Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin
sind es Mam und Paps, die aus irgendeinem Grund zu uns herübergekommen sind.«
»Die müssen den Verstand verloren haben – in einer solchen Nacht draußen herumzufahren!«, entgegnete Joe.
Joe war von einer ganzen Engelsschar umgeben, doch er bemerkte das – natürlich! – nicht. Plötzlich wurde mir klar, was vor sich ging, und ich lachte hell auf. Und Joe wollte wissen: »Weshalb lachst du?«
»Da draußen an der Tür ist niemand«, gab ich ihm zur Antwort, »aber ich weiß, wer da war.«
»Und wer?«, fragte Joe.
»Es war unser Baby, es hat uns auf Wiedersehen gesagt«, erklärte ich ihm. »Der Kleine wollte dir mit einem hörbaren Zeichen helfen, zum Glauben zu finden, deshalb das Klopfen.«
»Hör auf damit! Und erzähl nicht solchen Unsinn!«, wehrte Joe ab.
»Na, dann geh doch raus und sieh nach, ob du Fußstapfen im Schnee findest!«
Auf Joes Gesichtsausdruck hin musste ich noch mal lachen. Das Zimmer war nun voller Engel. Ich weiß, sie hatten die Seele meines Kindes hierher zurückgebracht, damit sie ans Fenster klopfen konnte und nun war sie im Geleit anderer Engel wieder auf dem Rückweg in den Himmel.
Ich selbst brauchte kein sicht- oder hörbares Zeichen unseres kleinen Sohnes – er hatte das für seinen Vater getan, damit dieser glauben lernte.
Als Joe die Vordertür öffnete, lag der Schnee etwa 30 Zentimeter hoch davor und kippte um auf die Matte im Eingang, dazu kam auch noch ein Schwall eiskalter Luft mit herein. Joe sah sich draußen um und wollte es nicht wahrhaben: Es waren keinerlei Fußspuren im Schnee zu finden – weder von Tieren, von Vögeln oder sonstigen Lebewesen. Er trat hinaus in den Schnee. Sein Gesicht wurde ganz blass, er konnte es einfach nicht glauben. Er sah mich an und meinte kopfschüttelnd: »Du lieber Himmel, das ist jetzt aber wirklich zu viel!«
Endlich kam er wieder herein und schloss die Eingangstür. Ich sagte leise: »Beunruhige dich nicht, setz dich her ans Feuer und wärm dich auf. Das war wirklich unser Baby, unser Sohn, der sich von uns verabschiedet hat. Nun ist er fort, zusammen mit allen Engeln auf dem Weg in den Himmel, wo er hingehört. Jetzt kannst du ihn loslassen.«
Joe saß am Kamin und weinte; dann hielten wir einander in den Armen und weinten beide. Und zugleich war ein großer Friede in uns.
»War es nicht wundervoll, dass unser Baby das für uns getan hat?«, fragte ich Joe. »Dass die Engel das erlaubt haben, um uns wissen zu lassen, es geht unserem kleinen Sohn gut, es ist alles in Ordnung mit ihm. Damit hat uns unser Kind dafür gedankt, dass wir seine Eltern sind.«
Mein Vater hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, aufs Geratewohl ohne Vorankündigung bei uns hereinzuschneien, und das meistens am Abend. Und ich freute mich jedes Mal sehr. Eines solchen Tages arbeitete ich gerade im Garten – wir bauten inzwischen das meiste Obst und Gemüse selbst an –, jätete Unkraut und hackte die Erde zwischen den Kartoffelreihen auf, mit tatkräftiger Unterstützung von Christopher – obwohl gerade erst fünf Jahre alt, bestand er immer darauf mitzuhelfen.
Als ich meines Vaters Auto vorne am Tor hörte, drehte ich mich herum. Die beiden Jungen schrien laut: »Opa, Opa!« Christopher rannte voraus, mitten durch die Kartoffelreihen, und wollte seinem Großvater das Gartentor öffnen. Owen wackelte hinterher. Das Tor war mit einem Strick gesichert, deshalb nahm ich Owen auf den Arm und half Christopher, den Strick zu lösen. Das Tor schwang auf und Owen wand sich in meinem Arm, weil er dringend wieder herunterwollte. Christopher begrüßte seinen Opa, als der aus dem Wagen stieg. Er trug seine Anglersachen und dazu seinen Lieblingshut, ein mit farbenprächtigen Köderfliegen bestecktes Tweedgebilde.
Er besaß ihn schon seit vielen Jahren, setzte ihn bei jeder passenden Gelegenheit auf und pflegte ihn mit liebevoller Sorgfalt.
Paps begrüßte seine Enkel wie immer mit einem Kopftätscheln, was mich gelegentlich zu der Bemerkung veranlasste:
»Paps, das sind doch keine Hunde, denen man den Kopf tätschelt!«, woraufhin er mich jedes Mal auslachte.
»Der Garten sieht großartig aus«, meinte mein Vater, als Christopher ihn an der Hand Richtung Kartoffelacker zog.
»Wenn die Kinder dir all unser selbst angebautes Gemüse gezeigt haben, dann komm rein, bis dahin ist auch der Tee fertig.«
Owen war damals etwa drei und als Erster zurück in der Küche, er kam stolpernd und purzelnd an. Da er ja einen guten Monat zu früh auf die Welt
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