Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
Johannes Schäfer stark bewegt hat. Ob es bis zum erneuten Zusammentreffen der beiden Männer im Waldviertel zu weiteren Kontakten kommt, ist nicht bewiesen, aber wahrscheinlich. Mitte April, Ottensteiner Wald: auf den ersten Blick nur eines unter unzähligen Seminaren, die der Supermarkt der Sinnsuche und Selbstfindung in den Regalen hat. Schaut man länger und genauer hin, erkennt man allerdings Zusammenhänge, die weit über ein paar durch den Wald gellende Urschreie und am Lagerfeuer heulende Männer hinausführen.
Phillipe Marsant, der charismatische Seminarleiter, heißt eigentlich Jean Plier, war führendes Mitglied in der Sekte der Sonnentempler und ist offiziell am 5. Oktober 1994 verstorben, verbrannt in einem Chalet in Cheiry in der Schweiz gemeinsam mit zweiundfünfzig weiteren Sektenmitgliedern. Doch Plier hat die Himmelsfahrt überlebt; sich offenbar einen Finger abgetrennt, um die Forensiker hinters Licht zu führen; sich einen neuen Namen zugelegt und, nachdem genug Gras über die verkohlten Ruinen und Wiesen in Cheiry gewachsen war, sein teuflisches Werk wiederaufgenommen; diesmal als aufgestiegener Meister des Lichts im Kleid des Erzengels Metatron und mit der selbst auferlegten Bestimmung, seine sieben Engelsbrüder um sich zu versammeln, um die Apokalypse einzuleiten.
Diese Theorie stützt sich auf zahlreiche Indizien. Zum einen der Fall Thomas Eisert: Beim Versuch, mehrere Sprengzünder zu bauen, stirbt er unter merkwürdigen Umständen und einer schweren Deckenleuchte. Bei seiner Leiche finden die Ermittler ein Amulett, das – wie sich später herausstellen soll – der Gruppe der Erzengel als vereinigendes Symbol dient. In Eiserts Bibliothek stehen zahlreiche Werke, die ihn zumindest geistig in die Nähe von militanten Sekten in den USA und anderen Gruppierungen bringen, die an den baldigen Beginn der Apokalypse glauben. Baupläne von zahlreichen Wiener Bauwerken sowie Rückstände von Sprengstoff in einem Klein-Lastwagen, der kurze Zeit auf Eiserts Namen zugelassen war, veranlassen Innen- und Verteidigungsministerium zur sofortigen Gründung einer Sondereinsatzgruppe mit dem Ziel, einen bevorstehenden Anschlag zu verhindern. Im Zuge der Ermittlungen werden zwei weitere mutmaßliche Mitglieder der Terrorzelle identifiziert: der Journalist Linus Foster, der besagtes Seminar im Waldviertel organisiert hat und vor einer möglichen Einvernahme bei einem Badeunfall in Vietnam ums Leben kommt. Und der Student Andreas Troger, der wegen zweifachen Mordes im Gefängnis Stein inhaftiert war und dort vom Mitgefangenen Tannhäuser ermordet wurde. Troger, der mit Pliers Gruppe nur durch eine DNA -Spur an einem der besagten Amulette in Verbindung gebracht werden konnte, hatte zwar ebenfalls reichlich Literatur über die Apokalypse, die New World Order und andere Verschwörungstheorien in seinem Besitz gehabt – letztendlich gelangt Chefinspektor Bergmann jedoch zur Überzeugung, dass der Anhänger, den er in Major Schäfers Schublade gefunden hat, diesem selbst gehört.
Den stichhaltigsten Beweis, dass Plier selbst der Terrorzelle angehört, liefert eine junge Frau, die im Waldviertel als Wander- und Mountainbike-Guide arbeitet und in ihrer Freizeit ebendort auf Fotosafari unterwegs ist. Sie übermittelt Chefinspektor Bergmann ein Bild, auf dem Plier ein Amulett mit dem Symbol des Erzengels Metatron trägt. Zu diesem Zeitpunkt haben sich die Ermittlungen zum Verschwinden von Major Schäfer und der Fall Plier/ Eisert/ Foster bereits in mehreren Punkten überschnitten. Neben dem Amulett in Schäfers Schreibtisch, seiner Teilnahme an besagtem Seminar und mehreren Gesprächen mit dem inhaftierten Mehrfachmörder Tannhäuser gibt vor allem das Eindringen von Jean Plier in Schäfers Wohnung Grund zur Annahme, dass dieser, Schäfer, über die Machenschaften der Gruppe Bescheid weiß. Unklar bleiben bislang die Beweggründe von Major Schäfer, trotz seiner Erfahrung im verdeckten Einsatz, auf jegliche Einbeziehung einer Vertrauensperson oder eine Dokumentation seiner Ermittlungen zu verzichten.
Ja, so in etwa hätte nach ein paar stilistischen Korrekturen (sachlicher, weniger flapsig, ohne Parteinahme) und inhaltlichen Ergänzungen (Staatsanwaltschaft Annecy, FBI , Breiler, BOG , Vötter et cetera) ein vernünftiger Bericht ausgesehen. Eine objektive Bestandsaufnahme, die bei Übermittlung an Oberst Kamp und die Gruppe mit ziemlicher Sicherheit die Schlussfolgerung gezeitigt hätte, dass Major Schäfer in
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