Engelsblut
sprechen.«
»Mit mir auch?«, fragte Sophie.
Margot sah Zumbill und dann seine Mutter an. »Ja.«
»Prima.« Sophie lächelte Horndeich an. Von dem wusste sie ja, dass er eine Pistole hatte, dachte Margot.
»Klar«, sagte Horndeich.
»Aber zuerst müssen wir mit deiner Oma sprechen, Sophie.«
Die hatte wieder die Snoopy-Küchenschürze umgebunden.
»Komm, wir gehen fernsehen«, grummelte Reinhard. Sophie trottete hinter ihm aus der Küche und sah Horndeich an. Das Lächeln war verschwunden.
Margot hörte noch, wie das Mädchen im Flur sagte: »Darf ich Ice Age gucken?«
Veronika Zumbill drehte die Hitze des Herdes herunter, schob den Topf auf eine andere Platte. Offensichtlich kochte sie eine Kartoffelsuppe. Dann setzte sie sich an den Küchentisch. Und schwieg.
Margot sah sich um. Auf einem Brett im Küchenschrank stand ein großes gerahmtes Foto. Margot erkannte Sophie und Reinhard. Daneben eine hübsche Frau. Auf einem zweiten Foto war eine weitere Familie zu sehen, ein Mann, der Reinhard leicht ähnelte, mit Frau und zwei Kleinkindern.
»Ist das Susanne neben ihrem Sohn?«, fragte Margot und zeigte auf das Bild.
»Ja. Und die Familie daneben, das ist mein jüngerer Sohn Franz und seine Familie. Die wohnen aber nicht hier, sondern in Eberbach. Ist auch ein guter Junge. Die Kinder sind Zwillinge.«
»Dürfen wir uns das Bild ausleihen? Wir brauchen noch ein Foto von Susanne.«
Veronika Zumbill nickte. Dann sagte sie: »Ich wusste nicht, was ich Sophie sagen sollte. Ich konnte ihr doch nicht erzählen, dass sich ihre Mutter das Leben genommen hat.«
»Frau Zumbill, das hat sie auch nicht. Sophies Mutter hat sich nicht umgebracht. Sie wurde erstochen, bevor jemand sie auf die Gleise gelegt hat.«
Veronika Zumbill sah die beiden Beamten mit großen Augen an. »Ermordet? Das ist doch Quatsch.«
»Nein. Das ist eine Tatsache. Weshalb wir von Ihnen nun auch wissen müssen, was genau vorgestern Nachmittag passiert ist.«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen, ich kam ja erst, als Susanne schon nicht mehr da war.«
»Wann war das?«
»Das muss so um Viertel nach fünf gewesen sein, plus minus drei Minuten. Reinhard war sauer, dass Susanne einfach gegangen war. Er musste zum Dienst, und die Kleine war ja hier.«
»Wissen Sie, warum Susanne einfach gegangen ist?«
»Nein. Ich meine, die beiden hatten Streit. Das passiert hin und wieder in einer Beziehung.«
»Hat Susanne sich öfter so verhalten?«
»Es war nicht das erste Mal. Reinhard hat mich schon mehrmals angerufen. Sophie ist ja unter der Woche in der Kita. Aber Susanne ist auch schon mal am Wochenende oder abends einfach gegangen. Sollte Reinhard sehen, wie er mit dem Kind klarkam. Da war sie ziemlich verantwortungslos. Und ein Kind braucht seine Mutter. Reinhard ist ein Mann. Seine Aufgabe ist nicht die Kindererziehung. Ich habe Susanne geraten, etwas weniger zu arbeiten, ich meine, bei der Post ist das ja möglich. Aber da hat sie sich quergestellt.«
Margot verkniff sich einen Kommentar. Sie selbst hatte ihren Sohn allein großgezogen, nachdem ihr erster Mann gestorben war. Ben war damals vier, und Margot hatte noch nicht gewusst, dass Rainer der leibliche Vater des Kindes war. Wäre sicher nett gewesen, wenn sie einen Mann an ihrer Seite gehabt hätte, der sie bei der Erziehung unterstützt hätte. Aber sie hätte auch niemals auf ihren Job verzichtet.
»Sie kamen also um Viertel nach fünf hier an. Was haben Sie dann gemacht?«
»Ich habe dem Mädchen einen Kakao gekocht, danach haben wir uns vor den Fernseher gesetzt und haben ihr geliebtes Ice Age geschaut. Anschließend auch noch den zweiten und den dritten Teil.«
Margot kannte Ice Age , sie hatte den Film einmal nachts im Fernsehen gesehen. Den ersten Teil. In dem Manfred, das Mammut, Sid, ein Faultier, Diego, ein Säbelzahntiger, und das verrückte Säbelzahneichhörnchen Scart ein Findelkind zu seinem Dorf zurückbringen müssen. Und an einigen Stellen hatte sie herzlich gelacht, besonders wenn Scart seiner Nuss hinterhergerannt war.
»Zwischendrin hab ich uns was zu essen gemacht. Während des dritten Teils ist Sophie dann eingeschlafen, ich habe sie in ihr Bett gelegt. Das muss so um zehn gewesen sein. Dann habe ich meinen Mann angerufen, dass ich hier übernachte, weil Susanne ja immer noch nicht aufgetaucht war.«
»Wo wohnen Sie?«
»In Nieder-Ramstadt, in der Bergstraße. Also mit meinem kleinen Smart etwa fünfzehn Minuten entfernt.«
»Da kann Sophie ja froh sein, dass
Weitere Kostenlose Bücher