Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin
auf mich zu, er schob sein
Rad. Hinter ihm erschien sein Schutzengel. Ich wusste sofort, dass etwas nicht in Ordnung war, denn obwohl Paul gesund und stark schien, leuchtete die Lebensenergie um ihn herum nicht. Stattdessen war sie gleichsam heruntergedreht und ließ sein Lebenslicht trübe wirken. Was ich auch nicht verstehen konnte, war, weshalb er den Kopf hängen ließ.
Ich rief: »Paul!«, und er schaute auf, lächelte mich über das ganze Gesicht hinweg an und rannte mitsamt seinem Fahrrad auf mich zu. Er ließ es auf den Boden fallen und fragte, ob er mir zur Hand gehen könne. »Ja«, antwortete ich lachend, »du bist heute bloß ein bisschen spät dran!«
Dann ließ ich den Jungen einen Moment lang am Tor stehen und lief durch den Garten zum Schuppen, um einen zweiten Pinsel für ihn zu suchen. Hinter dem Haus angekommen, fragte ich meine Engel: »Was ist los?« Zwar ließ sich keiner von ihnen blicken, dafür aber sprachen viele Engel gleichzeitig und einstimmig: »Alles, was du tun musst, Lorna, ist Zeit mit Paul verbringen. Hör ihm einfach zu.«
»Kein Problem«, gab ich zurück, »hoffentlich finde ich noch einen Pinsel für ihn.«
Und tatsächlich trieb ich einen zweiten Pinsel auf. Als ich wieder ums Haus herum nach vorne lief, sah mir Paul schon erwartungsvoll entgegen. Jetzt plötzlich leuchtete seine Lebensenergie wieder, sie strahlte hell, und ich begriff nicht, wie und warum sich das innerhalb einiger weniger Minuten hatte so drastisch verändern können. Aber ich merkte, dass er glücklich war und das stimmte mich froh. Dann strichen wir gemeinsam das Tor, während Paul unentwegt erzählte, herumwitzelte und lachte. Er erwähnte, dass er in der übernächsten Woche Geburtstag haben würde.
Als es Zeit für ihn wurde, schwang Paul sich wieder aufs Rad und ich schaute zu, wie er davonfuhr – und wieder sah ich die vier Engel mitrennen. Der Anblick war so
köstlich, dass ich in mich hineinlächelte: Die vier Engel trugen lange, lose fallende Gewänder, sie bewegten sich mit großer Eleganz und schienen über den Boden zu gleiten wie mit heißer Luft gefüllte Seifenblasen. Ihre Farbe war ein matter Bernsteinton und sie hatten ein mildes Leuchten an sich, ein wenig wie Sonnenstrahlen auf einer Wasserfläche. Sie anzusehen, tat meinen Augen wohl. Nachdem ich Paul und seine Engel aus dem Blickfeld verloren hatte, ging ich zurück durchs Tor und nach hinten zu den Schuppen. Dort versuchte ich Kontakt zu meinen Engeln aufzunehmen, weil ich von ihnen mehr über den Jungen wissen wollte, doch ich erhielt keine Antwort.
Paul ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Am nächsten Tag wanderte ich ganz für mich alleine die Landstraße entlang, entfernte mich aber nicht allzu weit von unserem Häuschen. Bei einem Weidetor machte ich halt und rief nach meinen Engeln. Zunächst hatte ich den Eindruck, sie würden nicht reagieren, weshalb ich mich umwandte und weiter die Straße entlanglaufen wollte. Plötzlich jedoch erschien Engel Elija und sagte: »Wo willst du denn hin, Lorna? Komm zurück hierher.«
»Das wird aber auch Zeit«, meinte ich, »wo habt ihr Engel denn gesteckt?«
»Wir waren die ganze Zeit in deiner Nähe, Lorna«, entgegnete Elija.
»Engel Elija, ich mache mir Sorgen um einen Jungen namens Paul. Ich weiß, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung ist.«
»Alles, was du zu tun hast, Lorna, ist Paul deine Aufmerksamkeit zu schenken«, sagte Elija.
»Elija, ich habe Angst um ihn!«, erklärte ich dem Engel. »Warum empfinde ich bloß so? Er ist ein großartiger Junge.«
»In bestimmten Fällen bekommen wir Engel die Aufgabe zu versuchen, die Zukunft eines bestimmten Menschen oder einer Gruppe – falls irgendwie möglich – zu
verändern. Und das ist es auch, was wir für dieses Kind tun wollen. Wir flüstern zwar vielen Menschen unsere Bitte, in diesem Geschehen einen Part zu übernehmen, ins Ohr; aber nur wenige hören auf uns und möglicherweise sind es zu wenige. Im Moment bist du der Rettungsanker für Paul, du bist einer der Gründe, weshalb er noch hier auf der Erde ist. Denn du, Lorna, hörst uns immer zu. So, und jetzt geh nach Hause und arbeite weiter an eurem Gartentor. Wir werden Paul bei dir vorbeischicken, damit er sich mit dir unterhalten, mit dir lachen und fröhlich sein kann.«
»Kannst du mir denn nichts Näheres sagen, Elija?«, bat ich.
»Nein, Lorna, das geht nicht, denn du allein kannst Pauls Zukunft nicht ändern. Da müssen auch noch andere Menschen
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