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Engel sterben

Engel sterben

Titel: Engel sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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Kollege scheint das Mädchen jetzt erst wahrzunehmen.
    »Etwas, das mit dem Fall zu tun hat?«
    »Ja, mit dem gerade verschwundenen Mädchen. Mit dem, das heute Nachmittag entführt worden ist. Lise geht nämlich mit Mette in den Kindergarten, und Mette hat sie gesehen, heute am Nachmittag in einem großen offenen Wagen, den ein Mann steuerte.«
    »In Kampen?«
    »Ja, Herrgottnochmal. Mitten auf dem Strönwai. Bitte lassen Sie uns durch. Mette hat vermutlich den Entführer gesehen, das ist doch wichtig.«
    Plötzlich geht alles ganz schnell. Der Kollege vor der Tür ruft mit dem Handy einen Beamten von innen, den Anja noch nie gesehen hat. Er trägt keine Uniform und ist eine ziemlich massige Erscheinung.
    »Bastian Kreuzer, Hauptkommissar aus Flensburg. Bitte kommen Sie doch mit.«
    Im Inneren des Reviers, das Anja nur ruhig und fast verschlafen kennt, laufen Uniformierte und Männer in Zivil wild durcheinander. Sie rufen sich einzelne Sätze im Vorbeihasten zu, ohne beim Warten auf eine Antwort stehen zu bleiben.
    »Wo ist die nächste Besprechung?«
    »Um zehn im großen Raum.«
    »Sollen wir die Phantombilder von der letzten Entführung jetzt doch rausgeben?«
    »Das musst du den Chef fragen, der hat die neuesten Infos.«
    Kreuzer schiebt sich durch das Gedränge wie ein Eisbrecher durchs Packeis. Anja fühlt sich mit Mette an der Hand in dem Windschatten dieses massigen Polizisten ganz gut aufgehoben. Am Ende des Ganges öffnet er eine Tür und bittet die beiden in einen ruhigen kleinen Raum, den Anja noch nie betreten hat.
    »Ich würde Ihnen gern etwas anbieten, aber im Moment geht hier alles drunter und drüber. Ich weiß nicht genau, wie ich jetzt zu Kaffee oder Saft kommen soll, also vielleicht geht es auch so. Bitte setzen Sie sich doch da drüben auf die beiden Stühle.«
    Kreuzer zieht einen niedrigen Hocker dicht vor Mettes Stuhl und bringt ihn, als er sich daraufsetzt, unter seinem Körper fast zum Verschwinden. Doch sein Gesicht befindet sich jetzt auf Augenhöhe des Kindes.
    »Erzähl mal von Anfang an. Was hast du gesehen?«
    »Den bösen Mann.«
    »Und wobei hast du ihn gesehen?«
    »Aber Sie schimpfen nicht mit mir?«
    Kreuzer hebt feierlich die rechte Hand zum Schwur.
    »Auf gar keinen Fall! Großes Indianerehrenwort.«
    »Ich habe nämlich mit Steinen nach den teuren Autos geworfen.«
    Ängstlich blickt Mette den Polizisten an. So ganz glaubt sie ihm nicht. Aber jetzt tut er etwas Ungewöhnliches. Kreuzer sieht links und rechts über seine Schultern, als fühle er sich beobachtet, dann blickt er Mette eindringlich in die Augen.
    »Kannst du ein Geheimnis bewahren?«
    Mette nickt. Atemlos.
    »Es geht um das Steinewerfen nach den großen Autos.«
    »Ja?«
    »Das habe ich früher auch manchmal gemacht.«
    »Ehrlich? Und du bist trotzdem Polizist geworden?«
    »Tja, da kannst du mal sehen. Hat mir nicht geschadet. Allerdings hatte ich nie das Glück, dabei einen Verbrecher zu beobachten.«
    »Er sah aber gar nicht aus wie einer.«
    »Das tun die wenigsten. Sonst würde man sie ja sofort erkennen.«
    »Ich dachte, es ist vielleicht Lises Onkel.«
    »Lise ist deine Kindergartenfreundin?«
    »Ja. Und sie sah ganz fröhlich aus.«
    »Sie saß in einem der Autos?«
    »Genau. Es war ziemlich groß und schwarz oder vielleicht auch dunkelblau. Und es war offen. Deshalb habe ich versucht, einen Stein hineinzuwerfen. Das Auto fuhr aber zu schnell an mir vorbei, mein Stein hat nicht getroffen. Erst danach habe ich Lise entdeckt. Sie durfte vorn sitzen, und ich habe sie erst gar nicht gesehen, weil sie so klein ist. Und sonst dürfen wir auch nie vorn sitzen, und sie war bestimmt ganz stolz darauf. Vielleicht hat sie sich deshalb umgedreht, um zu sehen, ob die Leute gucken. Sie hat mich entdeckt und sogar noch gewinkt, aber dann hat der Mann sie zurückgerissen und Gas gegeben und ist ganz dicht an das Auto vor ihm gefahren. Und dann wurde die Ampel gelb, und ich dachte, jetzt muss er doch stehen bleiben, und ich kann noch einmal werfen oder vielleicht lieber nicht, wenn es doch Lises Onkel ist.«
    »Und ist er stehen geblieben?«
    »Nein. Er ist noch bei Gelb über die Ampel gefahren. Ich weiß es nicht mehr so genau, weil ich ja Lise und nicht die Ampel angeguckt habe, aber eigentlich glaube ich, dass es sogar schon rot war. Das ist doch verboten.«
    »Ja, da hast du recht. Kannst du dich denn erinnern, wie der Mann ausgesehen hat?«
    »Wie ein Mann eben. Er hatte kurze Haare und vielleicht Locken. Glaube ich

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