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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kroehn
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Recht auf jene Lust, die er ihr schenkte, um sie ihr gleichsam zu nehmen. Plötzlich ahnte sie, dass sie ihn nicht verstand und nicht verstehen konnte, dass er sie zornig machte und dass sie nichts weiter wollte, als zurück in sein Schlafgemach zu eilen, ihn erneut an der untreuen Hand zu packen und sie so lange als Besitz zu erzwingen, bis sie ihm gebrochen war.
    Entsetzt darüber hielt sie sich am Türrahmen fest und wollte dem Wunsch nicht erliegen. Als sie im Dunkeln des Ganges Andreas erspähte, atmete sie erleichtert auf, weil sie nicht mehr alleine war.
    Sie starrte auf den dünnen Schatten, bis ihr Körper ausgekühlt war. »Dir geht’s wie mir, nicht wahr?«, stellte sie fest. »Du möchtest ihn auch berühren und halten!«
    Andreas rührte sich nicht, aber seine Stimme zischte böse.
    »Wag nicht, auch nur daran zu denken!«, ermahnte er sie streng. »Dir steht’s genauso wenig zu, nach Samuel zu fassen, wie jedem anderen! Samuel ist unberührbar!«
    Sie fröstelte. »Aber du liebst ihn doch auch«, murmelte sie und ging auf ihn zu. Andreas blieb aufrecht stehen, anstatt sich zu ducken, wie er’s vor Samuel tat.
    »Meine Liebe ist rein, verstehst du?«, schrillte er. »Ich liebe ihn, weil er der größte aller Maler ist. Nie würde ich wagen, seinen Körper zu begehren! Das ist verderbt und gegen alle Sitten!«
    Lena stand dicht bei ihm und wärmte sich an seinem heißen Atem. Samuels Atem hatte sie nicht gefühlt.
    »Du nimmst es hin«, fragte sie, »dass dein Auge satt wird, aber dein Leib hungrig bleibt? Sehnst du dich denn gar nicht danach, dich an ihn zu pressen?«
    Andreas wich ihr aus – sie aber trat noch dichter an ihn heran und legte ihre Hände auf sein glühendes Gesicht.
    »Samuel malt Engel«, wiederholte er stur. »Nie würde ich wagen, ihn davon abzuhalten. Nie würde ich wagen, ihn zu beschmutzen.«
    Er konnte nicht weiter zurückweichen.
    »Wie hältst du es aus?«, fragte sie und suchte ihren abgekühlten Körper an seinem zu erhitzen. Sie rieb sich an ihm und schämte sich nicht dafür. Sie umarmte ihn, presste ihre feuchte Scham an ihn und fühlte das sanfte Aufklingen ihrer Lust, die Samuel nur erweckt hatte, um sie abrupt zu zerstören.
    Eine Zeit lang hingen sie schweigend aneinander, bis sie stöhnend ihren Mund auf seinen Hals senkte. Andreas erlaubte es verwirrt. Sie drückte seinen Kopf an ihre Brust, ließ ihn ihren Schweiß und ihre Lust riechen, ließ ihn erkennen, dass sie roch wie er.
    »Gut, dass wir einander haben«, sagte Lena, und sie wusste, dass sie bei Samuel würde bleiben können.
    Die Nacht, da Samuel Lena bestraft hatte, versöhnte ihn nur kurz mit dem eigenen Getriebensein.
    Missmutig beobachtete er, wie Lena und Andreas aneinander rückten, und er quälte sie, indem er sie beschimpfte, sie hastig von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt hetzte, nie erklärte, wohin er fliehen wollte und vor was, nur dass sie weiter müssten, immer weiter.
    Selten malte er Engel in jener Zeit. Er war nicht zufrieden mit ihnen – und noch mehr missfiel ihm, dass er für sie nur ein dürftiges Lob bekam. In der Nähe von Köln schlug ein Pfarrer vor, er möge das Kirchenschiff mit seinen Engeln bemalen. Während Andreas darin Bestätigung sah, fühlte sich Samuel beleidigt. Hektisch schritt er im Zimmer auf und ab und geiferte, dass er kein Kirchenmaler sein, der nur für Frömmler tauge.
    »Aber ihm gefällt, was du malst!«, warf Andreas schüchtern ein.
    »Es gefällt ihm?«, kreischte Samuel. »Es gefällt ihm? Weißt du nicht, dass das zu wenig ist? Glaubst du, ich begnüge mich dann und wann mit einem mageren Lächeln? Hast du vergessen, wer ich bin?«
    Verschüchtert hockte Andreas da.
    »Du verstehst mich immer noch nicht!«, brüllte Samuel und stürmte aus der Stube. Unruhig folgte Andreas, beäugte gemeinsam mit Lena, wie Samuel mit dem Wirt des Gasthauses verhandelte, in dem sie eingekehrt waren. Er habe dessen Weib gesehen, erklärte er, wie es in der Küche arbeite, und er wolle ihm, dem Wirt, gerne einen Batzen Geld überlassen, wenn er sie malen dürfe. Es möge dies ein ungewöhnliches Begehren sein. Doch als erfahrener Künstler suche er schon seit langem ein Motiv – so einfach und lebensnah wie dieses.
    Der Wirt starrte verständnislos und mit offenem Mund. Andreas und Lena starrten auch und verstanden nicht, warum Samuel von seinem Schwur abließ, nur mehr Engel zu malen.
    Er hingegen ging entschlossen daran, die Gattin des Wirts zu malen. Sein Mund war

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