Engelherz - Band 1-3
meine innere Stimme und fügte dann ein Wort hinzu: „Rechtschaffend!“
Ich spürte, wie Liebe zu dieser unglaublichen Frau in mir aufstieg. Dieser Frau, zu der ich mich mit einem Mal hingezogen fühlte, wie ein Kind von einem finsteren Wald, in dem es das eigene, magische Seelenheil vermutete.
„ Sie ist bereit für ihre Liebe alles aufzugeben, sogar ihr eigenes Leben!“ , dachte ich ehrfürchtig.
Ich zitterte, weil ich mich ihr so nahe fühlte, wie niemals jemandem zuvor, als wäre sie ein lebendes Abbildes eines Teiles von mir, oder ich eines von ihr.
„ Beschütze sie!“ , verlangte mein Innerstes und brachte mich dazu, einen weiteren Schritt nach vorne zu machen.
„ Eva!“, hörte ich meine eigene Stimme. – Sie klang fremd.
Erschrocken fuhr Adam herum. Nie zuvor hatte ich einen so wütenden Blick bei ihm gesehen. „Und trotzdem ...!“
Er verstellte mir den Weg, als befürchte er, ich würde Eva angreifen oder beeinflussen wollen.
„ Hast du zwei Minuten für mich?“ Ich starrte Adam an, obwohl ich Eva meinte.
„ Nein, hat sie nicht!“, fuhr Adam mich heftig an, während er keine Sekunde seinen Blick von Samiel ließ.
„ Doch, hat sie!“, Evas Tonfall klang drohend und selbstbewusst. Trotzdem war ihr Blick sanft und um Entschuldigung bittend, als sie Adam vorsichtig zur Seite schob.
Unwillkürlich musste ich ihre Art mit ihm umzugehen, bewundern, denn ohne sie noch einmal zu ermahnen oder über sie zu bestimmen, beugte er sich ihr und ließ sie mit mir gehen.
Ich schaute Samiel noch einmal an. Mir gefiel der Ausdruck nicht, mit dem er Adam musterte und erinnerte mich daran, wie wenig die meisten Engel von Anfang an von meinem Gefährten gehalten hatten.
„ Die Menschen sollen mich nicht als Engel sehen, weil ich für sie kein Engel sein werde!“ , fiel mir Samiels Satz wieder ein. „Ich habe zu Jahve gegen die Erschaffung der Menschen gesprochen.“
Ich fragte mich, wie Adam Samiel sah. Als Engel oder als Monster. Eiseskälte griff nach meinem Herzen, doch bevor ich mich anders entscheiden konnte, nahm Eva meine Hand und zog mich hinter sich her, aus der Sichtweite der beiden Konkurrenten.
Erst als sie sich sicher war, dass die beiden uns nicht folgten, setzte sie sich ins Gras und ich mich neben sie.
Unwillkürlich musterte ich sie, wie ich es vorher aus Angst, sie könne meine Neugierde falsch auslegen, nie getan hatte. Sie gestattete es mit einem Lächeln.
Schließlich sah sie zu Boden. „Deine Augen leuchten so grün wie das Grün der Bäume und in der Sonne glitzerst du golden als wärst du selber ein Sonnenstrahl“, flüsterte sie leise, „als wärst du kein Mensch.“ Unsere Blicke begegneten sich. „Als wenn dich sogar die Sonne mehr liebt als uns.“
Betroffen schwieg ich und ließ es zu, dass sie mich sanft küsste. Für eine Sekunde hatte ich das widersinnige Gefühl, mich selber zu küssen.
„ Als bin ich der hell beleuchtete Gegenstand und sie mein formvollendeter Schatten.“ – „Oder wie zwei Seiten einer Frau. Nur dass die helle die Verdammte ist und die dunkle die Menschliche.“ – „Ich der unsterbliche Teil der ersten Frau und sie der Sterbliche.“
Sie starrte mich an. Ich wusste, dass sie dieselben Gedanken gehabt hatte, wie ich. „Oder ist es eine Erinnerung? Eine Zukunftsvision?“
Wir musterten uns verlegen und ihr Gesichtsausdruck wurde immer ernster, während ihre Überlegungen zu einem Ergebnis kamen.
„ Lilith, ich werde dich nur einmal bitte, weil ich es nicht öfter ertragen könnte: Geh zu Adam, sei seine Gefährtin! Vielleicht lässt Jahve euch wieder nach Eden und dort einen neuen Anfang miteinander leben. – So wie es geplant war!“
Ich hörte Samiels wütendes Einatmen hinter uns. Keiner von uns beiden hatte registriert, dass wir nicht mehr allein waren.
Ich schüttelte den Kopf. – Ich hätte auch ohne Samiels Anwesenheit abgelehnt. Mit einem Blick nach hinten stellte ich fest, dass nur Samiel hinter uns stand. Von Adam fehlte jede Spur.
„ Bleib bei meiner Geschichte. Lass Adam dich lieben. – Lass deine Kinder dich lieben“, bat ich leise.
Wie von Außen nahm ich wahr, wie ihre Mundwinkel leidvoll zuckten.
„ Es ist nicht richtig!“, murmelte sie.
Dieses Mal klang das Schnauben meines Engels höhnisch, bevor er sprach: „Du wirst immer das dumme, unschuldige, verführte Opfer sein. – Unvergessen!“
In seiner Stimme schwang solch eine Abscheu mit, dass ich mich wunderte, wie Eva so ruhig bleiben konnte.
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