Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin
schmale, überwucherte Landsträßchen entlang bis zu einer Baumgruppe; es war ein verwildertes
Stückchen Erde, wo es den Kindern sehr gut gefiel.
Später spazierten Mam und ich mit den Kindern hinunter zum See, wir genossen unseren letzten Ferientag nach Kräften. Auf dem Weg unterhielten wir uns mit Leuten, die uns dort begegneten: Manche waren Urlauber wie wir, andere Ortsansässige, mit denen Mam Bekanntschaft geschlossen hatte. Unten am Seeufer hatten sich schon etliche Familien eingefunden. Ich spielte mit meinen Söhnen im Wasser. Sie liebten es, Steine aufzusammeln und dann ins Wasser zu werfen. Dabei beobachteten sie vergnügt den »Plumps« und genossen es, die dadurch entstehenden sanften Wellen um ihre Beine zu spüren. Bei unserem Aufbruch gab es Tränen.
Kurz nach uns trafen Paps und Joe zu Hause ein – und hatten eine Forelle gefangen. Paps zog den Fisch aus seiner Angeltasche und zeigte den Kindern, wie man ihm fachmännisch Kopf und Schwanz abtrennt und ihn dann ausnimmt. »Igitt«, machten meine beiden Söhne, »igittigitt! «
»Das ist doch ganz einfach«, meinte ich, »ich hab schon als kleines Mädchen gelernt, wie man Fische ausnimmt und dann zubereitet. Es ist wirklich prima zu wissen, wie das geht, vor allem, wenn man die Fische dann über einem Lagerfeuer grillen kann.«
Kaum waren die Worte aus meinem Mund, da wollte Christopher sofort ein Lagerfeuer haben, um die Forelle darüber zu grillen. Leider mussten wir ihn enttäuschen, weil wir noch am selben Abend nach Maynooth zurückfahren wollten. Aber wir ließen uns die ausgezeichnete Forelle noch schmecken, nur eben in der Küche und gedünstet. Nach unserem Abendtee mussten wir aufräumen und unsere Siebensachen ins Auto packen. Wir erreichten Maynooth – meine Eltern fuhren weiter, heim nach Leixlip – und unsere Ferien waren vorüber.
Wir waren ständig knapp mit Geld, daher fragte ich Gott immer wieder: »Wie in aller Welt sollen wir bloß überleben? « Doch irgendwie schafften wir es. Ich wirtschaftete äußerst sparsam, drehte jeden Penny drei Mal um und zog Gemüse im Garten, um besser über die Runden zu kommen. Von neuer Kleidung für Joe und mich war natürlich nie die Rede. Ab und zu brachte mir meine Mutter eine Tasche voll gebrauchter Sachen, keine Ahnung, woher sie stammten, aber sie passten und standen mir nie, waren immer zu weit und ich sah darin aus wie meine eigene Großmutter. Gelegentlich fand sich darunter auch einmal ein Pullover oder eine Hose für Joe, die wenigstens passte. Dann lachten wir beide: »Man kann es sich halt nicht immer aussuchen!«
Oftmals bot mein Verlobungsring die Rettung. Pfandleihen waren ein Segen für uns, und nicht nur für uns, viele Familien in Irland waren damals darauf angewiesen, Dinge zu versetzen, deshalb stand man vor den Leihhäusern auch fast immer Schlange. Ich kann mich noch an Gelegenheiten erinnern, bei denen wir ins Leihhaus gingen und mit etwas Geld in der Hand und dem Gefühl, Millionäre zu sein, wieder herauskamen …Wenn es bei uns nicht einmal mehr für Brot und Butter reichte, fuhr Joe, meinen Verlobungsring in der Tasche, per Autostopp in die Dubliner Innenstadt ins Pfandleihhaus. Dort erhielt er dafür etwa zehn Irische Pfund und wir mussten längere Zeit sparen, um ihn wieder auslösen zu können. So wurde der Ring immer wieder zu unserem Lebensretter!
Dann bekam Joe ein Fahrrad, von einem Nachbarn, einem alten Mann aus unserer Straße, der Joe gebeten hatte, ihm beim Aufräumen in Haus und Garten behilflich zu sein, und ihm aus Dankbarkeit sein altes Fahrrad schenkte – dabei hatte es sich nur um ein bisschen Saubermachen und ein paar kleine Reparaturen gehandelt. Ich dankte Gott und den Engeln für diese Gabe und dem alten Mann dafür, dass er auf seine Engel gehört hatte.
Von da an konnte Joe wenigstens auf einem Drahtesel in die Teppichfabrik fahren.
Doch trotz unserer ständigen Finanzmisere waren diese Jahre damals wundervoll: Herrliche Zeiten, in denen es ein Glück war, am Leben zu sein, es Freude machte, die Kinder lächeln zu sehen und wo auch Joe das Leben immer einmal eine Weile genießen konnte.
In jenem Sommer, der auf den Verlust unseres Babys folgte, hatte Joe eine geniale Idee. Er ging in den Fahrradladen in Celbridge und schloss einen Handel ab: Als Gegenleistung für zwei Wochen allabendliches Saubermachen im Fahrradladen plus Aufräumen der Fahrräder sowie der Einzel- und Ersatzteile im Hof sollte er zwei Fahrräder erhalten – ein
Weitere Kostenlose Bücher