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Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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auch von einem beträchtlichen Teil seiner Erinnerung verlassen. Wohin war er unterwegs, nachdem einem seiner Komplizen der Lieferwagen mit dem Sprengstoff unterm Arsch explodiert war? Bergmann wollte sich die Faust ins Gesicht schlagen. Am Vortag war dieser Wahnsinnige im selben Haus wie er gewesen. Und er hatte ihn laufen lassen, statt ihn übers Knie und in Ketten zu legen. Dem Pfarrer einen weisen Spruch ins Stammbuch geschrieben („Passen Sie auf Ihre Schäflein auf“ – mein Gott, das durfte nie jemand erfahren!), und dann seelenruhig zum Schwarzsee spaziert, hell yeah he did! Das konnte nur eine Nachwirkung von diesem Tee sein, den ihm Schäfer … den er in dessen Küche gefunden hatte, was aber aufs Gleiche hinauslief, denn welcher ehrenhafte Polizist bewahrte in seiner Wohnung schon halluzinogene Drogen auf … Drogen … Medikamente … Heilmittel … der Erzengel Raphael, dessen Name Heiler Gottes bedeutet … auf einigen Darstellungen trägt er eine mit heilendem Balsam gefüllte Phiole … dieses Bild hatte Bergmann schon einmal gesehen … in der Praxis des Psychiaters, den Schäfer gegen seinen ersten Therapeuten eingetauscht hatte … Doktor Wieland, jetzt brauchen Sie gleich selbst einen Arzt.

59.
    Er nahm die Abfahrt St. Pölten Süd und hielt bei erstbester Gelegenheit am Straßenrand. Er stieg aus dem Wagen, atmete tief durch und machte ein paar vorsichtige Schritte. Noch länger in diesem Tempo und er wäre ohnmächtig geworden; oder hätte sich im Auto übergeben, was ähnlich fatale Folgen hätte haben können. Das war nicht seins, dieses Rasen in so einem Blechkäfig, musste er sich eingestehen, während er wie ein seekranker Matrose übers Bankett torkelte und in den Straßengraben urinierte. Das war auch nicht das, wozu ihm Doktor Hofer geraten hatte: Einweisung in eine neurologische Abteilung, stationärer Aufenthalt über mindestens zwei Wochen et cetera. Doch welche Wahl hatte er schon? Er wollte nicht glauben, dass Phillipe es war, der nach dieser Explosion als Kompost für die Mühlviertler Botanik diente. Er wollte überhaupt nicht glauben, dass Phillipe … was? … seine Vision von einer besseren Welt mittels ein paar Hundert Kilo Sprengstoff realisieren wollte? Andererseits: War er, Major Schäfer, nicht selbst der Überzeugung gewesen, dass es ein göttliches oder himmlisches oder welches Recht auch immer gab, das es ihm erlaubte, jene zu töten, die diesem Recht nicht Gehorsam leisteten, die sich dem Bösen und der Finsternis verschrieben hatten? Er schaute in den Himmel und begriff, was es hieß, mit seinem Schicksal zu hadern. Er hatte keine Ahnung, welche Handlung als gut oder böse zu bezeichnen war. Sollte er sich nach Tschechien absetzen, untertauchen und den Dingen ihren Lauf lassen? Oder seine Fahrt fortsetzen. Sich Wieland vornehmen und aus ihm herausprügeln, was sie vorhatten. Denn sie hatten etwas vorgehabt … in dieser Nacht, in diesem Chalet, mit Phillipe, Eisert, Foster, Wieland, diesem fünften Mann und … Er setzte sich in die Wiese, schloss die Augen und drückte mit Zeigefinger und Daumen seine Nasenwurzel. In Salzburg war sein Kopf für ein paar Stunden klar gewesen, mehr als das, überflutet von kristallener Reinheit, und jetzt trieb er wieder im Trüben, haschte nach Zusammenhängen, nach Gesichtern, nach Worten … Tabun … Tabun? War das der einheimische Name für diesen Riesenigel auf Réunion gewesen oder etwas anderes? Schäfer stieg in den Wagen und fuhr los.
    Beschissene Raser, murrte Bergmann, als über den Polizeifunk die Nachricht kam, dass kurz nach St. Pölten ein Unfall passiert war. Ein Lkw-Lenker hatte wohl die Ausfahrt verpasst und im letzten Moment noch einlenken wollen, das Fahrzeug war umgekippt, zwei Pkw hatten nicht mehr bremsen können, jetzt schwammen deren Blechfetzen im Dieselöl, das der Lkw verloren hatte. Bergmann sah den Verkehr vor ihm dichter werden, dann die ersten Warnblinker, dann Stillstand. Er schaltete das Folgetonhorn ein und schob sich zum Pannenstreifen hin. Als er den schwarzen Rauch aufsteigen sah und den scharfen Geruch nach verbranntem Gummi und Diesel wahrnahm, parkte er den Wagen in einer Pannenbucht und stieg aus. Ein paar Minuten blickte er gedankenverloren in Fahrtrichtung. Hatte sich denn alles gegen ihn verschworen? Was jetzt? Kamp anrufen und einen Hubschrauber verlangen? Die Kobra zu Wieland schicken? So grotesk es war: Er wünschte sich Schäfer an seine Seite. Zuerst den zehnminütigen

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