Engel für den Duke
recht hatte. Selbst aus der Ferne sah Lily, wie Royal die Lippen zusammenpresste. Jocelyn lächelte nur. Es gefiel ihr, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, mit all den Wetten, die darüber abgeschlossen wurden, ob sie wohl die nächste Duchess of Bransford werden würde oder nicht. Sie warf ihrer Erzrivalin Serafina Maitlin, die die Stirn runzelte, einen triumphierenden Blick zu.
„Na, wenn das nichts ist!“, sagte Lady Annabelle zu der aufgeregten Menge. „Da haben wir schon eine Vorhersage. Vielleicht, wenn wir Glück haben, werden auch die anderen glückliche Neuigkeiten hören.“ Sie streckte den Arm aus, nahm Lilys Hand und führte sie von der Bühne. Das Orchester begann wieder zu spielen, aber das Gemurmel im Ballsaal ging weiter.
„Das haben Sie sehr gut gemacht“, flüsterte Lady Annabelle.
„Ich bin nicht sicher, ob seine Hoheit das auch so sieht.“
Annabelle lachte. „Wenn es Royal peinlich ist, diese Dame zu heiraten, dann sollte er eine andere wählen.“
Lily antwortete nicht, aber sie entschied, Lord Marchs Schwester zu mögen.
Während sie neben ihrer Gastgeberin herging, begann Lily ihre Runde durch den Ballsaal und hörte in beinahe jeder Ecke ihren Namen. Royals Freunde hatten ihre Arbeit getan. Die Leute sprachen über Savages Gewinn beim Pferderennen, Marchs Sieg beim Kartenspiel bei White’s und die Wette, die Lord Wellesley gewonnen hatte.
Aus dem Augenwinkel sah sie Preston Loomis im Gespräch mit Lord Nightingale und ahnte, dass der Earl ihm erzählte, wie er die Aktien gekauft hatte, die Tsaya vorgeschlagen hatte, und dass sich die Investition tatsächlich gelohnt hatte.
„Wie macht sie es?“, fragte Loomis, der so nahe bei ihr stand, dass sie ihn hören konnte.
„Ich bin nicht ganz sicher.“ Nightingale drehte sich um und winkte ihr, damit sie zu dem Gespräch dazu kam. „Warum fragen Sie sie nicht selbst?“
Loomis zog eine Braue hoch. „Das werde ich tun“, stimmte er zu und strich sich über den Schnurrbart. „Würden Sie, meine Liebe, uns sagen, woher Sie diese Dinge wissen?“
Lily lächelte. „Ich habe viel von der Schwester meiner Großmutter gelernt, das war Madam Medela. Sie hatte ebenfalls die Gabe. Leider ist sie vor einigen Jahren gestorben. Aber anders als meine Großtante Medi – so habe ich sie genannt – sehe ich die Dinge in den Sternen.“
Loomis starrte sie an. „Sie sind verwandt mit Madam Medela?“
„Wie ich schon sagte – sie war die Schwester meiner Großmutter. Sie haben von ihr gehört?“
„Sie war eine Freundin meiner Mutter.“
Lily nickte, als überraschte sie das nicht. „Meine Tante hat vielen Menschen geholfen.“ Sie sah ihn an und musterte sein Gesicht. „Wenn Sie heute Nacht mit Lord Nightingale Karten spielen, werden Sie gewinnen.“
Das war natürlich von langer Hand geplant. Gerade in diesem Augenblick bereiteten Royals Freunde ein Spiel in einem privaten Salon vor – und gingen davon aus, dass Nightingale Loomis überreden würde, mitzuspielen.
Der Earl zog eine Braue hoch. „Wollen Sie die Lady überprüfen? Ich wollte gerade ein Spiel beginnen.“
Loomis sah sie an, aber Lily hatte sich bereits abgewandt. Sie hatte ihren Teil geleistet. Den Rest mussten die Männer übernehmen.
Sie war gerade auf den Gang hinausgetreten, als sich ihr ein Mann in den Weg stellte. Sie hatte ihn schon bemerkt, als er vor ein paar Minuten den Ballsaal betreten hatte. Er war jung, nicht älter als dreiundzwanzig und sehr gut aussehend, mit welligem, dunklem Haar und strahlend blauen Augen. Wenn er einen Raum betrat, dann sanken die Damen ihm zu Füßen, davon war sie überzeugt.
Sein Lächeln war so strahlend wie seine Augen. „Na sieh mal an – ich glaube, ich habe jetzt schon Glück, einer so schönen Frau zu begegnen.“ Er verneigte sich tief. „Rule Dewar, zu Ihren Diensten, Madam.“
Rule Dewar. Sie wusste, dass Royal zwei Brüder hatte, aber sie hatte sie nie kennengelernt. Das war vermutlich der Jüngste. Und auf seine Weise war er genauso gut aussehend wie sein älterer Bruder.
„Ich bin Madam Tsaya“, sagte sie und fragte sich, ob Royal wohl wusste, dass sein Bruder hier war, und ob er ihm von der Scharade erzählt hatte. Nach der Art und Weise, wie er sie mit Blicken geradezu verschlang, glaubte sie das eher nicht. Dem jüngeren Dewar gefiel die exotische Madam Tsaya offensichtlich.
„Ich weiß, wer sie sind“, sagte er. „Auch wenn Sie viel zu jung sind, um auf diese Weise angesprochen
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