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Engel sterben

Engel sterben

Titel: Engel sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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Geschichte meiner gescheiterten Beziehungen langweilen.«
    »Gute Idee. Ich könnte mich mit der Geschichte meiner nicht vorhandenen Beziehungen revanchieren.«
    »Hey, wir sind ein Dream-Team, scheint mir.«
    Der tiefe Blick, den Bastian wagt, prallt an einem stämmigen Mann mit blonder Tolle ab, der die beiden schon beim Überqueren der Straße erspäht hat und nun Silja an seinen massigen Körper drückt, als sei sie die verlorene Tochter. Während Bastian sich noch für die unangebrachte Assoziation schämt, fasst der Gastronom Silja fest an beiden Oberarmen und rückt sie ein Stück von sich fort. Schamlos, so scheint es Bastian, lässt er dann den Blick über Gesicht und Körper der ehemaligen Mitschülerin gleiten.
    »Gut siehst du aus.«
    »Danke, das täuscht manchmal.«
    Silja windet sich aus dem Griff und mustert die rundverglaste Terrasse an der befahrenen Kreuzung.
    »Und du hast nach wie vor alles im Blick. Wie schon zu Schulzeiten.«
    »Bin eben ein Schnellchecker.«
    Der Gastronom lacht laut und prüft gleichzeitig aus den Augenwinkeln, ob die anderen Gäste sehen, dass die beiden Neuen ebenfalls mit ihm bekannt sind. Dann bringt er Silja und Bastian zu einem Stehtisch mit hochbeinigen Stühlen, der ein wenig abseits platziert ist.
    »Ging leider nicht anders, in der Glasmuschel war schon alles voll.«
    »Der Platz ist völlig in Ordnung. Hauptsache, die Stühle sind bequem«, antwortet Silja, während sie sich setzt.
    »Hat sich noch niemand beschwert. Erst mal einen Apéro oder gleich die Karten?«
    Silja runzelt die Stirn, als stehe sie vor einer schwierigen Entscheidung. Bastian lächelt.
    »Zwei Glas Prosecco können nicht schaden, denke ich. Dann sehen wir weiter.«
    Als der Gastronom im Inneren des Bistros verschwunden ist, atmet Silja auf.
    »Der war schon immer anstrengend.«
    »Er macht seine Sache doch gut. Ich denke, genau das erwartet man hier, oder nicht?«
    »Doch, bestimmt. Es ist nur nichts für mich.«
    »Wenn du möchtest, können wir immer noch den Ort wechseln.«
    »Genau. Alternativen gibt es genug. Eine schummrige Pizzeria an der Ausfallstraße von Westerland zum Beispiel. Die haben bestimmt noch den einen oder anderen Tisch frei. Nein, lass nur. Wir bleiben hier.«
    »Warum bist du so angespannt? Weder dein Mitschüler noch ich werden dich heute Abend auffressen. Oder hast du etwa die Dienstwaffe nicht dabei? Dann ist das natürlich etwas anderes.«
    Silja lächelt und greift nach einem der Proseccogläser, die der Kellner gerade gebracht hat.
    »Worauf sollen wir trinken?«
    »Auf den Sommer, auf den Abend. Wenn du willst auch auf uns.«
    »Okay. Ich bin mit allem einverstanden, solange wir nicht über die entführten Mädchen reden«, antwortet Silja und hebt ihr Glas.

Sonntag, 26. Juli, 22.30 Uhr,
Möwengrund, List
    Fred erwacht von einem Höllenschmerz im linken Bein. Ein Krampf, da hilft nur aufstehen. Polternd fällt die Flasche um. Sie war offen und nicht ganz leer. Wie sie neben das Bett gekommen ist, weiß Fred nicht mehr genau, aber es ist nicht schwer, sich den Grund zu denken. Jetzt steht Freds Fuß in einer Wodka-Lache und schmerzt immer noch. Fred flucht. Es fällt ihm schwer, das Gleichgewicht zu halten, vor allem, weil er gleichzeitig versucht, sich an seinen Traum zu erinnern.
    Da waren ein Auto und eine Feder, so viel weiß er noch. Und jede Menge Kugelschreiber. Alte und neue. Billige und teure.
    Tagesreste, würde der gute alte Siggi Freud jetzt vermutlich sagen, kein Grund, sich aufzuregen.
    Fred belastet vorsichtig das schmerzende Bein. Langsam, ganz langsam lässt der Schmerz nach. Jedenfalls der im Bein, der Schmerz im Kopf nimmt überproportional zu. Rammböcke in Freds Hirnwindungen, detonierende Kofferbomben an seinen Schläfen. Und gestern früh hat er die letzte Aspirin geschluckt. An Einschlafen ist nicht mehr zu denken, schon gar nicht in dem Mief, der in seiner Hütte herrscht.
    Fred reißt das Fenster auf. Die Luft von draußen ist wie Samt auf seinem Gesicht. Sanft, weich und gerade richtig temperiert. Ein leichter Windhauch geht durchs Zimmer und bringt den Geruch nach See und Dünen mit. Fred atmet tief durch. Wunderbar. Die Uhr an seinem Handgelenk zeigt halb elf abends. Draußen ist alles dunkel. Dunkel und magisch. Jetzt wäre ein Spaziergang ein Erlebnis. Zögernd macht Fred ein paar freihändige Schritte. Geht doch. Nicht dass er wieder am Ende der Straße zusammenbricht und am nächsten Morgen aus dem Rinnstein gefischt werden muss

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