Engel für den Duke
nach dem anderen, und plötzlich stockte ihr Atem. Hochgewachsen und goldblond, war der Duke unmöglich zu übersehen in seiner schwarzen Abendgarderobe. Er plauderte mit seiner Tante, hatte den Kopf der älteren Frau zugeneigt, während er zuhörte, was sie sagte, aber über ihre schmale Schulter hinweg war sein Blick auf Lily fixiert.
Ihr Herz schlug schneller, und das Blut rauschte ihr in den Ohren. Einen Moment lang konnte sie nicht wegsehen. Aber wenn ihr Plan Erfolg haben sollte, musste sie sich auf ihre Rolle konzentrieren, den Duke of Bransford vergessen und ganz zu Madam Tsaya werden.
Lily zauberte ein lange geübtes, geheimnisvolles Lächeln auf ihr Gesicht und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Lady Nightingale zu, die sie durch das Zimmer führte. Neben Lord Wellesley blieb die Countess stehen. „Ich glaube, Mylord, Sie haben unseren Gast bereits kennengelernt.“
„Oh ja“, sagte der Viscount. „Tatsächlich hat Madam Tsaya vorausgesagt, ich würde eine Wette gegen Lord Nightingale gewinnen, und das war tatsächlich der Fall.“
Zwei oder drei Leute drehten sich bei seinen Worten um, um die Wahrsagerin genauer betrachten zu können. Lady Nightingale ging weiter und führte Lily durch die Menge. „Mr Savage – ich glaube, auch Sie kennen Madam Tsaya bereits.“
Er lächelte teuflisch, nahm ihre Hand, beugte sich darüber und küsste sie. „In der Tat.“ Sie trug keine Handschuhe, und sie spürte seinen warmen Atem auf ihrer Haut. Er war ein sehr gut aussehender Mann, dunkel und geheimnisumwittert, das glatte Gegenteil von Royal.
„Die Lady hat vorausgesagt, dass mein Hengst Black Star ein Rennen gewinnen würde“, sagte er. „Ich habe viel Geld gewettet, und ich habe gewonnen – wie sie es prophezeit hat.“
„Erstaunlich“, meinte die Countess.
Lily lächelte nur. Aus dem Augenwinkel sah sie Royal, der die Lippen zusammenpresste während ihres Gesprächs mit Savage. Jocelyn war nirgends zu sehen. Sie war in einer Suite im Parkland Hotel, wo sie auf ihren Liebhaber wartete.
Lily konnte es noch immer kaum glauben. Nicht nur, dass die Verlobung ihrer Cousine bald verkündet wurde, sie war außerdem noch Jungfrau. Aber Jocelyn war schon immer eigensinnig und verwöhnt gewesen, und Royals Unaufmerksamkeit hatte ihren Stolz verletzt.
Die Countess geleitete Lily zu dem großen Mann mit den harten Zügen, den sie vorhin schon gesehen hatte.
„Madam, darf ich Ihnen den Viscount March vorstellen?“
„Wie geht es Ihnen, Mylord?“
March neigte ein wenig den Kopf und strich sich eine dunkelbraune Haarsträhne aus dem Gesicht. „Es ist mir ein Vergnügen, Madam.“
Lily betrachtete ihn eine Weile, ließ den Blick über seine dunklen Augen und sein Gesicht gleiten. „Später im Club werden Sie Karten spielen“, sagte sie, als wäre das eine Feststellung und keine Frage.
„Ja, ich hatte vor, auf dem Heimweg dort anzuhalten.“
„Wenn Sie heute Nacht spielen“, sagte sie, „werden Sie gewinnen.“
Er lachte, als erschien ihm diese Voraussage lustig, glaubte aber nicht daran. „Ich werde versuchen, daran zu denken.“
Bei der nächsten Gelegenheit würde March von seinem Glück berichten – ob er nun tatsächlich zum Spielen in den Club gegangen war oder nicht. Irgendwann würde ein Zeitpunkt kommen, an dem sie darauf achten müssten, dass jede Voraussage auch bestätigt wurde, aber noch war es nicht so weit.
Der Abend schritt voran, und Lily fand sich immer besser in ihre Rolle ein. Die Countess stellte sie vor, dann ließ sie sie bei einer Gruppe junger Männer zurück, die sofort fasziniert waren von der exotischen Frau, die sie zu sein vorgab. Die Beschreibung, die sie von Preston Loomis hatte, passte auf einen Mann, der ein paar Schritte von ihr entfernt stand. Er war in den frühen Sechzigern, groß gewachsen und weißhaarig, und er erinnerte sie an Charles Sinclair, denn er besaß dasselbe Charisma. Aber Loomis hatte blaue und nicht braune Augen, und er trug einen silbergrauen Schnurrbart.
Sie machte keine Anstalten, sich ihm zu nähern, sondern hielt ihre Aufmerksamkeit auf die jungen Männer gerichtet, lächelte und lachte, als wäre alles, was diese sagten, faszinierend. Sie senkte den Blick und achtete auf ihr geheimnisvolles Lächeln.
„Also, Madam Tsaya, darf ich fragen, ob Sie verheiratet sind?“ Das kam vom Sohn eines Viscounts, der ihr als Mr Emmet Burrows vorgestellt worden war. „Oder gibt es noch Hoffnung für uns verliebte Narren?“
Sie bemühte
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