Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
nonchalanter Bordellkönigaura nicht mehr viel zu spüren war.
„Ach, und die wären?“
„Das Gleichgewicht … die Einhaltung einer gewissen Ordnung … Sie wissen schon …“
Bergmann grinste und ging zur Kaffeemaschine. Einen extrastarken für Müller und er würde die Nerven endgültig wegschmeißen.
„In Ihrer Lagerhalle am Gürtel haben Tierkämpfe stattgefunden … Tierquälerei, illegales Glücksspiel, ganz zu schweigen von Ihrem Landsmann, der dort zu Tode kam …“
„Warum sind Sie nicht früher damit zu mir gekommen? … Darf ich hier rauchen?“
„Nein“, erwiderte Bergmann und stellte Müller eine volle Kaffeetasse hin, „ich bin ja nicht Ihr Laufbursche … außerdem: abgesehen von Berkovic fällt das nicht in meine Zuständigkeit … der Fall liegt bei der Staatsanwaltschaft … wenn die kriminaltechnischen Untersuchungen abgeschlossen sind, entscheidet die über das weitere Vorgehen …“
„Bergmann“, Müller nahm einen Schluck und verzog das Gesicht, „Sie wissen doch, wie leicht ich mich aus so was herausmanövriere … wer sagt denn, dass ich von diesen Kämpfen gewusst habe? Gibt es Beweise, dass ich in den letzten Monaten überhaupt dort war? Zeugenaussagen?“
Netter Bluff. Bergmann gab einen Löffel Zucker in seine Tasse, einen Schuss Milch dazu und rührte bedächtig um.
„Tja, die Zeugen … bis wir die alle ausfindig gemacht und befragt haben, das kann dauern … langsam frage ich mich aber schon, weshalb Sie hier sind …“
„Schauen Sie, Herr Chefinspektor … ich weiß, dass Sie mich nicht ausstehen können … das damals mit der Schwuchtel, das tut mir eh leid, das war nicht so gemeint … Sie wissen ja, wie ich mich darstellen muss, wenn …“
„Wie Al Capone“, Bergmann lachte, „jahrelang beißt das FBI sich die Zähne an ihm aus und dann stolpert er über die Steuer … Tierkämpfe, Müller, haben Sie das wirklich nötig?“
„Scheiße noch mal, natürlich nicht … ich meine … also, Sie helfen mir, ich helfe Ihnen …“
„Wobei könnten Sie mir helfen?“
„Schäfer.“
Jetzt wäre es an Bergmann gewesen, zu bluffen, doch Müller hatte ihn zu schnell erwischt.
„Wieso?“
„Karten auf den Tisch, Bergmann … er ist verschwunden und ihr habt keine Ahnung, wo er ist oder ob er überhaupt noch lebt … und ich kann euch vielleicht helfen …“
„Fakten, Indizien, Beweise?“
„Haben wir einen Deal?“
„Sicher nicht … bevor Sie mir nicht etwas Stichhaltiges auf den Tisch hier legen, haben wir gar nichts … und wenn Sie mich verarschen, setze ich alle Hebel in Bewegung, dass es demnächst eine Soko Müller gibt …“
„Fragen Sie in Stein nach … Ihr Major hat sich dort mehrmals mit dem Hage unterhalten … könnte was wert sein …“
„Wer soll das sein, Hage?“
„H. G. wie Hand Gottes, an den erinnern Sie sich doch bestimmt noch …“
„Den Tannhäuser … der sitzt schon seit zehn Jahren ein … was hätte Schäfer von dem wollen können?“
„Weiß ich nicht … aber wenn es stimmt, darf ich mich darauf verlassen, dass diese Razzia-Scheiße endlich aufhört? … Das ist geschäftsschädigend, jeden Abend tanzen die irgendwo an … das Laufhaus in Rudolfsheim haben sie mir schon zugedreht …“
„Was für ein Verlust für die heterosexuelle Männerschar … ich verspreche Ihnen nichts, Müller, aber wenn Ihre Information was bringt, lege ich ein gutes Wort für Sie ein …“
Müller stand auf und reichte Bergmann die Hand, die dieser nicht annahm.
Tannhäuser, die Hand Gottes – oder Hage, wie ihn die Gefängniswelt jetzt zu nennen schien –, der war Bergmann schon lange nicht mehr untergekommen. Ein Psychopath, der sieben Menschen getötet hatte. Und bestimmt nicht damit aufgehört hätte, wenn ihm nicht seine Krankheit und Major Schäfer einen Strich durch die Rechnung gemacht hätten. Tannhäuser war schwerer Epileptiker, oft mit mehreren Anfällen pro Tag, und in diesen Ohnmachtsphasen waren ihm laut seiner Aussage die Namen der Männer eingegeben worden, die er zu vernichten hatte; von Gott und seinen Engelsboten eingegeben, natürlich, von wem denn sonst. Während der Ermittlungen hatten sie herausgefunden, dass die Opfer allesamt entlassene Strafgefangene waren – Vergewaltiger, Mörder, Totschläger, Kindesmisshandler. Während des Prozesses hatten dann nicht nur Tannhäusers umnachteter Verteidiger, sondern auch einige Zeitungen und zahlreiche Internetseiten obskure Theorien über Tannhäusers
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