Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
auf sich zu ziehen …“, sagte Kovacs dann.
„Jetzt fangen Sie auch noch mit diesem Esoterikmist an …“
„Ach, Karma … das sagt man halt so …“
„Wer? Ich sicher nicht … aber das ganze Internet ist voll von Spinnern, die an Astralkörper, Rückführungen, Channeling, Lichtkreise …“
„Sie kennen sich ja eh ganz gut aus“, unterbrach Kovacs Bergmanns spießerhaftes Lamento.
„Nein, tu ich nicht … und genau das ist mein Problem: dass ich nicht verstehe, wie man auf so einen Jahrmarktbudenzauber hereinfallen kann … und dann auch noch Bomben bauen …“
„Jahrmarktbudenzauber“, Kovacs hielt sich die Hand vor den Mund, „das stammt noch aus dem vorvorigen Jahrhundert, dieses Wort, oder?“
„Auf jeden Fall aus einer Zeit, in der man noch gewusst hat, wovon man redet …“
„Jetzt seien Sie nicht eingeschnappt … die meisten von denen sind doch eh harmlos … wenn Sie in meinem Bekanntenkreis herumfragen, da glauben genug an Reinkarnation … und dass das CIA UFO -Landungen geheim hält, für 9/11 verantwortlich ist und Osama Bin Laden nur erfunden hat, um ans Öl zu kommen …“
„Öl? In Afghanistan?“
„Das ist doch egal … haben Sie denn eine Erklärung für alles, was in der Welt passiert?“
„Was jetzt genau …?“
„Ach, Bergmann … Chefinspektor Bergmann … die Globalisierung, den Klimawandel, die Kriege, den ganz normalen Wahnsinn eben …“
„Natürlich verstehe ich das“, erwiderte Bergmann gelassen, worauf Kovacs ihn ansah, als leide er an Größenwahn, am Tunnelblick oder beidem.
„Okay“, sagte sie, hob die Handflächen auf Schulterhöhe und schaute konzentriert in den Raum. „Schäfer … genießt, soweit ich das beurteilen kann, keine politische Rückendeckung, hat keine Verwandten in höheren Ämtern, scheißt auf jede Art von Netzwerkbildung … hat fast jeden Monat die Interne am Hals, den Innenminister als Todfeind …“
„Ja, ja, danke … ich weiß schon, von wem Sie reden …“
„Gut … also: Warum dann dieser hohe Rang? In seinem Alter, bei seinem Benehmen …“
„Vielleicht, weil er seit über zehn Jahren die höchste Aufklärungsquote hat?“, motzte Bergmann seine Kollegin an.
„Genau!“, erwiderte Kovacs, als ob ihre Falle zugeschnappt wäre, „aber warum? Das ist die Frage! … Ich bin jetzt drei Jahre in der Gruppe, und mit Genie und Wahnsinn ist das nicht zu erklären, was der Schäfer aufführt … ich meine … so wie der arbeitet?“
„Vielleicht haben Sie vergessen, dass es da noch andere gibt, die seit fast zwanzig Jahren diese Arbeit unterstützen“, sagte Bergmann in einem Ton, der sich graduell über das flachhierarchische Verhältnis erhob, das eben noch zwischen ihnen geherrscht hatte.
„Ja, hinter jedem erfolgreichen Mann steht … Tschuldigung, das war jetzt … ich meine, sicher sind wir seine Wasserträger, aber glauben Sie nicht, dass er so etwas wie einen sechsten Sinn hat, dass er …“
„Nein … höchstens eine zweite Leber …“
„Ja, sehr lustig … aber im Ernst: Haben Sie sich nie gefragt, ob da was anderes als Können dahinter steckt? Irgendeine höhere Macht … allein diese Münzenschieberei … als ob er in fremde Sphären eintreten könnte oder Botschaften empfängt, die …“
„Reden Sie jetzt über morphogenetische Felder oder etwas in der Art …?“
„Morpho was?“
„Morphogenetisch … das sind Energiefelder außerhalb der gewöhnlichen Zeit-Raum-Struktur, die in der Natur zur Übertragung von Informationen genutzt werden … Rupert Sheldrake, sagt Ihnen nichts?“
„Nein“, Kovacs sah Bergmann an, als ob er eben einen Kubikmeter Rauch aus einer Haschisch-Wasserpfeife genommen hätte, „also haben Sie sich auch schon diese Frage gestellt …“
„Natürlich, was glauben Sie … aber es gibt eben in jedem Bereich Menschen mit besonderen Fähigkeiten … ist ja nicht so, dass er nichts arbeitet … man merkt es nur nicht so …“
„Und Beziehungen auf anderer, uns nicht bekannter Ebene …?“
„Was wollen Sie damit sagen?“
Bergmanns Ton verlangte Kovacs einen Augenblick des Schweigens ab, in dem sie den Blick gesenkt hielt; dann doch widerspenstig aufschaute und sagte: „Dass er ein doppeltes Spiel spielt? … Ich meine: Vergessen wir bitte einmal kurz, dass Sie Zwick und Pick sind und …“
„Dass wir was sind?“
„Ach so … das war ein Paar bei uns im Dorf, die hat man nie ohne den anderen gesehen, hat mir mein Opa erzählt … wie
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