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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kibler
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dann?«
    Zilitt hatte wohl in epischer Breite erzählen wollen, welchen Quadratzentimeter sie wann untersucht hatte, um dann zum Schluss – »Ta-taaa«, wie Hinrich das einzuleiten pflegte – den Hasen aus dem Hut zu zaubern.
    Sie war gnädig und kürzte ab. »Der Körper ist ja von dem Zug regelrecht zerfetzt worden. Es gibt kaum eine Stelle, die nicht versehrt wurde – Sie haben es ja gesehen. Und dann gab es da diesen Ritz – auf den ersten Blick kaum erkennbar. Zwischen den Rippen unterhalb der linken Brust.«
    Anke Zilitt zauberte ein Bild der Stelle auf den Monitor. Der Ritz war tatsächlich kaum zu erkennen, denn unmittelbar daneben befand sich eine offene Wunde, die ganz sicher von irgendeinem nicht gerade stromlinienförmigen Teil des Zuges hervorgerufen worden war.
    »Das ist ein Messerstich. Ich habe das dann genau untersucht. Das Herz ist getroffen worden. Die Frau ist erstochen worden, bevor man sie auf die Gleise gesetzt hat.«
    »Können Sie da sicher sein?«
    Hinrich schaltete sich ein. »An der Stelle hat Frau Zilitt mich zurate gezogen. Und ja, es ist sicher.«
    Zilitt war anzusehen, dass sie, nachdem sie den Ball ins Tor befördert hatte, nicht davon angetan war, dass der Stürmer sie wieder auf den Platz in den hinteren Reihen schickte.
    »Wir haben Frau Warka danach noch gemeinsam obduziert«, meinte Hinrich, und seine Kollegin übernahm sofort: »Um es kurz zu machen: Susanne Warka war zum Zeitpunkt ihres Todes kerngesund, soweit das noch festzustellen war. Und sie war schwanger. Etwa im vierten Monat.«
    »Susanne Warka war schwanger?«, echote Margot.
    Auch Horndeich staunte. Es war ja nichts Ungewöhnliches, dass eine Frau schwanger war, aber der Freund des Opfers, Reinhard Zumbill, hatte das bisher noch nicht erwähnt. Das fand Horndeich schon seltsam.
    »Kein Zweifel?«
    Anke Zilitt wandte sich Margot zu und sagte mit einer Stimme, die Gift verspritzte: »Doch. Die Wahrscheinlichkeit liegt ungefähr bei 50/50.«
    »Sorry«, meinte Margot nur. »Ist nur verrückt. Die eine soll schwanger sein, ist es aber nicht, die andere ist es, und wir wissen nichts davon. Mädchen oder Junge?«
    »Mädchen.«
    »Und können Sie etwas zu dem Messer sagen?«
    Hinrich schaltete sich wieder ein: »Wahrscheinlich einfach ein Küchenmesser. Einseitige, glatte, scharfe Klinge. Der Täter war Rechtshänder, so wie der Einstichkanal verläuft.«
    »Und wie kam es, dass Sie das nicht gleich gesehen haben?«, wandte sich Margot an Hinrich.
    »Ach, Frau Hesgart. Wenn Sie einen Verdächtigen festnehmen, der es dann doch nicht gewesen ist – frage ich Sie dann, wie das passieren konnte?«
    Sekt hin, Sekt her, Margot wollte es offensichtlich wissen: »Aber damit wäre fast ein Mord unentdeckt geblieben.«
    Hinrichs Gesichtsfarbe wandelte sich zu einem leichten Rotton. »Werte Frau Hesgart. Schauen Sie sich das doch mal an.« Er nahm Frau Zilitt die Maus aus der Hand und klickte einen anderen Ordner auf der Festplatte an. »Das ist die Leiche, nachdem wir alle Teile sortiert hatten – und froh waren, Ihnen mitteilen zu können, dass auch wirklich alles vollzählig war und niemand mehr Gefahr lief, auf dem Waldweg über ein Ohr zu stolpern.«
    Er klickte sich durch die Bildergalerie, und Horndeich war froh, dass sein Magen leer war.
    »So sah die Leiche aus, nachdem wir sie gewaschen hatten.«
    Die gleiche Galerie, jetzt mit den nackten Körperteilen. Nicht witzig, dachte Horndeich.
    »Diese Frau hat, abgesehen davon, dass ihr Körper als Puzzle eingeliefert worden ist, unzählige Wunden und Verletzungen. Verzeihen Sie, wenn man das zunächst als das Ergebnis eines Suizids einschätzt.«
    »Schon gut«, sagte Margot, der die Bildergalerie offenbar auch heftig zugesetzt hatte.
    Horndeich überlegte kurz. Die Mordrate in Darmstadt lag bei vielleicht zehn Tötungsdelikten im Jahr. Bezogen auf das ganze Gebiet des Polizeipräsidiums Hessen Süd. Und nun waren innerhalb von zwei Wochen drei Menschen in Darmstadt durch Messerstiche ums Leben gekommen. Zufall? »Sagen Sie, Dr. Hinrich« – die Chancen auf eine qualifizierte schnelle Antwort waren immer höher, wenn man den Doktor mit seinem Titel ansprach – »könnte es sich bei dem Mord an den Aaners und dem an Susanne Warka um dasselbe Tatwerkzeug handeln?«
    »Das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Beide Klingen waren sicher gut zwanzig Zentimeter lang. Beide waren nicht gezackt, und beide waren nur einseitig geschliffen. Keine der Klingen war breiter als drei

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