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Engelsberg

Engelsberg

Titel: Engelsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinaldo Arenas
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wäre das Schlachtfeld, wo sie allen die Stirn bieten würde.
    Im strahlend weißen Brautkleid würde sie zum Altar schreiten, und wenn sie vorüberschritte, müssten sich, um sie ehrerbietig zu grüßen, alle vor ihr verneigen, während sie, am Arm Leonardos, nur ein herablassendes Lächeln für sie übrighätte und weitergehen würde, wissend, dass sie mit jedem Schritt, den sie tat, sich über Jahrhunderte der Erniedrigung und des Unrechts hinwegsetzte … Ja, weil eine große Liebe für sie eine große Rache und absolute Befreiung wäre … Aber sie war auch eine heimliche Begegnung, süß und unerklärlich, mit dem Besten ihrer selbst.

Vierter Teil Auf dem Lande

Kapitel 23 Auf der Kaffeepflanzung
    Wohlbehalten gelangte die Karawane auf der Besitzung der Ilinchetas an, deren Zäune völlig bedeckt waren von weißen Glöckchen, kleinen, duftenden Tropenblumen, die nur zu Weihnachten blühten. Myriaden von Bienen übergossen dieses Weiß mit Gold und Musik.
    Als Erster stieg Leonardo aus dem Tilbury, um Isabel beim Absteigen behilflich zu sein und ihr – auf ausdrücklichen Befehl Don Cándidos – den Hof zu machen. Doch Isabel hatte für solch Galanterie keine Zeit. Sie sprang rasch vom Rücken des Pferdes, lief in die Mitte des großen freien Platzes vor dem Haus, läutete heftig die Glocke, die sich dort befand, rief augenblicklich alle Sklaven zusammen und zählte sie durch.
    Der Aufseher, ein furchtsam wirkender Mann, Blás geheißen, nahm Isabels Befehle entgegen und leitete sie weiter.
    »An die Arbeit!«, sagte die junge Frau.
    Und mit der Peitsche in der Hand setzte der Aufseher die Sklavenschar in Bewegung.
    »Isabel«, raunte ihr Leonardo mit honigsüßer Stimme zu, »du bist wirklich die Frau meiner Träume …«
    »Blás!«, rief ungerührt mit herrischer Stimme Isabel. »Hast du schon das Pferd gebadet?«
    Flugs rannte sie zu dem Tier, das der Aufseher frisch gebadet hatte, hob ein Bein an und stellte fest, dass die Hufeisen zu stark abgenutzt worden waren.
    Angstvoll verbeugte sich der Aufseher vor dem Fräulein, dem Leonardo weiter mit seinem Liebeswerben zusetzte.
    »Isabel, Isabel, nie hätte ich geglaubt, dass es so eine perfekte Frau gibt!«
    »Blás!«, schärfte Isabel dem Aufseher ein, der ihr wie ein Schatten folgte. »Denk dran, die Sklaven dürfen nur zu Weihnachten und erst nach sechs Uhr abends trommeln!«
    »Jawohl, meine Herrin«, antwortete furchtsam der furchtsame Aufseher.
    Leonardo wollte gerade den Arm der jungen Frau ergreifen, doch im selben Moment rannte sie zur Brustlehne des Ziehbrunnens, wo etliche Sklaven mit einem am Seil hängenden Fass Wasser schöpften.
    »Blás! Ist genug Wasser im Brunnen?«
    »Viel, sehr viel, Señorita!«, versicherte der Aufseher optimistisch.
    »Wir werden ja sehen«, sagte Isabel. Und sie nahm selber das Seil, mit dem die Sklaven arbeiteten, maß den Wasserstand und die Gesamttiefe des Brunnens und machte ein missbilligendes Gesicht. Offenbar war nicht so viel Wasser im Brunnen, wie sie erwartet hatte.
    »Blás!«, schrie sie unerschütterlich. »Ab heute weniger Wasser für die Neger und die Tiere … Sag mal, von den drei Wasserschildkröten, die ich letzte Woche hineingeworfen habe, damit sie den Brunnen sauber halten, sehe ich da unten nur noch zwei.«
    »Die dritte muss auf dem Grund sein«, stammelte Blás zitternd.
    »Schon möglich«, sagte Isabel kurz. »Ich werde aber sicherheitshalber nachsehen. Bring mir die Leiter.«
    Der Aufseher und die Sklaven schossen los wie der Blitz und brachten ihr die lange Strickleiter, auf der Isabel, sich am Unkraut im Brunnengemäuer festhaltend, in die Tiefe hinabstieg. Alle blickten angstvoll in den Brunnen hinunter, nicht um Isabels, sondern um das eigene Leben bangend: Wäre die Wasserschildkröte weg, würden sie es verlieren.
    Die junge Frau erreichte die Wasseroberfläche, tauchte hinab und vergewisserte sich, dass das Tier auf dem Grund des Wassers ausruhte. Rasch tauchte sie wieder auf, stieg aus dem Brunnen und setzte ihre Inspektion fort.
    Mit wahrhaft bewunderungswürdiger Schnelligkeit und Disziplin zählte sie, gefolgt von Blás und Leonardo, die Kaffeesträucher durch, sämtliche daran befindlichen Bohnen sowie die schon gepflückten Kaffeebohnen auf den Trockenplätzen und rechnete dann die Gesamtzahl aus, zählte ebenso den perlmuttfarben und duftend aufbrechenden Kapjasmin sowie jede Pflanze im Garten und die daran reifenden Früchte. Dann sammelte sie die Eier, die die

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