Engel für den Duke
nach Atem, hustete, aber sein Griff um Royals Hand lockerte sich nicht. „Nach einer angemessenen … Trauerzeit wirst … wirst du Jocelyn Caulfield heiraten. Mit ihrem Vermögen und … deinen Fähigkeiten … kannst du das Haus wiederaufbauen … und unseren Ländereien wieder … den früheren Glanz verleihen.“
Der Griff des Duke wurde noch fester. Es erstaunte Royal, dass sein Vater noch so viel Kraft besaß. Und er verstand, dass der nicht fantasierte. Tatsächlich wusste er sehr genau, was er da sagte. „Versprich mir, dass du das tun wirst. Sag, dass du das Mädchen heiraten wirst.“
Royals Herz schlug schneller. Er war seinem Vater verpflichtet, doch tief in seinem Innern lehnte sich etwas auf, wollte er sich weigern, rebellieren gegen ein Leben, das ihm aufgezwungen wurde. Obwohl er dazu erzogen worden war, die Pflichten und Aufgaben eines Dukes zu übernehmen, hatte er nicht damit gerechnet, das so schnell schon tun zu müssen.
Seine Gedanken eilten zurück. Mit zweiundzwanzig war er in die Karibik gereist, ins Abenteuer. Er hatte die Leitung der Familienplantage dort übernommen. Als er sich dieser Aufgabe stellte, war der weitläufige Besitz nicht viel wert gewesen. In vielen Stunden harter Arbeit hatte er etwas geschaffen, auf das er stolz sein konnte. Durch ihn war die Plantage so erfolgreich geworden, wie sie heute war.
Er hatte gewusst, dass er eines Tages nach Hause zurückgerufen werden würde. Er hatte gewusst, dass auf ihn eine Verantwortung wartete, wie er sie bisher noch niemals hatte wahrnehmen müssen.
Aber er hatte nicht erwartet, dass sein Vater so bald schon sterben würde.
Oder dass er einen Titel und Grundbesitz erbte, die vollkommen wertlos waren.
Der Griff seines Vaters lockerte sich, seine Kraft schien nachzulassen. Sein Mundwinkel verzog sich, so wie zuvor. „Versprich mir …“
Royal schluckte. Sein Vater lag im Sterben. Wie konnte er ihm diesen letzten Wunsch verweigern?
„Bitte …“, flüsterte der Duke.
„Ich werde sie heiraten, Vater. Wie du es wünschst. Du hast mein Wort darauf.“
Der Duke nickte schwach. Dann stieß er leise den Atem aus und schloss die Augen. Einen Moment lang fürchtete Royal, er wäre tot, doch ganz leicht bewegte sich seine Brust, und Royal spürte einen Anflug von Erleichterung. Er ließ die kalte Hand seines Vaters los, schob sie unter die Decke und erhob sich vom Stuhl. Er fachte das Feuer noch etwas an, dann ging er aus dem Zimmer.
Als er hinaustrat, traf er auf Rule, der vor der Tür auf und ab ging. Royal schloss leise die Tür hinter sich, und der Bruder blieb stehen.
„Ist er …?“
„Alles ist so wie zuvor.“ Royal holte tief Luft. „Er hat eine Ehe arrangiert. Die Frau bringt eine enorme Mitgift, genug, um das Land und den Besitz wiederaufzubauen. Ich habe mich mit der Verbindung einverstanden erklärt.“
Rule runzelte die Stirn und zog die Brauen zusammen. „Bist du sicher, dass du das willst?“
Royal zeigte die Andeutung eines Lächelns. „Ich bin mir überhaupt nicht sicher, mein Bruder, nur, dass ich ein Versprechen gegeben habe, das ich halten muss.“
Das Begräbnis des Duke of Bransford fand an einem windigen und kalten Januarmorgen statt. Tatsächlich hatten die Feierlichkeiten bereits vor einigen Tagen begonnen, mit einem längeren Trauergottesdienst, den der Erzbischof in der Westminster Abbey gehalten und an dem viele Aristokraten teilgenommen hatten.
Danach war der Sarg in einer extravaganten schwarzen Kutsche, gezogen von vier schwarzen Pferden, nach Bransford transportiert worden, wo der Sarg nach einer feierlichen Grabrede in die Familiengruft neben der Dorfkirche gebracht werden sollte.
Zahlreiche Familienmitglieder waren anwesend, darunter die Tante des Dukes, Agatha Edgewood, Dowager Countess of Tavistock sowie eine Reihe weiterer Tanten und Cousins, von denen Royal einige gar nicht kannte. Manche waren gekommen in der Hoffnung, vielleicht im Letzten Willen des Dukes bedacht worden zu sein. Auf diese wenigen wartete eine Überraschung, denn es war kaum Geld übrig.
Royal starrte auf den schimmernden Sarg, der die sterblichen Überreste seines Vaters enthielt, und er spürte einen Kloß in der Kehle. Er hätte früher nach Hause zurückkehren, mehr Zeit mit seinem Vater verbringen sollen. Er hätte ihm helfen sollen, seine komplizierten Angelegenheiten zu regeln. Hätte er das getan, wäre der Besitz vielleicht nicht ruiniert gewesen. Vielleicht hätten die Sorgen seinen Vater dann nicht
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