Engel für den Duke
„Ich kann sie nicht im Stich lassen, Lily. Ich muss mir das Geld leihen, damit das getan werden kann, und es irgendwann zurückzahlen.“
Sie zwang sich zum Sprechen. „Sobald du … verheiratet bist, hast du alles Geld, das du brauchst.“
Er schluckte. „Ich weiß. Ich … möchte nur, dass du es begreifst.“
Ihre Kehle war wie zugeschnürt. „Ich verstehe dich, Royal.“
Und es brach ihr beinahe das Herz.
Sie ließ sich wieder von ihm in die Arme ziehen, und er hielt sie nur fest. Sie klammerte sich an ihn und presste die Wange an seine Schulter, als die Türglocke wieder läutete. Lily zuckte zusammen, und Royal machte einen Schritt zurück, doch es war zu spät.
Wie erstarrt standen Jocelyn und Matilda Caulfield in der Tür, beide mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen.
„Nun, ich möchte sagen, dass das etwas unerwartet ist.“ Matilda zog die Brauen hoch.
„Bitte, lassen Sie mich erklären …“, begann Royal.
„Beleidigen Sie mich nicht noch, indem Sie mich belügen.“ Matilda sah Lily voller Verachtung an. „Ich hätte es wissen sollen. Einmal ein Dieb, immer ein Dieb.“
Royal richtete sich auf. „Das war nicht Lilys Schuld. Ich habe sie ausgenutzt. Die Schuld liegt allein bei mir. Lily ist in jeder Hinsicht vollkommen unschuldig.“
Das stimmte nicht. An allem, was geschehen war, trug sie die Schuld. Sie schämte sich. „Es tut mir leid, Jo. Ich wollte dein Vertrauen nicht missbrauchen.“
Jocelyn beachtete sie gar nicht. Wütend sah sie Royal an. „Ich werde nicht nehmen, was sie übrig gelassen hat. Ich werde keinen Mann heiraten, der mich nicht will.“
„Er ist ein Mann, Liebes“, sagte Matilda ausdruckslos. „Männer haben ihre Bedürfnisse. Deine Cousine stand einfach zur Verfügung, um diese Bedürfnisse zu erfüllen.“ Sie sah Royal an. „Diese Heirat wird stattfinden, genau, wie es geplant war. Was immer sich zwischen Ihnen beiden abgespielt hat, es ist in diesem Moment vorbei. Haben Sie das verstanden?“
Royal biss die Zähne zusammen. Lily spürte seinen Unmut und verstand, dass er vorhatte, die Hochzeit abzusagen.
„Der Duke hat sich nur amüsiert“, sagte sie, ehe er etwas sagen konnte, denn sie wusste, er würde seine Worte sofort bedauern. „Ich wollte nie, dass so etwas geschieht, und seine Hoheit wollte das ebenso wenig.“ Sie wandte sich an Jo. „Du bist die Frau, die er will, Jo. Das warst du immer.“
Jo warf einen Blick zu Royal, schien aber beschwichtigt. Er ist nur ein Mann, sagte ihre Miene, und leicht zu verführen. Sie hatte Lily nie für eine Konkurrentin gehalten, und das tat sie jetzt auch nicht.
„Von diesem Tage an verlange ich Ihre volle Aufmerksamkeit“, sagte sie. „Heute fangen wir an mit einem Besuch in der Oper. Ich würde sehr gern in der Loge der Bransfords sitzen.“
„Und Sie, junge Frau“, sagte Matilda zu Lily. „Es ist höchste Zeit, dass Sie unser Haus verlassen. Ich glaube, Sie erwähnten, dass über dem Laden eine Wohnung ist.“
Lily nickte nur. „Ich werde morgen fort sein.“
„Nur zu“, sagte Jo, aber Lily glaubte etwas wie Bedauern in ihrem Tonfall zu hören. Jo war von Lily abhängig, denn die war ihre engste Vertraute. Auch Lily spürte den Verlust. Sie waren einmal Freundinnen gewesen, eine Beziehung, die sie jetzt zerstört hatte.
„Dann sind wir uns alle einig“, sagte Matilda entschieden. „Das hier bleibt unter uns.“ Sie sah Royal kühl an. „Mr Caulfield gegenüber werde ich diese abscheuliche Angelegenheit nicht erwähnen, und Ihre Verlobung mit meiner Tochter bleibt bestehen. Wie wir es geplant haben, wird sie auf dem Ball am Samstag verkündet werden.“
Royal straffte die Schultern. Er sah Lily nicht an, sondern verneigte sich vor Jo. „Ich bitte um Verzeihung, Jocelyn. Ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen, und das wird auch nicht mehr vorkommen.“
„Was immer Sie nach unserer Heirat tun wollen, ich erwarte, dass es mit Diskretion geschieht.“
Royal nickte kurz.
Ohne ein weiteres Wort gingen alle drei aus dem Laden. Lily sah zu, wie Royal die Damen zu ihrer Kutsche begleitete und dann in seine einstieg.
Als die Gefährte davonfuhren, strömten ihr die Tränen über die Wangen. Ihr Herz war gebrochen.
„Was heißt das, er ist indisponiert?“, fragte Sherry Royals Butler. Er stand zusammen mit Dillon St. Michaels auf den Stufen vor der Haustür des Stadthauses der Bransfords. „Was ist mit ihm?“
„Seine Hoheit – nun, er ist heute nicht er selbst. Es
Weitere Kostenlose Bücher