Engelherz - Band 1-3
trat vor. Zwischen die Beiden. Nur so konnte ich Adams Wut auf mich lenken. Adam, der so aussah, als wenn er Eva am liebsten schlagen würde.
„ Es ist nicht ihre Schuld!“, sagte ich und blickte ihm fest in die Augen. Ich hörte Evas überraschtes Einatmen hinter mir. „Ich habe ihr den Apfel gegeben. Sie wusste nicht, was sie isst.“
Mit diesen Worten ließ ich ihn stehen und bahnte mir einen Weg zurück durch die Masse der Engel. Die Engel, die wussten, dass ich log. Die nicht verstanden, warum ich es tat. Woher auch? Sie kannten keine unerfüllte Liebe, keine unbefriedigte Sehnsucht.
„ Ich verfluche dich! Hörst du mich?! Ich verfluche dich und den Tag an dem Jahve dich geschaffen hat!“, gellten Adams Worte hinter mir.
Einmal drehte ich mich noch um, um die beiden ein letztes Mal in Eden zu sehen. Ich sah ihn und ich wusste, dass er log. Ich wandte mich ihr zu. In ihren Augen lag überraschte Dankbarkeit. Eine Dankbarkeit, die ich nicht verdiente.
Ich drehte mich um und ging. Ich wollte so weit weg sein, wir irgend möglich, wenn Jahve kam und den beiden erklärte, dass Eden nicht mehr existierte. Ich wollte die Konsequenzen nicht wissen.
Trotzdem wusste ich sie, kannte sie mit einem Mal, als hätte ich sie schon immer gekannt: Kinder würden geboren werden, Menschen würden altern, Alles würde altern, Alles würde sterben. „Sterben?!“
Entsetzt sah ich Samiel an, dessen Gesicht dieselben Gedanken widerspiegelte, die in meinem Inneren tobten. „Das kann nicht sein!“, meinte er.
„ Doch! Es kann und es ist!“, berichtigte Jahves Stimme hinter uns.
Beruhigt und beunruhigt zugleich drehte ich mich zu Jahve um.
Mit gütigem Gesichtsausdruck blickte Jahve von Samiel zu mir. „Sie werden geboren und sie werden sterben!“, fasste Jahve meine Gedanken in Worte und ging in Richtung Adam und Eva, um von dem Ort fortzuführen, der einmal das Paradies gewesen war und es ewig hätte sein können.
Menschendämmerung
Es schien einen plötzlich Sprung zu geben, als wäre die Zeitlinie von Jahve unterbrochen worden und als hätte Eden nie existiert. Plötzlich gab es hunderte von Tieren auf der Welt – oder zumindest in der Gegend, in der wir gerade lebten – nicht nur zwei von jeder Gattung, sondern Tausende und Abertausende!
Es war, als hätte Jahve sich dafür entschieden, die Welt einer Evolutionskette auszusetzen, in deren Mitte wir, die Flüchtlinge aus Eden, nun hineingesetzt wurden.
Und die Tiere ... sie töteten einander ... sie aßen einander ... sie ernährten sich von Pflanzen und sie verdauten und veränderten die Welt.
„ Und Adam und Eva werden mittendrin sein. Ausgesetzt in einer Umwelt, die sie nicht mehr verstehen und die ihren Tribut fordern wird“ , dachte ich, während ich stumm beobachtete, wie die Beiden nur wenige Minuten nach Samiel und mir durch die Pforte des Paradies kamen.
„ Schöne, glitzernde, giftige Schlange!“, zischte Adam mir zu, als er an uns vorüberging. Der Blick, mit dem er Samiel bedachte war nicht minder wütend wie Samiels eigener Blick. „Wie Konkurrenten vor einem Duell!“
Doch als hätte Eva meine ersten Gedanken gelesen, fiel sie in diesem Moment vor Adam auf die Knie. Die Engel, die an der Pforte zu Eden Wache hielten, beobachteten den Vorgang mit einem Ausdruck auf dem Gesicht, der ihre gemischten Gefühle zu den Menschen und zum Sündenfall widerspiegelte.
Ich trat einen Schritt näher, um die Worte Evas zu hören, die demütig ihren Kopf gesenkt hielt. Adam ignorierte meine Anwesenheit, da sein leidgeprüfter Blick auf Eva ruhte.
„ Mein Herr, willst du, so töte mich!“ Sie hob den Blick. Er war tränenverhangen und ich erkannte, wie sehr sie zitterte. „Sie hat Angst, oder einen Gedanken, den auszusprechen sie alle Kraft kosten wird.“
Mich schauderte.
„ Vielleicht führt dich Jahve dann wieder ins Paradies zurück, ist er doch meinetwegen in Zorn geraten und wurdest du doch nur meinetwegen vertrieben!“, fuhr sie leise, wie unter einem inneren Zwang fort.
Adam reagierte nicht, sondern starrte sie fasziniert an. Als das Schweigen unerträglich wurde, blickte Eva auf, an ihrem Gefährten vorbei und warf mir einen Blick zu, finster wie die Nacht.
„ Sie wird ihm gleich alles beichten!“ , dachte ich gleichzeitig dankbar und gerührt, aber auch wütend. „Und dann wird er sie verstoßen und beide werden einsam sein!“
Trotzdem wuchs mein Respekt für Eva. „Sie ist genauso mutig und unschuldig wie du!“ , weinte
Weitere Kostenlose Bücher