Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin
Seine Worte sind mir von da an ständig in Erinnerung geblieben: Ich darf nie wieder darum bitten.
Plötzlich setzte Joes Körper sich auf. Er öffnete den Mund und es war, als werde das Leben in den Menschenkörper zurückgesogen. Als Joes Seele in den Körper zurückkehrte, leuchtete die Lebenskraft unglaublich stark. Erst da bemerkte ich, dass es Joes Schutzengel gewesen war, der ihn aufgerichtet hatte. Joe drehte sich zu mir und sagte im Flüsterton: »Ich glaube, ich war schon auf dem Weg in den Himmel.« Dann schien er das Bewusstsein zu verlieren.
Und auch erst dann drangen Geräusche aus dem Hausflur an mein Ohr: Ruth und unser Nachbar stürmten
durch die Eingangstür und zugleich riefen Christopher und Owen: »Was ist los?«, während sie die Zufahrt heraufrannten.
Als die Ambulanz eintraf, bedurfte es einiger Überzeugungskraft, um Joe dazu zu bringen, sich ins Krankenhaus fahren zu lassen. Endlich gab er nach und ich folgte mit einem Nachbarn in dessen Auto. Einige Stunden später kam ein Arzt aus Joes Zimmer und teilte mir mit, dass Joe ein Riesenglück gehabt habe – denn bei seinem Eintreffen im Krankenhaus habe er im Koma gelegen. »Joe muss jemanden haben, der über ihn wacht«, meinte der Arzt. Ich lächelte, denn ich wusste ja, wer dieser »Jemand« war – Joes Schutzengel – und dass Gott ein Wunder gewirkt und Joe sein Leben zurückgegeben hatte.
Joe blieb zwei Wochen im Krankenhaus und ich dankte Gott unablässig für dieses Wunder, dafür, dass er mir Joe für eine Weile wiedergeschenkt hatte. Wie viel Zeit uns miteinander bleiben würde, wusste ich nicht: ob Wochen, Monate oder vielleicht sogar noch ein paar Jahre. Ich hoffte natürlich von ganzem Herzen, es würden Jahre sein … Doch eines war mir vollkommen klar: Wenn die Zeit diesmal um war, durfte ich Gott nicht wieder bitten, meinen Mann noch länger am Leben zu lassen.
Joe war mir zwar zurückgegeben, aber gesundheitlich hat er sich nie wieder erholt. Er war die meiste Zeit bettlägerig und auf Dauer arbeitsunfähig. Es waren harte Zeiten für uns, wobei die Kinder alles taten, um zu helfen. Sie nahmen schon als Zwölfjährige ihre ersten Nebenjobs an und gaben einen Teil ihres Lohnes bei mir ab. Doch gleich, wie schwierig die Umstände auch sein mochten, Joe und ich haben immer größten Wert darauf gelegt, dass unsere Kinder die Schule zu Ende bringen und eine gute Ausbildung erhalten. Ich selbst bin das Gefühl nie losgeworden, um etwas gebracht worden zu sein, als meine Eltern mich mit 14 Jahren von der Schule nahmen.
Mir fiel auf, wie verrostet unser Gartentor war, und dass es dringend einen neuen Anstrich vertragen konnte. Eines Morgens, die Luft war frisch und kalt, hatte ich ein bisschen Zeit übrig und fand im Schuppen tatsächlich einen alten Malerpinsel, den ich nur auszuwaschen brauchte, und eine halbvolle Dose mit schwarzer Farbe. Dann machte ich mich an die Arbeit. Während ich so vor mich hin werkelte, kam ein Junge auf dem Fahrrad vorbei, hielt an und begrüßte mich. Es war Paul, einer von Christophers Schulfreunden. Sie waren beide ungefähr im selben Alter, so um die 14 Jahre. »Weshalb bist du nicht in der Schule?«, wollte ich von ihm wissen.
Er entgegnete, er sei krank gemeldet. Es ging ihm aber gut genug, um mir die Hand zu geben und mir seine Hilfe anzubieten. Ich reichte ihm ein altes Messer und er fing an, die blättrige Farbe vom Tor abzukratzen. Dabei erzählte er ununterbrochen Geschichten aus der Schule und vom Angeln, riss zwischendurch Witze und lachte viel. Nach etlicher Zeit hatte ich für diesen Tag genug, dankte Paul und verabschiedete mich. Er hob sein Fahrrad auf, schwang sich darauf und fuhr die Straße hinunter. Ich behielt ihn dabei im Auge und sah, dass er von vier Engeln umringt war.
Sie schienen neben, vor und hinter ihm zu rennen – als wollten sie dadurch verhindern, dass er vom Rad fiel. »Was macht ihr Engel denn da?«, erkundigte ich mich. Denn ich konnte keinen Grund entdecken, weshalb Paul hätte stürzen sollen, auf mich wirkte er vielmehr wie ein ausgezeichneter Radfahrer. Seinen Schutzengel konnte ich nicht entdecken. Eigentlich fand ich Pauls Besuch bei mir auch ein bisschen merkwürdig, denn so etwas hatte er vorher noch nie getan.
Während der folgenden drei Tage dachte ich aber nicht weiter darüber nach. Dann machte ich an unserem Tor weiter, bis ich jemanden kommen hörte. Ich legte den Pinsel weg und lief hinaus auf die Straße, um nachzuschauen, und da kam Paul
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