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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kroehn
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erklärt, dass einer, von dessen Herkunft man nichts wisse und der Blut zum Malen nehme, es nicht wagen dürfe, sich jemals an Kirchenmalerei zu vergreifen. Der Fürsterzbischof scheint’s, hat ihm Recht gegeben. Und auch der Adel wird diesem Urteil kaum zuwider handeln und erklären, dass das, was in heiligen Hallen Unrecht zu sein scheint, in Schlössern ebenso wenig geduldet sein kann ...«
    Immer näher kam das Gesicht des Galeristen. Als sein Kopf mit Grothusens beinahe zusammenstieß, zuckte jener lachend zurück.
    »Und was denkt Ihr bei mir zu erreichen?«, wurde er vom Galeristen streng befragt.
    »Ich denke, Ihr werdet es nicht wagen, Samuel Alts Bilder auszustellen«, erklärte Grothusen überzeugt. »Aber solltet Ihr dennoch einen Käufer finden, der nicht die Ehre seines Standes zu wahren hat, so wäre es das Beste, wenn Ihr ihn auffordern würdet, heimlich und des Nachts beim Palais Hagenstein vorzusprechen, auf dass man ihm die Werke zeige. Dies sei freilich nur eine Empfehlung für jene, die über eine gewisse Kühnheit des Geschmacks verfügen.«
    Ohne weitere Worte zu machen, wandte sich Grothusen ab, verließ die Galerie und kehrte ins Palais Hagenstein zurück.
    Dort sah man ihn in den nächsten Tagen warten, sobald sich der Himmel verdunkelte. Viele Stunden schritt er rauchend vor dem Eingang auf und ab, und es war nichts weiter von ihm zu sehen als der glühende Stumpf seiner glimmenden Zigarre.
    Worauf er wartete, berichtete er niemandem. Er sprach nur zu sich selbst, als eines Nachts von ferne Hufgetrappel laut wurde und sich ein Gefährt dem dunklen Palais näherte.
    »Ich denke«, sagte er sich mit Blick auf seine verglühende Zigarre, »dass ich mir morgen dickere kaufen sollte.«
    Lange wurden die Bilder von Samuel Alt, den Grothusen fortan als »Blutmaler« bekannt machte, nur bei Finsternis verkauft. Mit Andreas besprach der Doktor Feste, die nach Mitternacht im Palais Hagenstein zu feiern wären, und nach den ersten müden Versuchen wurden daraus geheimnisvolle Zusammenkünfte neureicher Bürger – zum Morgengrauen hin in Auktionen umgewidmet, in deren Verlauf Samuels Bilder an den Meistbietenden verkauft wurden.
    Eines Nachts weilte als erster Adeliger ein Anverwandter des Grafen von Fuschl unter der Gesellschaft.
    Sieh an, sieh an, dachte Grothusen und spreizte die Lippen breit um seine neuen Zigarren, so versuchen die Kunstgönner von einst sich auch im neuen Reigen der Mäzene zu halten ...
    Er bekundete seinen Spott nicht laut. Vielmehr streute er auch weiterhin die Mär, Adel und Kirche würden Samuel Alt verachten – unter reichen Bürgern jedoch sei ein Wettstreit ausgebrochen, zu geheimer und dunkler Stunde eines der wenigen Bilder zu erwerben. Es gelang ihm, diese Geschichte bis nach Wien zu lancieren – und als die Ersten von dort kamen, schützten sie ihr Ansinnen nicht mehr in der Verborgenheit der Nacht, sondern besuchten das Hagensteiner Palais am helllichten Tage.
    Nicht nur Menschen, die Blut gaben, und Käufer für Samuels Bilder lockte Grothusen an. Nachdem er Samuel weitere Monate lang als Maler anpries, der sich einer jeden Epoche widersetzte, der die herkömmlichen Farbmischungen hinter sich ließ und einer Lebensweise huldigte, die sich der alltäglichen Sorgen entledigt hatte, wurde manch Künstler vorstellig.
    Ein gewisser Lukas Vogt aus der Landeshauptstadt war einer von ihnen. Bekannt geworden mit einem Galeristen in der Salzburger Sigmund-Haffner-Gasse, hatte er von Samuel Alt gehört und zeigte Interesse an dessen Werk. Zunächst scheute er sich, geradewegs das Palais Hagenstein aufzusuchen, und spürte stattdessen die Wurzeln auf, die Samuel mit diesem Lande verbanden, in dem auch Lukas Vogt aufgewachsen war. Er sprach in Schwanenstadt vor, um zu erfahren, dass Samuel Alt vom nahe gelegenen Gutshof Altenbach-Wolfsberg abstamme.
    Dort war Lukas Vogt der Erste, der in Samuels Heimat Kunde von dem wachsenden Ruhm des einstmals Verachteten gab. Seine Familie lauschte missmutig; jener Stiefbruder, der Veronika geheiratet hatte, wollte Lukas Vogt sogleich verjagen.
    »Samuel ist abartig und böse! Wir müssen dankbar sein, dass er es nicht wagt, unseren Namen zu beschmutzen, sondern sich einen neuen zugelegt hat. Dennoch will ich nicht dulden, dass man seiner hier Erwähnung tut!«
    Graf Maximilian schwieg hingegen. Nachdenklich musterte er den wissenshungrigen Kunststudenten, der sich nicht abschrecken ließ, und schlich ihm nach, als jener den Gutshof

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