offenbar diese Auffassung beibehalten. Ich rauchte die Zigarette trotzdem zu Ende. Ich freute mich, jemandes Stimme zu hören, selbst wenn sie mich nervte und selbst wenn es meine eigene war.
Ich blieb im Haus. Offenbar war ich hier sicher, und außerdem hatte ich das ständige Herumzigeunern satt. Ich ernährte mich von den Konserven in den Schränken, da brauchte ich nichts einkaufen zu gehen. Ich verbrachte viel Zeit mit dem Lesen von Bobbys Aufzeichnungen und Handbüchern; außerdem durchsuchte ich so taktvoll wie möglich das ganze Haus von oben bis unten. Ich fand eine Sammlung falscher Ausweispapiere und nahm sie an mich, da ich wusste, dass Bobby sie von einer vertrauenswürdigen Person erstanden hatte. Ich stieß auch auf knapp sechstausend Dollar Bargeld, die im Keller in einer Computerbox versteckt waren. Ich saß da, starrte auf das Geld und schämte mich, es gefunden zu haben, und mehr noch für das, was ich nun damit vorhatte. Bobbys Mutter lebte noch. Ich hatte sie vor einem Monat ausfindig gemacht, um ihr die Nachricht von Bobbys Tod zu bringen. Sie war betrunken gewesen und hatte Gegenstände nach mir geworfen. Mir war nicht klar, ob sie es wegen der Nachricht getan hatte – die beiden hatten sich nicht gut verstanden –, oder ob sie das immer tat, wenn sie betrunken war. Eigentlich hätte sie das Geld bekommen müssen, aber so würde es nicht laufen. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich um schmutziges Geld, und ich war mir ziemlich sicher, Bobby wäre einverstanden gewesen, dass ich es an mich nahm. Egal wie, so würde es kommen.
Ein paar Tage später verließ ich das Haus in
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