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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kibler
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die Tür des Hörsaals. »Darf ich bitten?«, fragte er.
    Doch Margot blieb noch sitzen und wandte sich zu Hinrich um: »Wie war der Gesundheitszustand der beiden?«
    »Nun, wie gesagt, waren die Organe nicht mehr ganz taufrisch – aber es war nichts Außergewöhnliches festzustellen, Tumore, Fettleber oder Ähnliches.«
    »Ist die Schwangerschaft von Regine Aaner normal verlaufen? Konnten Sie da noch etwas erkennen?«
    »Schwangerschaft? Nein. Regine Aaner war nicht schwanger. Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Weil eine Freundin von ihr gesagt hat, sie sei es. Und die Schulrektorin. Und ihre Kolleginnen.«
    »Nein, das war sie definitiv nicht. Es ist auch unwahrscheinlich, dass sie schon einmal geboren hat. Ob sie mal eine Fehlgeburt hatte, kann ich nicht sagen. Das Gewebe war – ich wiederhole mich – schon ziemlich zersetzt. Aber schwanger war sie ganz eindeutig nicht.«
    »Das verstehe ich nicht«, brachte Horndeich Margots Gedanken auf den Punkt.
    Hinrich machte eine ausladende Handbewegung in Richtung Flur, die jeder Tänzerin gut zu Gesicht gestanden hätte. »Können wir?«
    Horndeich erinnerte das alles an eine Inszenierung im Theater. Doch Hinrich war im besten Falle ein zweitklassiger Schauspieler. Und als Dramaturg taugte er gar nichts.
    »Wenn Sie mir bitte in das Souterrain folgen würden?«
    Die Brillenschlange hatte das Grinsen nicht mehr abgelegt, seit sie den Hörsaal verlassen hatten. In ihrer offensichtlich leicht verschrobenen Art passten sie und ihr Chef hervorragend zusammen.
    Als sie das Souterrain erreicht hatten, öffnete Hinrich die Tür zum Sektionssaal. Auf dem vorderen Stahltisch standen drei Sektflaschen. Ist Hinrich unter die Surrealisten gegangen?, fragte sich Horndeich.
    »Ta-taaa«, machte Hinrich – womit die Szenerie noch schräger wirkte.
    Noch bevor irgendjemand etwas sagen konnte, fuhr Hinrich fort: »Werte Kollegin im Geiste, wenn ein Mann einen Fehler macht, so muss er dies auch zugeben können. Zum Glück bin ich ein Mann, dem das nicht schwerfällt.«
    Wieder eine bühnentaugliche Handbewegung. »Und Spielschulden sind Ehrenschulden.«
    Gleich fange ich an zu gähnen, dachte Horndeich.
    Hinrich ging auf die Flaschen zu, nahm eine in die Hand und trat damit auf Margot zu: »Sie hatten den richtigen Riecher«, sagte Hinrich und reichte ihr die Flasche. Horndeich konnte das Etikett nun lesen: Piper Heidsieck. Nett. Wenn man Sekt mochte.
    »Susanne Warka ist tatsächlich keines natürlichen Todes gestorben – vielleicht sollte ich besser sagen, sie hat keinen Suizid begangen.«
    »Was soll das denn jetzt heißen?«, fragte Margot.
    »Einen Moment«, sagte Hinrich und hob die Hand. Wieder ging er zum Tisch, nahm eine weitere Flasche und gab sie seiner jungen Kollegin: »Ihnen gebührt die Ehre, den wahren Grund für Susanne Warkas Tod gefunden zu haben. Und damit meine These widerlegt zu haben – was nicht oft vorkommt.«
    Anke Zilitt strahlte.
    »Nun, für gewöhnlich habe ich auch gar nicht die Möglichkeit, mich derart ausführlich mit den Teilen eines Suizidopfers auseinanderzusetzen.«
    Zilitts Strahlen erlosch. Sie war gerade dabei, die nicht so netten Seiten ihres Bosses kennenzulernen. Offenbar erst nach eineinhalb Arbeitstagen. Kein schlechter Schnitt.
    »Aber es war sicher eine gute Übung für Sie«, meinte er, an die junge Kollegin gewandt. Dann fuhr er fort. »Und ich bin ja nicht knausrig.« Mit diesen Worten reichte er auch Horndeich eine Flasche.
    Nun war es an ihm, die Mundwinkel entgegen der Schwerkraft zu ziehen: »Herzlichen Dank. Gerne profitiere ich von Fehlern, die andere gemacht haben.« Er zwinkerte Frau Zilitt zu.
    »Ihr Part«, sagte Hinrich im Tonfall eines Stürmers, als überließe er es großzügig dem Torwart, auch mal einen Ball in den Kasten zu befördern.
    »Bitte kommen Sie mit«, sagte Anke Zilitt zu den beiden Beamten. Offensichtlich wollte sie Margot und Horndeich ersparen, sich die einzelnen Teile der Leiche nochmals ansehen zu müssen.
    Neben dem Sektionssaal befanden sich die Arbeitsräume der Präparatoren. An einem der Tische stand ein Rechner mit einem großen Monitor. Sie muss ihre Präsentation am lokalen Rechner durchführen. Der Hörsaal bleibt dem Chef vorbehalten, dachte Horndeich.
    »Also, ich habe die Leiche von Susanne Warka nochmals Zentimeter für Zentimeter untersucht. Ich habe bei den Füßen angefangen und mich bis zum Kopf hochgearbeitet.«
    »Okay. Sie sagten bereits, es sei kein Suizid gewesen. Was war es

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