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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kibler
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hatte sich seinerzeit von selbst gelöst. Rainer hatte Margot kaum nach dem Urlaub gefragt, sondern ihr lieber von seinen neuesten Forschungsergebnissen erzählt. Als sie Rainer danach das nächste Mal gesehen hatte, auf einem seiner raren Trips nach Deutschland, da war der Urlaub nur noch eine Erinnerung.
    Aber es war eine Erinnerung, die sie mit Nick teilte. Gemeinsame Essen. Gemeinsame Spaziergänge, gemeinsame Abende in schönen Gartenrestaurants oder sogar auf dem Dampfschiff Belle of Louisville auf dem Ohio River. Auch wenn Margot nicht viel für Pilcher-Romantik übrighatte, so war sie an diesem Abend das erste und einzige Mal versucht gewesen, Rainer wirklich untreu zu werden.
    »Worüber denkst du nach?«, fragte Nick.
    Kurz zögerte Margot.
    »Ah, über unseren gestohlenen Urlaub.«
    »Nein.«
    »Doch.« Nick grinste. »Ich habe es in deinem Gesicht gelesen.«
    »Okay, versuche nie, einen Polizisten zu belügen.«
    Hätte Nick jetzt ihre Hand genommen, sie hätte es geschehen lassen. Aber er tat es nicht. Auch sie griff nicht nach der seinen. Vielmehr hielt sie sich an der Kaffeetasse fest.
    »Ja, ich habe die Zeit mit dir sehr genossen, Margot. Und ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht. Ich denke …«
    »Nicht jetzt, nicht hier«, unterbrach Margot Nicks Rede.
    »Okay.« Sagte er. Schien es für ihn aber nicht zu sein. Dennoch schwieg er.
    Für Sekunden sagten beide nichts. Dann schaute Nick auf seine Uhr. »Ich schwinge mich dann mal in die Luft.«
    Margot nickte nur.
    Ein Trümmerfeld. Ihr Privatleben war ein einziges Trümmerfeld.
    Nick hatte sich bereits erhoben.
    »Nick?«
    Er sah sie an.
    »Ich hoffe, wir können einfach Freunde sein. Ich habe eine Beziehung – nein, ich führe eine Ehe über den Atlantik hinweg, die nicht funktioniert. Und auch, wenn ich dich manchmal etwas mehr gernhabe, als ich sollte: Ich werde nicht die eine Über-den-Atlantik-Beziehung, die mich unglücklich macht, eintauschen gegen eine andere.«
    Auch Margot stand auf.
    »Bleib sitzen, Margot. Ich gehe besser allein zum Gate.«
    Sie nickte. Auch sie mochte keine dramatischen Abschiede an irgendwelchen Türen und Toren. Sie mochte überhaupt keine dramatischen Abschiede. Nein. Sie mochte gar keine Abschiede mehr.
    Nick lächelte traurig. »Deine Ehrlichkeit freut mich. Auch ich denke öfter an dich, als ich es tun sollte. Und du hast recht. Ich wohne mehr als fünftausend Meilen entfernt. Das lässt sich nicht wegdiskutieren. Aber vielleicht können wir uns sehen, wenn ich wieder in Deutschland bin. Ich würde mich freuen.«
    Margot nickte.
    Nick trat auf sie zu. Er strich ihr mit der Hand eine Strähne aus dem Gesicht und dann voller Zärtlichkeit über die Wange. »Bye.«
    Dann drehte er sich um und verließ das Restaurant.
    Wandte sich nicht mehr zurück.
    Hätte sie auch nicht getan.
    Und während sie da allein im Café stand, spürte sie, wie ihre Tränendrüsen die Produktion anwarfen.
    Erfolgreich.
    Etwas in ihrem Privatleben lief im Moment etwas unrund.
    Nein. Sie musste sich korrigieren. Alles in ihrem Leben lief im Moment völlig aus dem Ruder.
    Der Flug war anstrengend gewesen. Es gab leider keine direkte Verbindung nach Odessa. Er hatte in Warschau umsteigen müssen.
    Die Embraer 195 flog in weitem Bogen in Richtung Landebahn. Von oben sah er nicht nur Odessa, sondern auch das Meer. Die Sonne schien und ließ das Wasser blau schimmern. Der Pilot der polnischen Luftfahrtgesellschaft LOT hatte ihnen mitgeteilt, dass auch hier noch mild sommerliche Temperaturen herrschten.
    Horndeich war von dem Klima angenehm überrascht, es war sogar noch wärmer als zu Hause. Urlaub für einen Tag. Ein Bus fuhr die Passagiere zum Terminal. Dieser war nicht besonders groß, machte aber einen modernen Eindruck.
    Da er nur den kleinen Koffer mitgenommen hatte, der als Handgepäck durchgegangen war, musste er nicht am Gepäckband warten. Nicht einmal eine Migrationskarte hatte er ausfüllen müssen. Und Visa von Deutschen für die Reise in die Ukraine waren auch Geschichte. Vielleicht sollte er doch mal über einen Urlaub in diesem Land nachdenken.
    Die Passkontrolle verlief unproblematisch. Die Tür öffnete sich, und er stand im Ankunftsraum. Er erkannte Wlad sofort. Auch seine Frau war mitgekommen. Beide winkten, als ob er ein lieber alter Bekannter wäre.
    »Steffen, schön, dass du da bist, schön, dass du uns besuchst.«
    Beide drückten ihn an sich. »Ja, schön, hier zu sein«, sagte Horndeich etwas

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