Engelsblut
gewesen. Da habe er schon eine viel jüngere Frau geheiratet, damit er endlich Nachwuchs haben könne, und dann erzähle sie ihm so was. Wenn er das vorher gewusst hätte, dann hätte er sie nie geheiratet. Aber er sei jetzt fünfzig, hat er gesagt, er wolle sich jetzt nicht noch mal scheiden lassen und wieder eine Frau suchen. Dann rückte er raus mit der Sprache. Er und seine Frau seien im Ausland gewesen. Und dort trage, wenn alles klappt, eine Frau ein Kind für Regine aus. Ich hab das nicht kommentiert.«
Schaller stand auf und holte die Flasche mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit an den Tisch. Goss sich das Glas wieder halb voll. »Meine Frau mag es nicht, wenn ich trinke. Aber ich fürchte, da muss sie heute durch.« Er hob das Glas. »Dann kam Paul im Dezember auf mich zu. Er brauche eine Bescheinigung, dass seine Frau schwanger sei. Für den Arbeitgeber, also ihre Schule. Und ich solle sie ausstellen. Da die beiden privat versichert waren, wollte er der Versicherung zunächst nichts melden. Aber die Schule bestehe darauf.
Ich habe ihm gesagt, dass ich in Teufels Küche käme, wenn das auffliegen würde. Aber er hat mich mit Geld geködert. Sie haben ja sicher schon mitbekommen, dass mein Laden derzeit nicht so brummt. Dass ich seit Jahren einen Prozess um einen angeblichen Behandlungsfehler führe. Auf jeden Fall war ich schon mal besser bei Kasse. Dazu bot mir Aaner den AMC. Einen echten AMC Matador in genau der Ausstattung wie bei …«
» … Der Mann mit dem goldenen Colt. «
»Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht. Ich hab meinen Benz verkauft und habe jetzt einen Wagen mit lebenslanger Wartungsgarantie. Und dann kam mir die Idee mit dem in Wahrheit gar nicht existierenden Dr. Kostner. Ich ging in einen Stempelladen und bestellte den Stempel. Stellte die Schwangerschaftsbescheinigung aus, schickte sie an die Schule, und alle waren glücklich. Als das mit der Leihmutterschaft nicht geklappt hat, da hat Regine persönlich dafür gesorgt, dass die Bescheinigung aus ihrer Akte verschwand.«
»Okay, lassen Sie uns nun über die zweite angebliche Schwangerschaft von Regine Aaner reden. Da ging es nicht nur darum, eine Bescheinigung auszustellen. Sie sollten selbst tätig werden. Und das haben Sie gemacht.«
Schallers Blick war hart geworden. »Ja und nein«, sagte er nach ein paar Sekunden Pause. »Aaner kam wirklich auf mich zu und wollte, dass ich seiner Frau die Eizellen entnehme, sie mit seinem Samen künstlich befruchte und die Embryonen einer anderen Frau implantiere. Ja. Das wollte er. Ich sagte ihm, dass ich das nicht machen könne. Dass ich eine Gefängnisstrafe riskieren und meine Praxis, meine ganze Existenz aufs Spiel setzen würde. Er zeterte. Er drohte. Aber er hatte ja nichts gegen mich in der Hand. Dann sagte er, sie würden es noch mal im Ausland versuchen. Und ich solle, wenn es klappt, noch mal so eine Bestätigung ausstellen. Das wäre ihm zehntausend Euro wert. Ich überlegte nur kurz. Das Risiko war minimal. Wären die beiden nicht umgebracht worden – es wäre nie aufgeflogen.«
Horndeich versuchte es: »Sie haben es doch gemacht. Sie kannten Susanne Warka, und Sie haben sie als Leihmutter gewonnen. Und dann waren die Aaners tot, und Susanne hatte ein Problem. Sie wollte kein Kind, schon gar kein fremdes Kind. Und sie brauchte Geld, dass Sie ihr nun nicht geben konnten, weil Ihr Geldgeber nicht mehr lebte. Susanne war eine Gefahr für Sie. Sie hatte Sie in der Hand. Also haben Sie sie umgebracht.«
Horndeich erwartete, dass Schaller wütend würde. Doch der Arzt sah den Kommissar nur ausdruckslos an. »Herr Horndeich, es ist mir ein Rätsel, wie das Ganze abgelaufen ist. Ich habe keine Ahnung, wer das durchgeführt hat. Ich meine, diese ganze Prozedur – das kann man nicht in einer alten Scheune machen. Das ist medizinisches Hightech. Deshalb funktionieren die Kliniken in den USA und auch die in der Ukraine oder die in Indien so gut. Das sind Kliniken mit hohen Standards. Ein ehemaliger Studienkollege von mir, der hat es richtig gemacht. Vor fünfzehn Jahren, als das alles so richtig losging, hat er in der Ukraine eine der ersten Kliniken dieser Art aufgemacht. Hat hier sein Haus verkauft. Sein Kapital war dort willkommen. Und seit zwanzig Jahren lebt er dort wie die Made im Speck. Er hat die besten Geräte. Die kann er sich leisten, denn die Arbeitskräfte sind billig. Und die Unterbringung seiner Kunden im Luxushotel kostet in der Ukraine so viel wie hier in einem
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