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Engel sterben

Engel sterben

Titel: Engel sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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den Artikel. Und ebenso schnell stellt sie fest, dass es keine Grundlage für die reißerische Überschrift gibt. Keine neuen Erkenntnisse, nichts. Trotzdem scheint es schwer zu sein, sich der aufkeimenden Hysterie zu entziehen. Die Leute reden über das verschwundene Kind, als ob schon feststünde, dass das Mädchen tot ist. Dabei handelt es sich nach Monas fester Überzeugung doch sehr wahrscheinlich um einen Entführungsfall. Und darüber wird die Öffentlichkeit keine Einzelheiten erfahren, bis eine Lösegeldübergabe erfolgt ist.
    Zum Glück fällt die Lösung dieses Problems nicht in Monas Aufgabenbereich. Sie verstreicht die duftende Marmelade auf einem zweiten Toast und widmet sich anschließend kauend der Planung ihres Tagesablaufs. Nach dem Frühstück sollte eine Lesestunde im Strandkorb möglich sein. Danach wird sie zum Supermarkt fahren, um Obst, Joghurt und ein paar Fertiggerichte einzukaufen. Die beste Zeit dafür ist mittags, wenn die Badegäste am Strand sind. Anschließend kann sie im Büro vorbeischauen und die Termine prüfen, die fürs Wochenende vorliegen. Und nach dem Besuch beim Zahnarzt wird sie persönlich im Watthaus nach dem Rechten sehen.
    Mona weiß genau, dass Lidia nicht nur den Sand, den der Wind im Lauf der letzten dreißig Jahre durch die Fenster gedrückt hat, beseitigen wird. Sie wird auch aufräumen und die vielen herumliegenden Gegenstände des täglichen Gebrauchs auf ein angenehmes Maß reduzieren. Wenn Lidia sich eine Immobilie vorgenommen hat, dann ist diese hinterher nicht nur einwandfrei sauber, sondern sieht auch ordentlich und bewohnbar aus. Doch obwohl Mona ihrer Putzfrau blind vertraut, möchte sie sich in diesem Fall selbst ein Bild machen. Außerdem hat Lidia es gern, wenn sie direkt nach getaner Arbeit und in barer Münze entlohnt wird.
    Mona schenkt sich noch eine Tasse Tee ein, bevor sie die Nummer der Polin wählt. Das Gespräch ist kurz und eindeutig. Lidia wird sich in der nächsten halben Stunde den Schlüssel besorgen und dann mit den Putz- und Aufräumarbeiten beginnen. Auf Monas präzise Anweisungen reagiert sie verständig, ohne die geringste Neugier zu zeigen. Zufrieden beendet Mona das Gespräch. Dann steht sie auf, um das Radio einzuschalten.
    Der Nachrichtensprecher verkündet das Gleiche, was in der Zeitung steht. Es gebe etliche Hinweise aus der Bevölkerung zum Fall des verschwundenen Mädchens. Die Inselpolizei arbeite fieberhaft an der systematischen Prüfung dieser Hinweise. Außerdem habe man massive Verstärkung vom Festland angefordert und für den Nachmittag eine flächendeckende Untersuchung der gesamten Insel geplant. Auch Spürhunde sollen zum Einsatz kommen.
    Übergangslos wendet sich der Sprecher dem Wetterbericht zu. Ein Ende der schwülen Periode zeichne sich ab. Während durch das geöffnete Gaubenfenster von Monas Wohnung schon der erste leichte Wind streicht, erfährt sie, dass es am Abend ein Gewitter mit Sturmböen geben soll. Gut für die Pflanzen, schlecht für die Freiluftlokale, denkt Mona und überzeugt sich mit einem Blick durchs Fenster, dass noch die Sonne scheint. Es gibt also nichts, was gegen die geplante Lesestunde im Strandkorb spräche.

Freitag, 24. Juli, 10.45 Uhr,
Kriminalpolizei Westerland
    Als Hauptkommissar Bastian Kreuzer das Dienstgebäude in Westerland betritt, fallen ihm drei Dinge gleichzeitig auf. Zum Ersten die Konkurrenz zwischen einem durchdringenden Geruch nach Essiggurken und einem aparten, wenn auch sehr herben Damenduft. Zum Zweiten die außergewöhnliche Attraktivität der jungen Dame, die den herben Duft verströmt. Und zum Dritten die begehrlichen Blicke eines gutaussehenden Dunkelhaarigen in Zivilkleidung, die wie räudige Hunde um die hübsche Frau streichen.
    Kreuzer wendet sich an den Pförtner, der gerade in eine der geruchsintensiven Essiggurken beißt.
    »Moin, moin. Bastian Kreuzer, Hauptkommissar. Ich komme frisch vom Autozug und bin die Verstärkung aus Flensburg.«
    »Sie alleine?«, quetscht der Pförtner zwischen zwei Gurkenbissen hervor.
    »Nicht doch. Ich bin nur die Spitze des Eisbergs. Die Hundestaffel kann erst am Nachmittag anrücken. Aber der Kollege von der Spurensicherung ist schon unterwegs. Er kommt mit seinem eigenen Auto. Vermutlich hat er erst den nächsten Zug erwischt. Ich hatte ziemliches Glück und bin gerade noch so raufgerutscht. Als Nachrücker sozusagen.«
    Während Kreuzer noch den Kopf zur Sprechmulde der Pförtnerkabine hinuntergebeugt hat, schiebt sich

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